Interview mit Gesa Bierwerth, Referentin „Integration durch Sport“

Budosportarten könnten über das Thema Integration stärker wahrgenommen werden

Gesa Bierwerth - Foto: Andreas Ryll
Gesa Bierwerth - Foto: Andreas Ryll

Seit dem 1. Juli 2016 bist Du beim Dachverband für Budotechniken Nordrhein-Westfalen als Fachkraft „Integration durch Sport“ tätig. Was hat es damit auf sich?

 

„Integration durch Sport“ ist ein Bundesprogramm, das die Integrationsarbeit der Sportvereine unterstützten möchte. Die interkulturelle Öffnung der Vereine und die verstärkte Teilnahme von Menschen mit Migrationshintergrund an den Angeboten der Vereine stehen im Vordergrund. Leitgedanke dabei ist, dass über die Integration in Sportvereine auch die Integration in die Gesellschaft erleichtert wird.

 

Die Programmmittel stammen vom Bundesministerium des Innern (BMI) und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und werden über den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) den Landes- oder Regionalkoordinationen zur Verfügung gestellt. Der Landessportbund NRW (LSB NRW) hat sich dafür eingesetzt, nicht nur Maßnahmen zu fördern, sondern auch längerfristige Strukturen zu schaffen. Deshalb gibt es seit Mitte des Jahres 22 Teilzeit-Fachkräfte für Integration in verschiedenen Stadt- und Kreissportbünden, aber auch bei Fachverbänden und eben dem Dachverband für Budotechniken.

 

Warum hat der Dachverband eine Stelle bekommen?

 

Zunächst einmal sind die Budosportarten bei Migranten sehr beliebt. Nach Fußball stehen wir an zweiter Stelle. Wir haben also viel Potenzial, aber auch eine besondere Verantwortung. Außerdem setzen wir uns schon länger mit dem Thema Integration auseinander. Es ist schon viel Vorarbeit geleistet worden in den Verbänden und Vereinen. Davon ausgehend sollen die vorhandenen Projekte nun ausgebaut und zusätzliche Angebote für die Zielgruppe der Flüchtlinge und Migranten geschaffen werden. Die Mitarbeiter der Stadt- und Kreissportbünde unterstützen die Mitgliedsorganisationen vor Ort. Der Dachverband hingegen arbeitet sportartspezifisch für ganz NRW.

 

Wie sieht Dein Tätigkeitsfeld beim Dachverband aus? Welche Schwerpunkte möchtest Du bei Deiner Arbeit setzen?

 

Vor allem möchte ich Ansprechpartner für die Verbände und Vereine sein. Als Sportler und Trainer weiß ich, dass bei den freiwillig Engagierten im organisierten Sport meistens Zeit und Geld knapp sind. Sie sollen also möglichst einfach auf Informationen und Arbeitshilfen für die Integrationsarbeit zugreifen können. In den kommenden Monaten möchte ich die relevanten Informationen auf der Netzseite des Dachverbandes bündeln. Im nächsten Jahr soll es erstmals eine Fortbildungsmöglichkeit des Dachverbandes zu den Themen Integration und interkulturelle Öffnung geben. Ich möchte erreichen, dass die Verbände und Vereine die bestehenden Fördermöglichkeiten nutzen und sie mich bei Bedarf ansprechen, damit wir gemeinsam nach Fördermitteln suchen können. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Anerkennung der Integrationsarbeit. Wer sich in diesem Feld engagiert, muss Anerkennung dafür erfahren, ob als Verband, als Verein oder als Einzelperson. Ich denke, dass die Budosportarten über das Thema Integration in Politik und Gesellschaft stärker wahrgenommen werden könnten. Es gilt also, die entsprechende Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Insbesondere bitte ich auch die Verbände und Vereine, die schon erfolgreich Integrationsarbeit leisten, mir davon zu berichten. Wer Schwierigkeiten jedweder Art hat, sollte sich nicht scheuen, sich zu melden, damit wir nach Lösungen suchen können. Von den gemachten Erfahrungen sollten möglichst viele profitieren.  

 

Welche Möglichkeiten hat ein Verband oder Verein, der sich im Bereich „Integration durch Sport“ engagieren möchte?

 

Viele, je nach Zielen und Kapazität. Von der Beteiligung an interkulturellen Veranstaltungen vor Ort, über die Organisation eigener Aktionstage oder Schnupperkurse, die Schaffung von auf besondere Zielgruppen zugeschnittenen Angeboten bis hin zur Möglichkeit, anerkannter Stützpunktverein „Integration durch Sport“ zu werden. Integration im Verein verläuft nicht von allein. Man sollte sich mit den Chancen und Herausforderungen auseinandersetzen und Strategien entwickeln. Das kann beispielsweise über die Vereinsberatung (VIBSS) des LSB NRW geschehen. Fortbildungen für Vereinsmitarbeiter sind ebenfalls ein hilfreicher Schritt.

 

Wie bist Du zu dieser Tätigkeit gekommen?

 

Ich bin vor einem Jahr nach NRW gezogen, habe Anschluss im Sportverein gefunden und mich mit den Strukturen des organisierten Sports hier vertraut gemacht. Zuvor habe ich knapp zehn Jahre lang in Kanada gelebt, dort in verschiedenen Vereinen Taekwondo trainiert und als Trainer vor allem mit Migranten gearbeitet. Darüber hinaus habe ich mich in meinem Studium mit Vertriebenen des Zweiten Weltkriegs, deren Verlusterfahrungen und Integration auseinandergesetzt. Diese Mischung aus Theorie und Praxis hilft mir bei der Arbeit im Dachverband.

 

 

Gesa Bierwerth

Referentin „Integration durch Sport“

Jahrgang 1985

Taekwondo seit 1992

Trainer C

2. Dan

Mitglied der Kampfsportgemeinschaft Oh-Do-Kwan Dülken e.V.

Hochschulstudium Volkskunde

 

Kontakt:

Dachverband für Budotechniken Nordrhein-Westfalen e.V.

Friedrich-Alfred-Str. 25

47055 Duisburg


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