So bereichern Flüchtlinge die Fußballvereine in NRW

Begegnungen auf dem 1. WDFV-Kongress „Duisburger Tische“ - Ideenausaustausch zur Integration von Flüchtlingen

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ntegration verbindet und Integration schafft Möglichkeiten. Unter dem Motto „Begegnungen auf dem 1. WDFV-Kongress Duisburger Tische - Ideenausaustausch zur Integration von Flüchtlingen“, stand die Tagung, die der Westdeutsche Fußballverband (WDFV) am 28. und 29. April 2017 in Duisburg veranstaltet hat.

Die Vertreterinnen und Vertreter von knapp 50 Fußballvereinen aus Nordrhein-Westfalen waren der Einladung des WDFV in die Schauinsland-Reisen-Arena gefolgt, um Möglichkeiten für die Integration von Flüchtlingen in den Klubs vorstellen, Ideen und Informationen zu sammeln und Projekte voranzubringen. „Uns alle verbindet ein Anliegen. Wir sind bestrebt, Menschen, die vor Krieg und Verfolgung Schutz suchen, eben diese Sicherheit zu geben. Wir wollen mithelfen, dass Flüchtlinge bei uns in Nordrhein-Westfalen integriert werden, sagte Hermann Korfmacher, der als Präsident des gastgebenden WDFV den Kongress eröffnete.

Zudem wies der Staatssekretär daraufhin, dass Einwanderung die NRW-Wirtschaft immer gestärkt habe. Andreas Kötter erklärte unter dem großen Applaus der Gäste: „Unterstützung ist Teil unserer DNA.“ Cacau erzählte wie er einst nach Deutschland einwanderte und ihm als Jugendlicher bei Problemen mit der deutschen Sprache geholfen wurde. Wichtig sei in diesem Zusammenhang die Freundlichkeit, die ihm stets zuteilwurde und die er so gerne weitergibt.

Hermann Korfmacher freute sich, dass auch die Förderpartner WestLotto, vertreten durch Geschäftsführer Andreas Kötter, die DFB-Stiftung Egidius Braun, vertreten durch Geschäftsführer Tobias Wrzesiniski und der Landessportbund Nordrhein-Westfalen mit Vorstand Martin Wonik zu den Gästen gehörten.

Als Teilnehmer an der Podiumsdiskussion konnte Hermann Korfmacher anschließend Thorsten Klute, Staatssekretär im NRW-Ministerium für Arbeit, Integration, Soziales und den früheren Nationalspieler Cacau, Integrationsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) begrüßen. Moderiert wurde sowohl die Podiumsdiskussion als auch der weitere Verlauf durch Thorsten Wagner.

Die Gäste betonten, dass Integration ein Beleg für die Kraft des Fußballs ist. Sie schreibt längst Sportgeschichte. Europas große Fußballnationen schicken heute Spieler auf den Platz, deren Eltern einst zugewandert sind – nach Frankreich, in die Niederlande, auch nach Deutschland. Staatssekretär Thorsten Klute betonte, dass auf diesem Wege „Menschen wie du und ich Teile der Gesellschaft werden“ und Werte ins Alltagsleben eingebracht werden.

Die Vertreterinnen und Vertreter von knapp 50 Vereine und insgesamt über 100 Teilnahmerinnen und Teilnehmer waren der Einladung des WDFV zum Kongress gefolgt. „Ich muss bei unseren Gästen keine Überzeugungsarbeit leisten. Denn die vielen Vereinsvertreterinnen und Vereinsvertreter, die wir heute hier in der Arena begrüßen können, engagieren sich bereits für die Integration von Flüchtlingen. Sie zählen zu den Menschen, die in Ihrem Fußballverein mit großem ehrenamtlichen Engagement Integration für schutzsuchende Menschen und Willkommenskultur nachhaltig ermöglichen“, freute sich Hermann Korfmacher.

Im Rahmen der Podiumsdiskussion stellte der WDFV-Präsident in den Vordergrund, dass Integration nicht im Strafraum enden dürfe, sondern auch die Flüchtlinge auch verstärkt in die ehrenamtliche Vereinsarbeit eingebunden werden sollen. „Unsere ausländischen Mitbürger haben nicht nur als aktive Sportler einen hohen Stellenwert und eine besondere Verantwortung. Es ist ein aktiver Part der Integration, dass sie auch ehrenamtliche Aufgaben übernehmen. Sie machen das gerne und füllen somit eine ganz wichtige soziale Funktion aus. Denn ohne die Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, würde der Sport scheitern“, erklärte Hermann Korfmacher.

Hermann Korfmacher führte aus: „Im ehrenamtlichen Engagement der Menschen, die sich integrieren, steckt natürlich ein erheblicher Mehrwert, den der Fußball benötigt. Die Chance, dass Flüchtlinge die Vereine auch im Hinblick auf das Ehrenamt bereichern können, ist sehr groß.

