„Es ist meine Leidenschaft“ | Portait Rohit Choudhry

Portraitreihe Migranten im Ehrenamt | Mit Gestaltungswillen und Akribie füllt Rohit Choudhry seine drei Ehrenämter beim SV Lurup aus.

Frank Molter
Frank Molter

Was als Erstes auffällt, ist seine angenehme und ganz und gar fußballuntypische Ruhe. Ruhe im Sinne von: Stille.

„Kabine eins“, sagt Rohit Choudhry an diesem sonnigen Abend ein Dutzend Mal leise, aber bestimmt, wenn seine Spieler ihn nach der heutigen Umkleidemöglichkeit fragen. Choudhry spricht nicht nur gedämpft, wo laute Stimmen üblich sind, er strahlt auch Ruhe und Gelassenheit in diesem typischen Vereinsgewimmel eines alltäglichen Trainingsabends aus. Wo kommt das Ballnetz hin, wer hat die Rolltore, und was soll eigentlich heute trainiert werden?

Rohit Choudhry weiß Bescheid, aber er kommt ohne Mackerattitüden aus, und wenn er gestandenen Mannsbildern  in Trainingsanzügen beim SV Lurup sagt, was sie tun sollen – dann tun sie es.

Das ist etwas, was der Vereinsvorsitzenden Susanne Otto besonders gefällt, ja imponiert: „Rohit ist unkompliziert, ruhig in seiner Art, er gibt sich viel Mühe und hat einen guten Einfluss auf andere. Außerdem lacht er gern.“ Der Gelobte lächelt leise. Er ist ohnehin ein Mann mit Humor. Wie war denn das, als er im Mai 2016 Sportwart des SVL wurde? „Ich wurde gefragt und habe ja gesagt. Hinterher habe ich mich gefragt, Sportwart – was ist das eigentlich?“ Rohit Choudhry lacht. „Mir wurde dann klar, ich habe eine große Aufgabe übernommen.“

Der Familienvater ist eine rare Spezies in der deutschen Vereinslandschaft. Er gibt beim SV Lurup den dreifachen Funktionär: Als Sportwart des Gesamtvereins, als Fußball-Jugendtrainer und als Schiedsrichter. Für Susanne Otto sind solche Männer ein Sechser im Lotto. „Als wir vor einem Jahr einen neuen Sportwart gesucht haben, saß Rohit bei der Versammlung in meinem Blickfeld. Da habe ich ihn gefragt, ob er das machen wolle, und er hat ja gesagt“, erzählt sie. Sicher, man kann ihr schwer einen Wunsch abschlagen. Aber schon ohne den Sportwart-Posten hatte Choudhry zuhause Diskussionen mit seiner Frau, ob er denn nun schon wieder zum Fußball müsse. Muss er. Er kann nicht anders. „Das gibt es öfter, dass sie was sagt“, sagt Choudhry lächelnd, „aber es ist so: Ich bin hier reingerutscht, und jetzt mache ich es. Es ist meine Leidenschaft. Ich mache es von mir selbst aus. Keiner muss mich motivieren.“

Fremd fühlt er sich nicht im deutschen Vereinswesen. „Ich bin in Deutschland aufgewachsen, ich weiß gar nicht, wie und ob Sport in Afghanistan funktioniert“, sagt er. Mehr nicht. 1989 kam er mit der Familie nach Hamburg. Er spielte Fußball, sein älterer Sohn auch – besser als der Papa in jungen Jahren. Rohit begleitete ihn von Eidelstedt nach Lurup und Schnelsen. „Ich bin mal eingesprungen als Schiedsrichter“, erzählt er.

Rohit Choudhry will weiterkommen. „Ich möchte hier Struktur reinbringen. Und mit meiner C-Jugend soll es vorangehen“, sagt er. Am besten aufsteigen, in die Landesliga. Choudhry hat die Namen seiner drei Kinder auf die Unterarme tätowiert. Er macht drei Jobs für einen Verein und ist tagsüber in seinem Beruf als Fliesen- und Natursteinreiniger unterwegs. Es wäre schön, würde aus dem Engagement beim SVL ein Hauptamt.


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