Vom Geflüchteten zum Übungsleiter: Leul Gidey Kidane kickt mit den Kids in Weida

Große Stütze im Verein - Leul Gidey Kidane ist aus Eritrea nach Deutschland geflüchtet. Im MIG e.V. Weida im Landkreis Greiz nimmt er sich Kindern an, die sich – ähnlich wie er selbst – in einem neuen Land zurechtfinden müssen. Der Fußball vereint sie.

Susann Eberlein
Montags und mittwochs trifft sich Leul für eine Stunde Training in der Turnhalle der Max-Greil-Regelschule in Weida mit seiner Gruppe.

VON SUSANN EBERLEIN

Seit fast fünf Jahren nennt Leul Gidey Kidane Deutschland sein Zuhause. Und er hat große Träume. Noch in diesem Jahr plant er, eine Ausbildung zum Altenpfleger zu beginnen. „Ich möchte alten Frauen und Männern gerne helfen. Das ist mir wichtig. Sie haben so viel erlebt, das reicht für ein Buch“, sagt er. Den guten, ja respektvollen Umgang mit Menschen hat ihm der Sport gelehrt. Der 23-Jährige, der aus Eritrea stammt und nach Deutschland geflüchtet ist, coacht Kinder für die Migrations- und Integrationsgemeinschaft (MIG) e.V. Weida.

Montags und mittwochs treffen sie sich für eine Stunde Training in der Turnhalle der Max-Greil-Regelschule in Weida. Leul Gidey Kidane bringt den Kindern im Alter von zehn bis zwölf Jahren das Dribbeln bei, das Passspiel und den perfekten Torschuss. „Sie sollen besser werden, gute und starke Spieler“, sagt der junge Mann, der selbst am liebsten auf der Position des Linksverteidigers spielt.

Leul Gidey Kidane steht aber nicht nur für ein gutes Spiel, sondern auch für Fairness auf und neben dem Spielfeld. Er vereint viele verschiedene Nationen in seinem Team, hier spielen junge Afghanen mit Russen zusammen, junge Albaner mit Ivorern. „Was sie hier lernen, brauchen sie auch in der Schule“, sagt auch Besong Agbor. Er ist der Vereinsvorsitzende der Migrations- und Integrationsgemeinschaft. Der Verein wurde im Jahr 2012 gegründet, um die Integration von Flüchtlingen und Migranten zu fördern. „Wir haben noch nicht alle Ziele erreicht“, sagt Besong Agbor, „aber viele“.

Der Sport ist eine Chance, Menschen verschiedener Kulturen zusammenzubringen. Aktuell bietet der Verein acht Gruppen an, vom Fußball über Gymnastik und Kinderturnen bis zur Tanzgruppe. Die Kinder, die Leul Gidey Kidane trainiert, haben selbst Migrationshintergrund, leben gemeinsam mit ihren Eltern in einer Gemeinschaftsunterkunft. Noch sprechen sie nicht alle perfektes Deutsch. „Für Fußball braucht es nicht so viel Sprache. Der Sport verbindet die Menschen ganz schnell“, sagt der Vereinsvorsitzende.

Er schaut dem wöchentlichen Training gerne zu. „Leul hilft uns viel. Er ist eine große Stütze für den Verein“, sagt Besong Agbor. Die Kinder akzeptieren ihn als Trainer, hören auf seinen Pfiff und folgen seinen Anweisungen. Auf die Frage, ob er streng sei, überlegt Leul Gidey Kidane kurz. „Nein“, sagt er und lacht. Neben seinem Ehrenamt als Trainer tritt er auch als Sprachmittler in der Gemeinschaftsunterkunft auf. Dabei ist das Leben in Deutschland für ihn nicht immer leicht. „Leul war einer der ersten Eritrea hier, aber er ist der einzige, der noch keine Aufenthaltsgenehmigung hat“, kritisiert Besong Agbor. Um sich ein neues Leben in Thüringen aufbauen zu können, brauche er Verbindlichkeiten, eine Entscheidung.

Zu seinem Wunsch gehört unter anderem, als Trainer aktiv zu sein. Im August 2019 hat der Mann aus Eritrea den Grundlagenlehrgang des Landessportbundes Thüringen besucht, die Voraussetzung für ein Ehrenamt im Trainerbereich. Auf dem ersten Schein will sich der 23-Jährige jedoch nicht ausruhen. Im Februar 2020 sollte der Übungsleiter*innenlehrgang in Bad Blankenburg folgen, der coronabedingt auf Oktober verschoben wurde.

Besong Agbor unterstützt ihn dabei. Die beiden Männer verstehen sich gut. Nur in Sachen Bundesliga kommen sie nicht überein. Leul Gidey Kidane ist für Borussia Dortmund, zählt Mario Götze und Marco Reus zu seinen Lieblingsspielern. Und sein Chef? Der drückt Bayern München die Daumen.

Das Bundesprogramm „Integration durch Sport“ ist fester Bestandteil des organisierten Sports in Thüringen. Der Landessportbund Thüringen unterstützt Sportvereine, die sich für Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund engagieren. Ebenso sind inzwischen viele Geflüchtete Mitglieder geworden und bringen sich ehrenamtlich im Verein ein. Unterstützt durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration konnten im Rahmen des DOSB-Projekts „Willkommen im Sport“ mit Hilfe von Fördermitteln Geflüchtete zu Sporthelfern ausgebildet werden. Der nächste Schritt ist deren Ausbildung zu Übungsleitern. In einer kostenfreien Broschüre, herausgegeben vom Landessportbund Thüringen, berichten fünf Geflüchtete über ihre ganz individuelle Geschichte. 


  • Susann Eberlein
    Montags und mittwochs trifft sich Leul für eine Stunde Training in der Turnhalle der Max-Greil-Regelschule in Weida mit seiner Gruppe.
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    Als Übungsleiter bringt der 23-Jährige den Kindern im Alter von zehn bis zwölf Jahren das Dribbeln bei, das Passspiel und den perfekten Torschuss.