Das afghanische "Spiel der fliegenden Puppen" in Augsburg: Sportlicher Wettkampf und interkultureller Austausch

Drachen in allen Formen und Farben, Musik, internationales Essen und Getränke, Gelächter, aber auch konzentrierte Atmosphäre: So erlebten die Teilnehmenden das afghanische Drachenturnier am 22. Oktober 2016 in Augsburg. Von 11 bis 17 Uhr drehte sich alles um die bunten Fluggeräte. Über 80 Männer, Frauen und Kinder aus den verschiedensten Ländern trafen sich auf der Siebentischwald-Wiese in Augsburg, um ihre Drachen steigen zu lassen und sich dabei miteinander zu messen. Das Turnier und der Workshop wurden vom „Grandhotel Cosmopolis“, einem sozialen Projekt im Herzen von Augsburg, durchgeführt. Gefördert wurde das Drachenfest vom Programm „Integration durch Sport“ (IDS) im Bayerischen Landes-Sportverband (BLSV).

Drachenfest in Augsburg. Foto: Katharina Tenberge Photography
Drachenfest in Augsburg. Foto: Katharina Tenberge Photography

Vorbereitungen

Die Vorbereitungen des Turniers starteten schon eine Woche im Vorfeld. Bei einem Workshop trafen sich die Teilnehmenden und bastelten gemeinsam ihre Drachen. Schnittmuster, besonders haltbare und dennoch leichte Konstruktionen und die knalligsten Farben wurden dabei heiß diskutiert und sich gegenseitig bei der Umsetzung unter die Arme gegriffen. „Beim Workshop wurde sogar ein Drachen mit dem BLSV- und dem IDS-Logo für mich angefertigt. Den musste ich natürlich beim Turnier gleich ausprobieren“, freute sich Plamen Nikolov, Bildungsreferent für „Integration durch Sport“ in Augsburg.

Trauriger Beiklang

Das Drachenturnier erlaubte den anwesenden deutschen Einheimischen einen bunten Einblick in afghanische Traditionen – und auch in die afghanische Gastfreundschaft. Dennoch hatte es auch einen traurigen Beiklang. Für viele der anwesenden afghanischen Familien war es gleichzeitig ein Abschied von ihren Freunden in Augsburg kurz vor ihrer Abschiebung zurück nach Afghanistan.

Kulturelle Bedeutung des Drachenfests

Gudiparan Bazi, zu Deutsch „das Spiel der fliegenden Puppen“, hat eine wichtige kulturelle Bedeutung in Afghanistan. Seit Jahrhunderten werden jedes Jahr in den Herbstmonaten (weil es dann so windig ist) überall im Land Drachen steigen gelassen. Weil gesellschaftliche Regeln den direkten Kontakt zwischen Männern und Frauen verbieten, werden von jungen Männern mit Hilfe der Drachen sogar manchmal Liebesbotschaften an ihre Angebeteten überbracht, die diese von ihren Fenstern aus lesen können. Wochen vorher werden die Drachen aufwendig gebastelt, bemalt und verziert. Der Wettkampf hat damit eine ästhetische, aber auch eine sehr sportliche Seite: Es geht um´s Gewinnen. Um seine Gegner möglichst effizient und schnell zu besiegen, bearbeiten die geübtesten der sogenannten „Drachenspieler“ die Schnüre der Drachen mit feinem Glasstaub. Bei geschicktem Kreuzen können sie so die Schnüre anderer Drachen in der Luft kappen und sie so von ihrem „Drachenspieler“ trennen. Der Besitzer des am Ende des Tages noch in der Luft schwebenden Drachens ist der gefeierte Sieger des Turniers.

Text: Laura Verweyen/IDS


  • Drachenfest in Augsburg. Foto: Katharina Tenberge Photography