Diskussionen an elf Tischen

Nach der Podiumsdiskussion wurde das Konzept der „Duisburger Tische“ aufgegriffen. Dabei diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an elf Tischen verschiedene Themenschwerpunkte, wobei Moderatoren die Diskussionen an den jeweiligen Tischen begleiten und lenken. Sehr rege wurde zu den folgenden Themensträngen diskutiert:

  • Vernetzen – Nicht verheddern. Wie das Zusammenspiel von Vereinen und Kommunen für Flüchtlinge funktionieren kann.
  • Geld ist nicht alles. Was brauchen Vereine, um noch bessere Integrationsarbeit zu leisten?
  • Mitmachen und Weiterkommen. Wie Flüchtlinge in die Vereinsarbeit eingebunden werden können.
  • Gefahr von Rechtsaußen. Wie sich engagierte Vereine gegen Anfeindungen stark machen können.

Der Kongress bot im weiteren Verlauf zudem Raum für Workshops, in denen Ideen erarbeitet wurden. Die Fülle der Anregungen wurde gesammelt und soll zeitnah dokumentiert werden. „Im Verein kann viel besprochen werden. Es entstehen gemeinsam spannende Projekte, die wir mit ebenso großer Spannung verfolgen. Von diesen Ideen und Projekten wurde auf dem Kongress berichtet. Es ist gut, dass somit neue Reize und Motivationen gesetzt werden“, meinte Hermann Korfmacher und freute sich, dass der Kongress einen interessanten und spannenden Austausch geboten hat.

Bestandsaufnahme in den NRW-Vereinen per Online-Befragung

Projekte und Maßnahmen werden zumeist direkt vor Ort an der Basis, von den Vereinen, die Geflüchtete aufnehmen, angestoßen und umgesetzt. Dabei stehen die Vereine zumeist in Kontakt mit dem Kreis bzw. der Kommune oder Stadt und nicht direkt mit dem Fachverband bzw. Landesverband. Um die Maßnahmen der Verbände und Vereine für die Integration von Flüchtlingen zu unterstützen und Hilfestellungen bei der Koordination zu schaffen, wurde in den drei Landesverbänden des Westdeutschen Fußballverbandes (WDFV) per Online-Befragung eine Bestandsaufnahme durchgeführt. Als zentrale Ansprechpartner dienen den Vereinen die hauptamtlichen Referenten „Integration durch Sport“, die von den drei Landesverbänden Fußball-Verband Mittelrhein e.V., Fußballverband Niederrhein e.V. und der Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen e.V. sowie dem Regionalverband WDFV beschäftigt werden.

Durch die Auswertung der Befragung, die im Oktober 2016 vorgenommen wurde, können sich die Fußballverbände in NRW nunmehr ein genaueres Bild über die Entwicklung der Flüchtlingszahlen in den Vereinen machen. Doch auch weitere Aspekte sollten ermittelt werden. Da gewisse Nationen nicht als unsicheres Herkunftsland anerkannt werden, kann davon ausgegangen werden, dass Flüchtlinge aus diesen Nationen nicht langfristig in Deutschland bleiben werden. Diese Informationen können für Vereine von großer Bedeutung sein, um eine nachhaltige Integration zu etablieren.

Zudem sollte mit Hilfe der Befragung die Funktionen der Geflüchteten innerhalb der Vereine herausgestellt werden. Somit kann herausgefunden werden, ob die Integration von Geflüchteten über das rein Sportliche hinausgeht oder an dieser Stelle endet. In Zeiten des Mitgliederrückgangs ist es für Vereine von zentraler Bedeutung, Potenziale langfristig zu binden und für das Ehrenamt zu gewinnen. Diese Rolle können Flüchtlinge durchaus einnehmen.

Die Rücklaufquote der vorliegenden Befragung zeigt, dass knapp jeder vierte Verein aus dem Gebiet des FVM, FVN, FLVW daran teilgenommen hat. Die Geschlechterverteilung der Flüchtlinge im Fußballverein ist dabei sehr einseitig. Nur wenige weibliche Flüchtlinge finden den Weg in die Vereine. Die Zielgruppe der weiblichen Geflüchteten ist in den Vereinen sehr stark unterrepräsentiert. Das Ziel muss es sein, diese verstärkt mit einem passenden niederschwelligen Sportangebot anzusprechen, auf das Angebot aufmerksam zu machen, dieses zu kommunizieren somit die Zielgruppe schlussendlich zu erreichen, sowie langfristig an den Verein zu binden.

