Rückblick: Im Sommer 2015 flüchten zehntausende Menschen vor Krieg und Verfolgung aus ihren Herkunftsländern und suchen auch in Deutschland eine neue Heimat. Es handelt sich um die größte Fluchtbewegung der Welt seit dem Zweiten Weltkrieg. In Niedersachsen entsteht das überparteiliche Aktionsbündnis NIEDERSACHSEN PACKT AN mit Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft. Und auch der Sport nimmt die Herausforderung an: Sporthallen werden übergangsweise zu Unterkünften umfunktioniert. Verbände und Vereine entwickeln spezielle Angebote für geflüchtete Menschen, um ihnen das Ankommen zu erleichtern.
Die Projektidee
In diese Zeit fällt auch der Ursprung des Projekts Soccer Refugee Coach. Viele geflüchtete Menschen haben bereits in ihren Herkunftsländern Fußball gespielt oder gar als Trainer gearbeitet. An diese Erfahrungen schließt das Projekt Soccer Refugee Coach an, das vom LSB Niedersachsen und dem Niedersächsischen Fußballverband (NFV) seit 2016 in gemeinsamer Trägerschaft umgesetzt wird. In kompakten und vorwiegend praxisorientierten Lehrgängen (24 LE) werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu den Grundlagen des Fußballtrainings ausgebildet. Ziel des Projekts ist es, geflüchteten Menschen die Zugänge zum Aus- und Fortbildungssystem des Fußballverbandes zu erleichtern und sie in ihrer Teilhabe am sportlichen und gesellschaftlichen Leben zu stärken. Und das kommt gut an.
Fußball als Schlüssel zur Integration
Ainullah Moradi, der vor über sechs Jahren aus Afghanistan nach Deutschland flüchtete, berichtet bei der Jubiläumsveranstaltung am 25.09.2021 in Barsinghausen: „Fußball war für mich und für viele andere der Schlüssel, um sich in Deutschland zu integrieren“. Mittlerweile hat Ainullah Moradi die Trainer-C-Lizenz erworben und engagiert sich im Verein. „Ich wollte selbst etwas bewegen und damit zeigen, dass ich ein aktiver Bürger bin – gerade weil es gegenüber Geflüchteten auch so viele Vorurteile gibt.“
Im Jahr 2020 wurde das Projekt durch das Bündnis NIEDERSACHSEN PACKT AN im Rahmen der Kampagne „Erfolgsgeschichten aus Niedersachsen“ ausgezeichnet. Das Preisgeld in Höhe von 2.000,- kam der Jubiläumsveranstaltung mit Rahmenprogramm und Fußball-Freizeitturnier zugute. Der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, bedankte sich vor Ort bei den über 50 Teilnehmern aus Cuxhaven, Hildesheim, Göttingen, Oldenburg und Seevetal für ihr Engagement. Er wisse aus eigener Erfahrung, welche Bedeutung der Sport für den gesellschaftlichen Zusammenhalt habe, so der Innenminister. Es brauche viele engagierte Menschen. Denn Integration sei nicht einfach nur „nice to have“, sondern eine dauerhafte und gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
In dieser langfristigen Perspektive sieht auch Reinhard Rawe, Vorstandsvorsitzender des LSB Niedersachsen, eine notwendige Voraussetzung für gesellschaftliche Veränderungen: „Projektarbeit bedeutet immer: Es gibt einen Anfang und es gibt ein Ende. Ich kann nur hoffen, dass das Projekt zur Regelarbeit wird und seinen Projektstatus verliert. Denn Vielfalt muss zur Normalität werden.“
Dass sich das Projekt in fünf Jahren zu einer Erfolgsgeschichte entwickeln konnte, verdankt es zu einem wesentlichen Anteil der langjährigen finanziellen Förderung und Begleitung des Projekts durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und dem Deutschen Olympischen Sportbund im Rahmen des Bundesprogramms „Integration durch Sport“. Mit den Mitteln des Bundesprogramms konnte 2021 auch die mehrsprachige Fußballwörterbuch-App auf den Weg gebracht werden.
Der Beitrag erschien in der November-Ausgabe des „LSB Magazin“ des LandesSportBunds Niedersachen.
Kontakt
Robert Gräfe
rgraefe(at)lsb-niedersachsen.de
Links:
Projekthomepage LSB Niedersachsen
Projekthomepage Niedersächsischer Fußballverband
Jubiläumsbroschüre „5 Jahre Soccer Refugee Coach“
Bericht und Film zur Jubiläumsveranstaltung des Bündnisses NIEDERSACHSEN PACKT AN
