„Cricket verbindet uns alle“

Wie, wann und ob überhaupt wir Cricket bei Olympia sehen werden, beantwortet Herr Siegfried Franz, Präsident des Deutschen Cricket Bundes (DCB), im Gespräch mit dem Hamburger Sportbund.

Foto: DCB, Herr Siegfried Franz mit den Nationalspielerinnen Emma Bargna, Anna Healey, Karthika Vijayaraghavan, Milena Beresford (v. l. n. r.)
Foto: DCB, Herr Siegfried Franz mit den Nationalspielerinnen Emma Bargna, Anna Healey, Karthika Vijayaraghavan, Milena Beresford (v. l. n. r.)

HSB: Herr Franz, wie ist der aktuelle Stand bezüglich der Aufnahme von Cricket ins Olympische Programm?

Die Mitglieder des ICCs (International Cricket Council) haben sich mehrheitlich für eine Aufnahme ins Olympische Programm ausgesprochen und seit auch Indien 2020 zugestimmt hat, finden Gespräche zwischen dem ICC und dem IOC (International Olympic Committee) statt.

Es scheint also eine Frage der Zeit, bis Cricket bei Olympia ausgetragen wird. Los Angeles im Jahr 2028 oder Brisbane als hochgehandelter Austragungsort für 2032 würden sich doch aufgrund der dort ansässigen Cricket-Vereine inklusive vorhandener Sportstätten perfekt anbieten, oder?

Cricket wird in den USA vom ICC aktuell stark gefördert. Ein großes Zentrum entsteht gerade in Texas und ich kann mir gut vorstellen, dass die USA Cricket als Vorführsportart in Los Angeles haben wollen. Aber das steht in den Sternen. Das IOC muss zustimmen und die Tendenz geht eher zu weniger Sportarten. Gleichzeitig glaube ich, dass an Cricket kein Weg mehr vorbei führt, vorausgesetzt alle Regeln werden erfüllt. Spätestens in Australien sollte es klappen. Dort ist Cricket Nationalsport Nummer 1.

Wie würde sich eine Teilnahme auf Deutschland auswirken?

Für uns als DCB bedeutet das eine automatische Mitgliedschaft im DOSB und dann hätten wir vielleicht mehr Mittel zur Verfügung. Vielleicht könnte dann ein zweites Leistungszentrum eingerichtet werden. Mehr Sportstätten gebaut werden. Mehr Menschen eine sportliche Heimat finden.

Cricket gilt in Deutschland als Importsportart, die vorrangig von Zugewanderten ausgeübt wird. Würde sich eine Beteiligung positiv auf die Integration dieser Menschen auswirken?

Wir sind die einzige Sportart, bei der Deutsche von Zugewanderten integriert werden. Über 90% unserer männlichen Spieler sind laut Definition zugewandert. Sie haben den wenigen deutschen Spielern den Sport beigebracht. Bei den Frauen ist es anders: 70-80% haben in Deutschland mit Cricket angefangen. Die Spieler kommen aus den unterschiedlichsten Ländern: lndien, Afghanistan, Pakistan, Sri Lanka, England, Neuseeland, Australien, eigentlich von überall her, wo Cricket gespielt wird. Cricket verbindet uns alle. Die Hautfarbe und die Herkunft sind irrelevant. Jeder ist Teil der großen Familie.

„Dabei sein ist alles“ oder „Schneller, Höher, Stärker“?

Cricket hat sich der modernen Lebensrealität angepasst und das spiegelt die Entwicklung der Spielform: Beim One Day Cricket trifft sich die Mannschaft und verbringt den ganzen Tag von morgens bis abends zusammen. Zur Lunchbreak weht Currygeruch über das Feld und alle sitzen zusammen und essen. Ebenso bei der Teepause. Das verschwindet durch die neuen kurzen Formate, die für Turniere entwickelt wurden. Auch viel Taktik verschwindet. Es wird wichtiger, möglichst heftig auf den Ball einzudreschen, um möglichst viele Runs zu machen. Cricket hat sich verändert. Passt sich den modernen Zeiten an. Wird vielfältiger. Vielleicht passen deswegen beide Mottos. 

Haben Sie einen Tipp, wie man die Cricket Regeln lernen kann?

Versuchen Sie gar nicht, die Regeln zu verstehen. Schauen Sie zu. Spätestens 2032 bei Olympia kommen Sie an Cricket ohnehin nicht mehr vorbei.

 

Herr Franz, danke für das Gespräch! 

 


  • Foto: DCB, Herr Siegfried Franz mit den Nationalspielerinnen Emma Bargna, Anna Healey, Karthika Vijayaraghavan, Milena Beresford (v. l. n. r.)
    Foto: DCB, Herr Siegfried Franz mit den Nationalspielerinnen Emma Bargna, Anna Healey, Karthika Vijayaraghavan, Milena Beresford (v. l. n. r.)