Cricket – mehr als nur ein Sport

Der SV 90 Niederkrossen hat die erste Cricketmannschaft Thüringens gegründet, in der Geflüchtete ihrem Lieblingssport nachgehen können. Dabei bringt das Interesse an der neuen Sportart Geflüchtete und Einheimische zusammen.

Claudia Crodel
Die Cricketmannschaft Thüringen ist ein starkes Team. Quelle: BAMF/ Claudia Crodel

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VON CLAUDIA CRODEL

„Cricket ist der beste Sport der Welt“, sagt Alugul Sanil. Damit spricht der 20-Jährige vielen Geflüchteten aus dem Herzen. Cricket ist, ähnlich wie bei uns der Fußball, die Nummer 1 der Sportarten in Alugul Sanils Heimat Afghanistan. Vor mehr als eineinhalb Jahren traten junge Geflüchtete aus der Gemeinschaftsunterkunft in Rudolstadt an Wolfhard Pröhl heran, der sich ehrenamtlich für die Initiative „Neue Nachbarn Rudolstadt“ engagiert und diese mitgegründet hat. Sie wollten nicht mehr nur auf einem Platz nahe ihrer Unterkunft Cricket spielen, sondern den Sport organisiert betreiben.

Unterstützung durch das Bundesprogramm „Integration durch Sport“

Auf dem Weg zum organisierten Cricket-Sport gab es für Wolfhard Pröhl viel zu bedenken: Wo gibt es Plätze, die groß genug für die Sportart sind? Welcher Verein ist für eine Cricket-Mannschaft offen? Unterstützung bei der Suche nach Antworten bekam Pröhl, als er beim Landessportbund Thüringen vom Programm „Integration durch Sport“ erfuhr. Dieses unterstützt Vereine und Verbände durch Beratung, Coaching oder finanzielle Mittel dabei, Angebote für Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund zu schaffen.

Ehrenamtler Wolfhard Pröhl leitet das Training. Quelle: BAMF/Claudia Crodel

Als Pröhl sich daher mit seinem Anliegen an den Landessportbund wandte, hatte man bald eine Idee für einen passenden Verein. Der SV 90 Niederkrossen, der seine Fußballmannschaften bereits seit vier Jahren für Geflüchtete geöffnet hatte, war offen dafür, auch Cricket im Verein anzubieten. „Durch das Programm kam finanzielle und ideelle Hilfe.“, erklärt Jörg Schünke vom Landessportbund. Mit Fördermitteln wurde so zum Beispiel die Anschaffung der speziellen Cricket Sportausrüstung unterstützt. Darüber hinaus berät und begleitet der Landessportbund den SV 90 Niederkrossen in allen Fragen der interkulturellen Öffnung.

Sich durch den Sport willkommen fühlen

„Wir sind eigentlich ein ganz auf Fußball spezialisierter Verein. Die neue Herausforderung war das Cricketspiel selbst“, blickt Vereinschef Bernd Lämmerzahl auf die Anfänge. „Aber Cricket ist wie Fußball eine Mannschaftssportart. Es geht um Sport, und darum, sich durch den Sport und die Einbindung in den Verein willkommen zu fühlen.“ Damit die Geflüchteten auch über den Sport hinaus in Niederkrossen ankommen können, bindet der Verein die Cricketspieler auch in andere Aktivitäten ein, wie zum Beispiel gemeinsame Feste oder Vereinstreffen. Kürzlich stellten die Geflüchteten hier den Fußballern im Verein das Cricketspiel vor und erzählten aus ihrer Heimat. Vereinschef Lämmerzahl möchte die Geflüchteten aber auch beim Thema Job & Beruf unterstützen. Er plant daher einen Nachmittag, an dem andere Vereinsmitglieder erzählen, was alles zu einer erfolgreichen Bewerbung für ein Praktikum, eine Ausbildung oder einen Job gehört.

Cricket stärken bedeutet Integration stärken

Beim Cricket muss das Team funktionieren. Quelle: BAMF/Claudia Crodel

Mit Aktivitäten wie diesen unterstützt der Verein die Geflüchteten dabei, in Thüringen anzukommen und Freundschaften mit anderen Mitgliedern zu knüpfen. Gelegenheit für Begegnung bietet die neue Sportart nämlich allemal. Drei Mal pro Woche trainiert die Cricket-Mannschaft aus Rudolstadt im Winterhalbjahr in einer Sporthalle. Im Sommerhalbjahr geht es hinaus auf den Platz. Die Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel unterstützt die Sportgruppe dabei. „Der Platz dort ist ideal für uns“, sagt Pröhl. „Wenn wir draußen sind, haben wir zudem viele neugierige Zuschauer.“ Die interessierten Einheimischen können nach dem Spiel in einer lockeren und ungezwungenen Atmosphäre mit den Geflüchteten ins Gespräch kommen - eine gute Gelegenheit sich gegenseitig kennenzulernen. Bislang spielen in der noch sehr jungen, erst seit Juli 2017 bestehenden ersten Thüringer Cricketmannschaft nur Geflüchtete mit. Aber man hofft, dass bald auch Einheimische dazustoßen.

Cricket bereichert Thüringens Sportlandschaft

Wie gut die neue Sportart in Thüringen bereits angekommen ist, zeigt die neu gegründete Cricket Regionalliga Ost. Am 8. April steht das erste Heimspiel gegen Leipzig an, am 15. April das zweite gegen Magdeburg. „Wir als Landessportbund finden es wichtig, solche Sportarten zu fördern, die die Geflüchteten aus den Herkunftsländern mitbringen“, so Jörg Schünke. Das trage zur Integration bei und wirke nach außen. Dass das Projekt eine Bereicherung für Thüringen ist, zeigen auch die Auszeichnungen, die „Cricket in Thüringen“ bereits erhalten hat: eine Auszeichnung bei den „Sternen des Sports“ auf Landesebene und der dritte Platz beim Integrationspreis Thüringens. Schöne Erfolge und ein Ansporn, weiterzumachen. Abdullah Kerali, Mitglied der ersten Cricketmannschaft Thüringens, würde das freuen. Denn er möchte „am liebsten jeden Tag Cricket spielen.“

In der Turnhalle kann man nur mit Teilen der aufwändigen Ausrüstung trainieren. Quelle: BAMF/Claudia Crodel


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    Die Cricketmannschaft Thüringen ist ein starkes Team. Quelle: BAMF/ Claudia Crodel
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    Ehrenamtler Wolfhard Pröhl leitet das Training. Quelle: BAMF/Claudia Crodel
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    Beim Cricket muss das Team funktionieren. Quelle: BAMF/Claudia Crodel
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    Auch Wettspiele gehören zum Trainingsprogramm. Quelle: BAMF/Claudia Crodel
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    In der Turnhalle kann man nur mit Teilen der aufwändigen Ausrüstung trainieren. Quelle: BAMF/Claudia Crodel