ASV Botnang lebt Integration

Durch neue Angebote für Geflüchtete kam der Verein nicht nur zu mehr Mitgliedern, sondern er konnte auch sein Sportangebot ausbauen

Bild: ASV Botnang
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Es war buchstäblich kein großer Schritt, den der ASV Botnang gehen musste. Direkt neben dem Gelände des Stuttgarter Vorortvereins stehen zwei Häuser für Geflüchtete. „Vor dreieinhalb Jahren haben wir mit dem ersten Projekt begonnen und Kinder abgeholt", berichtet Marc-Oliver Mestmacher. Der Geschäftsführer diskutierte mit einer Großzahl der 1000 Mitglieder. Unter denen herrschte darüber sofort einhellig Konsens: „Sie sind bei uns willkommen."

In der Zwischenzeit bietet der ASV Botnang nicht nur Bewegungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche an, sondern auch für Erwachsene. Als nächstes Projekt steht ein Angebot unter anderem für muslimische Frauen auf der Agenda, damit diese sich in einem geschützten Raum – uneinsehbar von außen – regelmäßig bewegen können.

Wertehaus symbolisiert Offenheit des Vereins

Nicht erst mit der vermehrten Aufnahme vieler Geflüchteter im Jahr 2015 hat der Verein Integrationsarbeit geleistet. Es wurde zuvor nur nicht als solche bezeichnet. Denn im Stuttgarter Stadtbezirk Botnang ist der Anteil der Mitbürger*innen mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich hoch. „Dies bildet sich auch im Verein ab", sagt Mestmacher. Auch deshalb haben Vorsitzender Martin Brodbeck und sein Geschäftsführer gemeinsam mit Unterstützung der Württembergischen Sportjugend ein Werteleitbild erstellt, das 2019 auf der Hauptversammlung verabschiedet wurde. Grafisch dargestellt wird dies durch ein Wertehaus mit vier Fenstern für Gemeinsinn, Geselligkeit, Leistungsbereitschaft sowie Wertschätzung und Fairness. Zentral ist eine Türe positioniert, die für Offenheit steht. 

Im Zuge der Erstellung dieses Werteleitbildes hat sich Mestmacher immer mehr in das Thema Integration eingearbeitet. Zum Beispiel durch den Besuch eines WLSB-Seminars mit dem Titel „Fit für die Vielfalt". Mit etwas Skepsis sei er angereist, „weil ich, im Gegensatz zum Besuch eines Finanzseminars, nicht genau gewusst habe, was mich erwartet". Doch im Laufe des Wochenendes habe er auch durch den Dialog mit anderen Seminarteilnehmenden viele Anregungen erhalten. Zuhause musste er diese nur noch in eine Form bringen, die für den ASV Botnang auch umsetzbar ist.

Gute Resonanz zur Beteiligung am Quartiersfest

Auch dabei kann sich Mestmacher auf Hilfe aus der Nachbarschaft verlassen. Das Familien- und Nachbarschaftszentrum (FuN) Botnang fragte an, ob der ASV bei einem Quartiersfest mitmachen würde? Machte er natürlich. Im ersten Jahr gab's eine Rallye für die Kinder durch den Stadtbezirk, im zweiten konnte das Tischtennis-Abzeichen erworben werden. „Die Resonanz war sehr gut", berichtet Mestmacher, „es war der richtige Weg, weil alle mitgemacht haben."

Auf diesem Weg kam zum Beispiel auch Abdulhadi Kassar zum ASV Botnang. Zunächst spielte er nur Fußball, aktuell in der B-Jugend. Daneben engagiert er sich auch als Jugendtrainer, Schiedsrichter bei Jugendspielen und Betreuer bei den Aktiven. Dass das Bemühen um Integration der neuen Mitbürger nicht nur ein Wunsch der ASV-Spitze ist, hat Mestmacher vor einigen Wochen erfahren dürfen. Marie Chiara Mestmacher kam auf ihren Vater zu und eröffnete ihm, dass sie gerne die DSJ-Ausbildung zur „Junior-Botschafterin für Teilhabe und Vielfalt" machen würde. „Wenn die Mitglieder von sich aus kommen, dann ist das die Bestätigung, dass das Thema im Verein angekommen ist", freut sich Mestmacher.

Zunächst lief die Integration lediglich als Projekt. Dank der Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Integration durch Sport" konnte das Engagement noch verstärkt und intensiviert werden. Dadurch haben die Integrationsbemühungen des ASV noch einmal Schwung aufgenommen und viele Maßnahmen konnten nachhaltig in den Verein integriert und von den Mitgliedern mitgetragen werden. Mittlerweile hat der ASV Botnang auch einen Sportlehrer in Teilzeit einstellen können, der ein dauerhaftes Kurssystem aufbaut – auch für die Vereinsmitglieder, die schon lange im Vorort leben. Zusätzlich soll in den Pfingst- und Herbstferien künftig für alle Kinder eine Sportwoche angeboten werden.

Auf die Leistung, dass der ASV Botnang seinen neuen Nachbarn ein sportliches Angebot machen und eine neue Heimat geben konnte, ist Geschäftsführer Marc-Oliver Mestmacher stolz. Doch so richtig zufrieden wird er erst sein, wenn diese an den regulären Übungsstunden des Vereins teilnehmen. „Wenn sie dort angekommen sind, dann haben wir einen guten Job gemacht."

Klaus-Eckhard Jost


  • Bild: ASV Botnang
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