"Schwimmen und Radfahren während der Schwangerschaft gelernt"

Seit dem Frühjahr 2010 schreibt die Schwimmabteilung des OSC Bremerhaven an einer Erfolgsgeschichte. Im Rahmen des Programms "Integration durch Sport" des Landessportbundes Bremen werden seit diesem Zeitpunkt - bei anfänglicher Unterstützung durch das Sozialamt Bremerhaven - erfolgreich Schwimmkurse für Frauen mit Migrationshintergrund im Sportbad Nordseestadion / Bad 3 durchgeführt.

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Ein Teil der Schwimmfamilie beim OSC: Mais mit Tohter Sara, Khiloud, Juliane und Azita mit Sohn Sajad (v. links)

Mehr als 250 Bremerhavener Migrantinnen haben bisher an den Kursen teilgenommen, im ersten Jahr waren es überwiegend osteuropäische Zuwanderinnen und seit 2011 Frauen mit türkischem und kurdischem Migrationshintergrund. Mittlerweile sind aber auch viele jüngere Frauen und Mädchen dazu gekommen (die Altersspanne geht von 17-70 Jahren!) und es finden auch immer mehr geflüchtete Frauen den Weg ins Stadionbad.

Ins Leben gerufen hat diese Kurse der Abteilungsleiter der OSC-Schwimmabteilung Walter Rentzel, der auch von Beginn an als Kursleiter und Ansprechpartner zur Verfügung gestanden hat - tatkräftig unterstützt wurde er dabei immer wieder von der polnischen Sportlehrerin Joanna Lawrenz-Manczak, die ebenfalls als Übungsleiterin im OSC tätig ist. "Diese Schwimmkurse sind gelebte Integration", so Walter Rentzel, "sie geben den Teilnehmerinnen ein zusätzliches Stück Lebensqualität. Viele Frauen sind seit langer Zeit nicht oder noch niemals ins Schwimmbad gegangen und machen hier ganz neue Erfahrungen".

Ursprünglich gedacht als reine Schwimmkurse, gibt es inzwischen immer mehr Migrantinnen, die sich nach dem Schwimmenlernen auch im tieferen Wasser bewegen wollen und dafür nach Möglichkeiten suchen. Dafür gibt es mittlerweile ein gesondertes Angebot an jedem Donnerstag von 20.00 - 21.00 Uhr im großen Schwimmbecken.

Mit vier dieser schwimm- und sportinteressierten Frauen und Mädchen traf sich jetzt das "Bremer Sportmagazin" zu einem Gespräch: Mais Alazmeh (Syrerin, 36 Jahre alt, seit zwei Jahren in Deutschland) mit ihrer Tochter Sara Alsyuofi (10 J.), Khiloud Al Maarawi (Syrerin, 48 J., bereits seit 23 Jahren hier) und Azita Kabiri (Afghanin, 18 J., erst seit kurzem in Bremerhaven) mit ihrem sieben Monate alten Sohn Sajad. Ebenfalls bei dem Gespräch dabei Juliane Stuff (OSC-Betreuerin in den Bereichen Fitness und Schwimmen und Freundin der Frauen) und natürlich Walter Rentzel. Einige der Frauen gehen schon länger in die Schwimmgruppe, Azita ist seit drei Monaten dabei.

Die Ausgangserfahrungen der Frauen könnten unterschiedlicher nicht sein. Im Syrien der Vor-Bürgerkriegszeit, so berichteten Mais und Khiloud, waren Sportarten wie Schwimmen, Fahrradfahren, Volleyball oder Tennis für Frauen selbstverständlich, Schulen mit angeschlossenen Schwimmbädern keine Seltenheit. Mais geht auch ins OSC-Fitnessstudio und wäre grundsätzlich auch dazu bereit, ene Schwimmgruppe zu leiten.

Ganz anders war es dagegen für Azita in Afghanistan: Fahrradfahren oder Schwimmen waren (sind) dort für Frauen verboten. "Ich habe beides hier in Deutschland während meiner Schwangerschaft gelernt", erzählt sie. Sie würde gene weitere Sportarten kennenlernen und ausprobieren. Auch die 10-jährige Sara hat sich sportlich längst noch nicht festgelegt und will sich neben dem Schwimmen in vielen weiteren Sportarten versuchen. Azita nutzt übrigens mit dem Babyschwimmen ein weiteres Angebot der OSC-Schwimmabteilung.

Erfahren haben die Frauen von dem OSC-Schwimmangebot auf unterschiedlichen Wegen, z.B. über die Schule - und möchten es nicht mehr missen. Alle loben die "Schwimmfamilie"; Probleme, die es anfangs noch gegeben habe, wenn eine größere Gruppe von Frauen mit Burkinis ins Bad kam, seien mittlerweile weitgehend ausgeräumt. Sie sind sich auch einig darin, dass einmal pro Woche zu schwimmen eigentlich zu wenig ist. Walter Rentzel erklärt dazu, dass mehr durchaus möglich sei, dann allerdings ohne die vertraute Gruppe.

Alle Frauen haben die OSC-Schwimmgruppe an Bekannte und Freundinnen weiter empfohlen. Natürlich haben sie auch Wünsche an den Verein: Azita wünscht sich einen Gymnastikurs - "um mich richtig auszupowern!" -, alle hätten wie schon erwähnt gerne mehr als den einen Schwimmtermin in der Woche und alle wünschen sich, vor allem in der kalten Jahreszeit, wärmeres Wasser. Leider kann Walter Rentzel speziell im letzten Punkt kaum helfen. Insgesamt sieht er aber zurecht das Konzept der OSC-Schwimmabteilung für Migrantinnen auf einem guten und nachahmenswerten Weg. 


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    Schwimmenlernen mit Joanna