Offene Türen beim WTSV Concordia

Interkulturelle Feste wurden gefeiert, ein buntes Sportprogramm für Menschen mit Einwanderungsgeschichte auf die Beine gestellt: Der WTSV Concordia engagiert sich bereits seit 2017 als Stützpunktverein im Programm „Integration durch Sport“.

Foto: HSB
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Hamburg – Ein großer Meilenstein in der Integrationsarbeit war die Gewinnung von Aleksandra Paluch als Integrationsbeauftragte, eine durch das Programm geförderte Personalstelle. Sie plant und koordiniert die Sportangebote und entwickelt immer wieder neue und kreative Ideen für die Zielgruppe. Außerdem fungiert sie als Schnittstelle zwischen den Programmmitarbeiter*innen des Hamburger Sportbundes und dem Verein.   

Paluch, die selbst auf eine Einwanderungsgeschichte zurückblickt, gestaltet nicht nur im Verein Entwicklungsprozesse, sondern wird auch über die Vereinsgrenzen hinaus aktiv: Sie klopfte an die Türen der nahegelegenen Unterkünfte für Geflüchtete im Elfsaal sowie auch in der Grunewaldstraße und etablierte dort eine regelmäßige Sprechstunde für die Bewohnenden. Vor Ort bietet sie ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Menschen. Aus diesem Engagement heraus entstand ein Fitnesskurs für Frauen, den Paluch direkt in der Unterkunft anbietet. Die Frauen wiederum wurden dadurch mutiger und wagten auch mal den Schritt in die vereinseigenen Anlagen zu einem Fest oder zu einem anderen Kurs; oder schickten ihre Kinder zum Fußballcamp oder zum Karatekurs, welche der WTSV über die Stützpunktvereinsförderung anbietet. Ein Win-Win für alle! Auch für die Gesamtgesellschaft, denn viele haben einen schweren Weg hinter sich. Sind traumatisiert. Würden ohne Paluch vielleicht in den sicheren vier Wänden der Unterkunft verbleiben, dem gesellschaftlichen Leben fernbleiben. Und so erfahren sie, dass die Welt um sie herum offen ist. Dass ihnen Türen offen stehen. Dass der WTSV Concordia seine Türen geöffnet hat. Für alle Menschen. Allen eine sportliche Heimat bieten will. Und vielleicht sogar noch mehr: „Mit der Zeit sind viele der Kursmitglieder zu Freunden geworden. Wir aßen öfter etwas zusammen, redeten viel, lernten gemeinsam Deutsch. „Viele“, erzählt Paluch schmunzelnd, „bringen mir noch heute zu jedem Kurs etwas zu essen mit.“ Das Engagement des Vereins zeigt, für was Sportvereine eigentlich stehen und was wir in unserer Leistungsgesellschaft, in der es um Erfolge geht und in der eine Bronzemedaille bei Olympia schon beinahe einer Niederlage gleicht, oftmals vergessen: Dass es Orte der Zusammenkunft sind. Orte, an denen jede*r einen Platz hat. Unabhängig der Herkunft, der sexuellen Orientierung, des Glaubens, der Lebenseinstellung, der Funktionstüchtigkeit innerhalb des Systems. Dass jeder Mensch in seiner individuellen Vielfalt wertvoll ist. 

Der Verein ist sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst: Mitten in Jenfeld gelegen, verdeutlichen bereits die Hochhausblöcke im Hintergrund der Geschäftsstelle den sozialen Brennpunkt. Viele Familien und auch Einzelpersonen haben geringe Einkommen oder sind auf staatliche Transferleistungen angewiesen  ̶  mehr als der Hamburger Durchschnitt. Viele der dort lebenden Menschen oder ihre direkten Vorfahren sind zugewandert: aus Osteuropa, aus afrikanischen Ländern, Syrien, Afghanistan, Irak, Iran und der Türkei. Seit 2015 auch immer mehr Geflüchtete, die zum Teil noch in staatlichen Unterkünften untergebracht sind. 70 Prozent der Vereinsmitglieder blicken per Definition auf eine Einwanderungsgeschichte zurück. „Definition hin oder her. Wir machen da keinen Unterschied. Jeder und jede ist uns willkommen, ganz besonders auch im freiwilligen Engagement. Viele unserer Trainer und Trainerinnen haben nicht deutsch klingende Namen.“, sagt Tobias Bott, Geschäftsführer des WTSV. In den 18 Abteilungen des Vereins sollte für jeden Geschmack etwas zu finden sein. Badminton, Schwimmen, Volleyball, Jiu Jitsu und vieles mehr wird angeboten, und sogar an alle junggebliebenen Sportler und Sportlerinnen ab 55 ist gedacht: Für sie gibt es die 1995 gegründete Abteilung „New Generation“. Und vielleicht wird Paluch bald auch für sie, die älteren Menschen mit Einwanderungsgeschichte, ein Sportangebot machen; denn sie hat gerade ihre C-Lizenz in einfacher Sprache beim HSB absolviert und bei ihrer Lehrprobe eine Choreographie im Sitzen für aktive Seniorinnen und Senioren zum Lied „Tulpen aus Amsterdam“ angeleitet. Da ist noch viel möglich beim WTSV Concordia. Es müssen nur die richtigen Menschen zur richtigen Zeit am richtigen Ort zusammenkommen.


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