Sport als Brücke zur neuen Heimat

Wadea Al Mahamid begann in Syrien Billard zu spielen und ist nun für den Landesjugendkader des Billard-Verbands Baden-Württemberg nominiert.

Im Billard ist Wadea Al Mahamid in seinem Element
Im Billard ist Wadea Al Mahamid in seinem Element

Seit Juli 2016 lebt Wadea Al Mahamid in einer sechsköpfigen Wohngruppe in Tübingen.
Im Jahr zuvor kam er mit seiner Tante nach Deutschland. Er stammt aus Daraa im Südwesten Syriens. „Dort habe ich auch andere Sportarten wie Fußball oder Volleyball ausprobiert, doch Billard hat mir am besten gefallen“, erzählt der 16-jährige. „Ich habe mit meinem Freunden häufig in einem Verein direkt in der Nachbarschaft gespielt.“ Der Vereinstrainer erkannte sein Potential und motivierte ihn, auch an Wettbewerben
teilzunehmen. Bei den syrischen Jugendmeisterschaften belegte er den dritten Platz – noch heute steht er in Kontakt mit seinem ersten Mentor.
Angetrieben vom Wunsch, auch in seiner neuen Heimat weiter Billard zu spielen, informierte sich Wadea Al Mahamid im Internet über Vereine in der näheren Umgebung und wurde schnell fündig. Seit November 2016 ist er Mitglied im Tübinger Billard Club 2008 e.V. Etwa zweimal pro Woche fährt er mit Bus und Zug von seinem Wohnort in den Reutlinger Stadtteil Betzingen, um im Vereinsheim „Game Over“ gemeinsam mit seinen Teamkollegen zu trainieren und sein Spiel zu verbessern. An den Spieltagen am Wochenende vertritt er seine Vereinsfarben in der Poolbillard-Bezirksliga 1 - Ost.
Der 16-jährige fühlt sich im Verein wohl und gut integriert. „Meine Mitspieler sind sehr nett und haben mich vom ersten Tag an immer unterstützt.“ Auch beim Erlernen der deutschen Sprache habe ihm das sehr geholfen. Vor kurzem hat er erfolgreich die Hauptschule abgeschlossen. Er möchte weiter zur Schule gehen und später einmal Informatik studieren. Sein sportliches Talent bleibt auch in Deutschland nicht verborgen.
Gemeinsam mit den Betreuern seiner Wohngruppe erkundigte sich Wadea Al Mahamid beim Württemebrgischen Landessportbund (WLSB) nach weiteren, über die Vereinsebene hinausgehende Angebote im Billardsport. Durch die anschließende Vermittlung an den Billard-Verband Baden-Württemberg (BWBV) erhielt er rasch einen Überblick über das nationale Billardsystem und die  Teilnahmemöglichkeiten an Turnieren. Beim Jugend Regio-Cup 2017 der besten Nachwuchstalente
in Stuttgart zog er ins Halbfinale ein und unterlag dort dem späteren Turniersieger nur knapp.
Im Juni erfährt Wadea Al Mahamid dann bei einem gemeinsamen Gespräch mit Vertretern des Billard-Verbands Baden-Württemberg (BVBW) bei den Landesmeisterschaften in Sindelfingen von BVBW-Präsident Uwe Cordes die frohe Nachricht: „Wir möchten das sportliche Talent von Wadea Al Mahamid, das auch unseren Landestrainer überzeugt hat, weiter fördern. Auch wenn er sich – dies ist ausschließlich für Spieler mit deutscher Staatsbürgerschaft möglich – Stand heute nicht für deutsche und internationale Meisterschaften qualifizieren kann, haben wir uns für seine Aufnahme in den Landesjugendkader Baden-Württemberg 2017/2018
ausgesprochen.“ Gemeinsam mit den acht besten Spielern seiner Altersklasse wird er damit regelmäßig bei Landestrainer Ralph Eckert, ehemaliger Weltmeister, Nationaltrainer und WLSB-Referent an der Landessportschule Albstadt, am Kadertraining sowie an Trainingslagern und Wettkämpfen teilnehmen.
Ein erster Schritt von vielen.
Was bedeutet die Aufnahme in den Landesjugendkader für ihn? „Billard ist eine Konstante in meinem Leben und hat mich auch durch schwierige Zeiten immer begleitet“, erklärt der 16-jährige und strahlt: „Ich freue sich sehr über die Nominierung. Das ist ein wichtiger Schritt für mich, ich möchte mich weiterentwickeln und immer besser werden.“ Nach acht Jahren in Deutschland könnte er die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen – er träumt davon, dann an nationalen Meisterschaften teilzunehmen sowie seine neue Heimat einmal auf internationaler Ebene bei Europa und Weltmeisterschaften zu vertreten.
Fabian Schneider, (Bild WLSB)


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