Die größte Anzahl von Flüchtlingen, die Mitglied in einem Verein sind, ist in der Altersklasse der 19 bis 35-Jährigen zu finden. 40 Prozent der Vereine im gesamten Gebiet des WDFV haben im Schnitt zwei Flüchtlinge im Alter von 19-35 Jahre als Mitglieder. Ganz junge Flüchtlinge unter fünf Jahren, sowie ältere ab 35 Jahren sind sehr selten in den Vereinen anzutreffen. Auch einheimische Kinder ohne Fluchthintergrund unter fünf Jahren sind weniger häufig aktive Mitglieder im Verein. In dieser Altersklasse bewegen sich die Zahlen auf einem ähnlichen Niveau.

Anders verhält es sich bei der Zielgruppe der über 35-Jährigen. In dieser Altersgruppe binden sich Erwachsene ohne Fluchthintergrund durchaus weiterhin an Fußballvereine, auch wenn die aktive Spielkarriere bereits beendet ist. Bei Flüchtlingen ist davon auszugehen, dass mit steigendem Alter die Anzahl der Mitglieder weiter stark nach unten abfällt. Ziel muss es hierbei sein, ein Sportangebot für diese Personengruppe anzubieten und sie über das rein Sportliche hinaus für den Verein zu gewinnen. Diese Zielgruppe besitzt für einen Fußballverein ein enormes Potenzial, vor allem im Bereich ehrenamtlicher Tätigkeit.

Die Mehrheit der Flüchtlinge, die beispielsweise in einem Fußballverein im Gebiet des FVM Mitglied sind, stammt aus Syrien. Bei Syrerinnen und Syrern ist aufgrund der politischen Situation in ihrem Heimatland davon auszugehen, dass diese Menschen langfristig in Deutschland bleiben werden. Dies stellt ein großes Potenzial für die Vereine dar.

Über 90 Prozent der an der Befragung teilgenommenen Vereine haben keinen Flüchtling im Verein, der für diesen ehrenamtlich tätig ist. Somit hat nicht einmal jeder zehnte Vereine Flüchtlinge in ehrenamtlichen Funktion. Ganz anders sieht es bei der Anzahl von Flüchtlingen aus, die aktive Spieler in einem Fußballverein sind. In knapp 90 Prozent der teilnehmenden Vereine spielt mindestens ein Spieler aktiv im Verein Fußball. Mehr als zwei Drittel der Fußballvereine des Gesamtgebiets des WDFV haben zwischen vier und neun Flüchtlinge als aktive Spieler im Verein. Immerhin ca. 10 Prozent der Vereine im WDFV haben mehr als 15 Flüchtlinge, die aktiv Fußball spielen.

Ziel der Vereine muss es in Zukunft sein, Flüchtlinge langfristig in unterschiedlichen Funktionen an den Verein zu binden. Das Gewinnen der Flüchtlinge für das Ehrenamt und die Einbindung in jenes stellt für die Vereine wohl große Herausforderung dar. In vielen Fällen ist sicherlich die Sprache ein großes Hindernis. Es gilt für die Vereine dieses Hindernis zu überwinden, um das vorhandene Potenzial der Flüchtlinge für ehrenamtliche Tätigkeit oder auch als Trainer bzw. Betreuer zu nutzen. Aus Sicht der Flüchtlinge bietet ein Verein viele Vorteile. Gerade durch soziale Kontakte innerhalb des Vereinslebens kann eine nachhaltige Integration in unsere Gesellschaft erleichtert werden.

Die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage „Flüchtlingszahlen im Fußballverein“

- insgesamt wurden 858 Vereine aus dem WDFV-Gebiet (FVM/ FVN/ FLVW) als Teilnehmer erfasst

- dies entspricht einer Rücklaufquote von ca. 22% (gesamt ca. 4000 Vereine)

- im Schnitt sind über 6 Flüchtlinge Mitglieder in den teilnehmenden Vereinen

Sportangebot:

- knapp 2/3 der Vereine haben kein Sport- bzw. Fußballangebot für Flüchtlinge

außerhalb einer Mitgliedschaft

- mehr als 3/4 der Vereine haben Flüchtlinge als Mitglieder

Geschlechterverteilung:

- über 85% der Vereine haben keine weiblichen Flüchtlinge als Mitglieder

Altersstruktur:

- Über 70% der Vereine haben Flüchtlinge als Mitglieder, die im Alter von 19-35 Jahre sind

- mehr als 3/4 der Vereine haben keinen Flüchtling als Mitglied, der älter als 35 Jahre ist

Herkunftsland:

- mit 64% kommen die meisten Flüchtlinge aus Syrien (64%)

- weitere häufig genannte Herkunftsländer sind Afghanistan und der Irak

Funktion im Verein:

- nur knapp jeder zehnte Flüchtling im Vereinen ist ehrenamtlich tätig

- bei knapp 90% der Vereine sind die Flüchtlinge aktive Spieler/ innen

- bei über 90% der Vereine ist kein Flüchtling Trainer/in oder Betreuer/in

Text und Fotos: WDFV


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