Den täglichen Rassismus durch Sport bekämpfen

Rabiatoullaye Diallo ist mehr als die Schatzmeisterin Africa Uniteds: Sie will mit ihrer Arbeit Kinder und Jugendliche anleiten, einen selbstbewussten und selbstbestimmten Lebensweg zu gehen.

Es geht hier um viel mehr als Sport. „Wir versuchen, die Kinder so zu stärken, dass sie stolz und glücklich Schwarz sind“, sagt Rabiatoullaye Diallo, kurz Rabbye. Sie selbst hat eine erwachsene Tochter, die zuhause in Niger lebt. Ihr Sohn ist 13 Jahre alt, die kleine Tochter elf. Sport spielt in beider Leben eine große Rolle; und ein ziemlich neuer Sportverein in Hamburg hat Rabbye Diallo den Anstoß gegeben, sich nun auch ehrenamtlich im Sport zu engagieren: beim „Africa United Sports Club“ (Stützpunktverein im Programm Integration durch Sport) wirkt die 48 Jahre alte Frau als Schatzmeisterin.

Mundpropaganda und afrikanische Solidarität haben Africa United einen ordentlichen Zulauf verschafft. Nicht genug, findet Rabbye Diallo, die sich nun auch darum kümmert, dass der Klub wächst: „Frauen und Mädchen zu treffen ist mein Job. Bei uns in Afrika machen Frauen viel weniger Sport als Männer“, sagt sie. Gerade junge Mädchen möchte der Verein mit seinen bunten und gemischten Angeboten ansprechen. Sie verteilt ihre Flyer auch in Kirchen und Moscheen – etwa 30.000 Menschen aus Afrika leben in Hamburg, viele von ihnen sind Muslime. Und wie gesagt, es geht um mehr als Sport: „Empowerment“ nennt Rabbye das übergeordnete Ziel der Vereinsarbeit – das Selbstbewusstsein für ein Leben im weißen Umfeld soll gestärkt werden: „Wir wollen, dass sich die Kinder und Jugendlichen hier ohne großen Schaden integrieren.“ Wer so spricht, hat einiges erlebt. Rabbye kann unaufgeregt von alltäglichem Rassismus erzählen, dass es einen gruselt.

Seit zwei Jahren gibt es „Africa United“. Vieles steckt noch in den Kinderschuhen. Die Vereinsheimat ist in Ermangelung eines eigenen Klubheims das Taiyo Sport Center in Billhorn. Sport treiben können die etwa 200 Mitglieder nur an einem Tag – immer samstags bittet Africa United zum „Open Gym“-Training in der Sporthalle Sorbenstraße. Drei Stunden lang. Basketball, Handball, Fußball für Kinder. Danach drei Stunden bis abends um 21 Uhr alle Sportarten für Jugendliche und  Erwachsene gemischt. „Unser Vereinsleben geht erst langsam los“, sagt Rabbye, „aber wir müssen mehr Service anbieten, um mehr Mitglieder zu bekommen.“ Neulich spielte schon mal die erste Jugendmannschaft gegen Rahlstedt. Ein Anfang ist also gemacht. Das bewiesen auch die gut besuchten Fußball-Trainingscamps für Kinder im Mai 2015 und Dezember 2016.

Angesprochen von den Angeboten sollen sich alle Hamburgerinnen und Hamburger fühlen. Rabbye  Diallo sagt: „Wir sind offen für alle. Wenn man Integration sagt, muss man Dinge zusammen machen. Wir erlauben allen, bei uns reinzukommen.“ Im Vereinsleben genießt Rabbye  die Menschlichkeit, Herzlichkeit und Fröhlichkeit, die sie aus Afrika kennt und im deutschen Alltag vermisst. Sie sagt: „Es war ein Zufall, dass ich nach Hamburg kam. Ich bin die einzige in meiner Familie in Europa; Europa war für mich immer ein Urlaubsland. Es war ebenso ein Zufall, dass ich in den Verein kam. Jemand hat mich gefragt, ob ich etwas tun könne. Deutschland hat ein tolles System sozialer Sicherheit. Aber etwas fehlt mir. Und deswegen denke ich oft an Niger. Wenn ich aber meinen Sohn frage, wollen wir zurück, dann sagt er: ,Muss das sein?‘“

Die Vereinsarbeit ist fordernd und macht Spaß gleichermaßen. „Wir bekämpfen Rassismus durch Sport“, hat Africa United in vielen Sprachen auf seinen Flyer gedruckt. „Und wir kämpfen für Integration“, fügt Rabbye hinzu. Als HSB-Stützpunktverein geht es ihr und ihren Mitstreitern neben der Bewegung auch um Gewaltprävention, um das Leben in einem anderen Land als dem Heimatland ganz allgemein. Sie sagt: „Wir reden im Klub über alles. Er ist ein sicherer Ort für Kinder und Jugendliche. Wir Erwachsene, die in Hamburg im Berufsleben stehen, sind Vorbilder für sie: wir zeigen, dass es möglich ist, voranzukommen.“

Derzeit reicht es Rabbye Diallo an ehrenamtlicher Arbeit neben dem anstrengenden Schichtdienst. Aber wenn ihre Kinder älter werden, könnte sie sich mehr und intensivere Vorstandsarbeit vorstellen – auch, weil der Verein durch den Zustrom Geflüchteter aus Eritrea und Somalia wächst. Rabbye sagt: „Viele afrikanische Frauen haben Herzprobleme, Bluthochdruck. Wir wollen das beste aus Afrika herbringen, und unseren Mitgliedern, gerade Frauen, zeigen, wie gut Sport der Gesundheit tut, wie wirksam er gegen Stress und Frust ist.“

Text: Frank Heike

Foto: Frank Molter