„Wir brauchen Macher“

Anne Otten und Timo Hall haben als Sportkoordinatoren des Hamburger Sportbundes ein erfolgreiches Fußballprojekt bei Teutonia 10 entwickelt

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Angenehm unverschnörkelt ist die Sprache, in der „Herzliches Lokstedt e.V“ auf der Website für eines seiner Angebote wirbt: „Fußball bei SC Teutonia 10 mit 12 Flüchtlingen, 3 Migranten und 5 Einheimischen“. Dazu ein Bild – Fußballspieler, Kunstrasen, Flutlicht. Ein Ball fliegt. Beleuchtete Wohnzimmer im Hintergrund. „Herzliches Lokstedt“ unterstützt und begleitet Geflüchtete im Stadtteil und darüber hinaus.

Viele Worte sind auch gar nicht nötig, um das erfolgreiche Kooperations-Projekt von Teutonia 10 und „Herzliches Lokstedt“ zu beschreiben. Anne Otten und Timo Hall haben es aufgelegt. Die beiden Sportkoordinatoren der Bezirke Altona (Otten) und Eimsbüttel (Hall) sind ein gutes Team. Hall ist seit März 2017 dabei, Otten schon zwei Jahre länger. „Wir denken nicht in Bezirken und Bezirksgrenzen“, sagt Anne Otten.Die Masterstudentin der Sportwissenschaften an der Universität Hamburg, sagt: „Das Projekt ist in der Entstehung und dem Verlauf sicher ein Optimalfall. Timo ist der Projektleiter. Er hat alles angeschoben und ist immer dabei. Ich habe mich im Hintergrund um die Vernetzung und den Zulauf gekümmert. Ich bin in verschiedene Unterkünfte gegangen und habe für das Angebot geworben, Flyer verteilt. Es ist wichtig, dort die richtige Person zu finden, die auch weitergibt, dass es etwas Interessantes gibt. Anfangs war die Beteiligung nicht so gut, inzwischen läuft es richtig gut und ist ein Paradebeispiel für langen Atem. Der Frust ist groß bei Vereinen, wenn solche Projekte nicht laufen. Manchmal kann ich gar nicht sagen, warum das eine funktioniert, das andere nicht. Aber alles steht und fällt mit einem, der es durchführt. Der muss sehr motiviert sein, Verständnis aufbringen, geduldig sein, auch mal Undankbarkeit ertragen. Timo ist eine verlässliche Größe, zu dem ich sportbegeisterte Leute aus den Unterkünften schicken kann.

Etwa 15 junge Männer und eine Frau zwischen 16 und 32 Jahren spielen seit dem Sommer 2017 immer freitags auf dem Kunstrasenplatz des SC Teutonia von 1910. Sie sind Geflüchtete, Migranten, Einheimische. Sie kommen aus Syrien, Eritrea, Iran. Die Platzsprache ist Deutsch. Der Trainer ist Timo Hall.

Wie entstand diese Idee?

Timo Hall, BWL-Hintergrund, sagt: „Ich hatte Kontakt in die Fußballsparte des Vereins, weil ich in der Altliga gespielt habe. Ich wollte mich ehrenamtlich für Geflüchtete engagieren in einem Projekt, das mir selbst auch Spaß macht. Da lag Fußball nahe. Ich kenne mich aus, der Bedarf ist groß. Bei Teutonia gibt es um Tim Heicks und Cüneyt Yildirim ein junges, neues Vorstandsteam. Sie tragen das Projekt komplett mit. Sie haben den Ansatz, den Verein neu aufzustellen, ihn im sich verändernden Stadtteil wieder stärker zu verankern.“ Wichtig ist den beiden die gute Kooperation mit „Herzliches Lokstedt“. In sieben Sprachen wird das Angebot über einen Flyer beworben, der die wichtigsten Informationen verständlich aufbereitet. Deutsch, Arabisch, Farsi, Türkisch, Englisch, Französisch und Tigrinisch, das ist die Sprache Eritreas. Viele Kontakte sind zudem durch Mundpropaganda in den Unterkünften entstanden. Der Rest erklärt sich von allein – wenn man auf dem Platz steht.

Timo Hall sagt: „Wir haben jetzt eine Whatsapp-Gruppe und ich informiere vor jedem Training, dass wieder Training ist. Wenn jemand nicht kommt, frage ich nach. Ich bekomme den Bedarf dieser Gruppe einszueins gespiegelt – auch in Dingen außerhalb des Sports. Arztbesuche, Behördentermine, Arbeitsplatzsuche: ich versuche, überall zu helfen, wo es geht. Für den Start ist es gut, dass sie keine Beiträge zahlen und nicht am Spielbetrieb teilnehmen. Der Verein sieht jetzt schon den Mehrwert, denn aus der Gruppe kommen inzwischen ein Jugendtrainer und ein Jugendbetreuer.“

Text: Frank Heike
Foto: Frank Molter


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