Der erste Kontakt mit Sport

Gelungenes Gemeinschaftsprojekt: Die integrative Sportgruppe für muslimische Frauen der TSG Ehingen erweitert ihren Teilnehmerkreis

Foto: Andrea Bowinkelmann
Foto: Andrea Bowinkelmann

Einige Sportlerinnen möchten ihre Übungen ungern auf dem Präsentierteller ausüben. Wie die integrative Sportgruppe für muslimische Frauen bei der TSG Ehingen. „Hinter verschlossenen Türen treiben wir unseren Sport. Da wird geschwitzt und gelacht. Wir Frauen sind unter uns und können machen, was wir wollen“, sagt Zeliha Özdemir. Die türkischstämmige Frau leitet gemeinsam mit ihrer Schwester Melahat seit zwei Jahren eine integrative Gruppe mit 20 Teilnehmerinnen. Vor einem Jahr ist noch eine zweite Übungsstunde dazugekommen.

Damit dieses Angebot zustande kommen konnte, benötigte die TSG mit 2200 Mitgliedern in 15 Abteilungen mehrere Partner. Die Stadt stellte einen sichtgeschützten Festsaal in der Grundschule zur Verfügung. Der Kinderschutzbund, der einen Schwimmkurs für muslimische Frauen im Programm hatte, kam dazu. Gerade zum richtigen Zeitpunkt trat auch der Schwäbische Turnerbund (STB) auf den Plan, der für das AktiF-Projekt einen Verein suchte, der Sport für Frauen mit muslimischem Hintergrund anbieten könnte. Damit war die TSG mit im Boot.

„Weil uns ein gutes Zusammenleben wichtig ist"

Als das AktiF-Projekt des STB auslief, wurde es in die Stützpunktförderung aufgenommen. Seit Januar 2018 ist die TSG mit mehreren Maßnahmen ein sogenannter „Stützpunktvereinen“ im Förderprogramm „Integration durch Sport“. Diese werden über einen längeren Zeitraum beraten, begleitet und auch finanziell gefördert.

Integration wird in Ehingen schon seit mehreren Jahren sehr intensiv gelebt. „Wir haben einen hohen Migrationsanteil. Das Thema ist uns deshalb schon ganz lange ganz wichtig, weil uns ein gutes Zusammenleben aller Bevölkerungsschichten und -teile wichtig ist“, sagt die Integrationsbeauftragte Ursula von Helldorf. Maren Rapp vom Kinderschutzbund berichtet: „Seit sieben Jahren treffen sich regelmäßig Frauen unterschiedlicher Herkunft. Es kommen auch mehr und mehr deutsche Frauen dazu.“

Die beiden Schwestern Özdemir haben bei einem Kurs hospitiert, um zu sehen wie man eine Übungsstunde für Frauengymnastik aufbaut. In der Übungsstunde sind die muslimischen Frauen allerdings doch mehr oder weniger unter sich. Das liege auch am Leistungsniveau. Obwohl Step-Aerobic betrieben wird, geht es ein wenig bedächtiger zu als in einer normalen Übungsstunde. Beim zweiten Kurs steht Entspannungsgymnastik im Mittelpunkt. „Einige Frauen haben in ihrem Leben noch nie Sport getrieben", sagt Birgit Schmucker. Die TSG-Beirätin kennt viele Frauen auch aus ihrer Arztpraxis.

„Der Sport tut ihnen richtig gut", sagt Schmucker. Auch die Auswirkungen des regelmäßigen Trainings hat sie registriert. „Ich treffe die Frauen auf der Straße und nicht mehr in meiner Praxis", erzählt die Medizinerin, „dann berichten sie mir freudig, dass sie keine Rückenschmerzen mehr haben." Zum allgemeinen Wohlfühlen trägt auch ein Schwimmkurs bei, der mittlerweile ebenfalls angeboten wird. „Jetzt können die Frauen schwimmen, die teilweise zuvor noch nie im Wasser waren", sagt Schmucker. Zur Bestätigung wird am Ende eine Art Seepferdchen-Prüfung abgenommen.

Offenes Grillfest für alle Vereinsmitglieder ist in Planung

Unterstützt werden die sporttreibenden Muslima auch von ihren Männern, die während der Übungsstunden die Betreuung der Kinder übernehmen. Um den nächsten Schritt zur Integration in Ehingen zu gehen, wollten die Frauen ein offenes Grillfest organisieren. Doch irgendwann ist ihnen die Zeit davongelaufen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Auf einem Projekttag haben die Verantwortlichen der TSG Ehingen formuliert, dass es das Ziel sei, „dass die Leute in den Gesamtverein integriert werden". Das darf und soll dann auch jeder mitbekommen.

Autor: Klaus-Eckhard Jost

 


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