Aus Geflüchteten werden Trainer und Betreuer

Im Oktober 2018 wurde im Projekt "Soccer Refugee Coach" eine Schallmauer durchbrochen. Denn seit dem ersten Lehrgang im Juni 2016 erhielten niedersachsenweit mehr als 200 Teilnehmer ihr Zertifikat. Ehemalige und neue Teilnehmer trafen sich Ende September zum 2. Soccer Refugee Coach Cup in Barsinghausen.

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Teilnehmer beim 2. Soccer Refugee Coach Cup am 29.09.2018 in Barsinghausen

Ende September fand in der Sportschule in Barsinghausen der "2. Soccer Refugee Coach Cup" mit rund 40 Teilnehmern statt. Zu diesem Austausch- und Vernetzungstreffen hatten die beiden Projektpartner der Niedersächsische Fußballverband (NFV) und der LSB Niedersachsen eingeladen. Gewinner wurde das Team aus Seevetal, bester Torschütze ein Teilnehmer aus Hildesheim. Die größte Gruppe kam aus Verden. Für NFV-Projektkoordinator Najman Kuri war das Event vor allem eine gute Gelegenheit zu checken, ob die Lehrgänge wie gewünscht wirken.

Superschnell geklappt hat die Integration bei den beiden Afghanen Ainullah Moradi und Samiullah Arab. Ainullah kam vor drei Jahren mit seiner Familie aus der Provinz Parwan nach Deutschland. Der ebenfalls 19 Jahre alte Samir kommt aus der Provinz Nengerhar. Beide haben den Lehrgang erst im Sommer in Hildesheim absolviert und wurden sofort ins Vereinsgeschehen beim MTV Hildesheim eingebunden. Samir trainiert dort die 10 bis 12 Jahre alten D-Junioren, Ainullah die 12 bis 14 Jahre alten C-Junioren.

„Uns macht diese Aufgabe richtig große Freude. Die Jungs sind sehr wissbegierig und viele haben fußballerisches Talent“, hat Samir bereits festgestellt. „Eigentlich ist es so, dass die Kids von uns lernen und wir umgekehrt ebenso von der Mannschaft. Zum Beispiel, was die Sprache betrifft.“ Ainullah bestätigt die Feststellung seines Freundes sofort und ergänzt: „Außerdem wollen wir gerne etwas zurückgeben für die erhaltenen Hilfen. Wir sind dem NFV und allen verantwortlichen Personen sehr dankbar, Trainer und Betreuer sein zu dürfen.“ Um die 20 Kids habe er locker beim wöchentlichen Training. Ainullah übrigens, der selbst beim VfV Borussia Hildesheim als Innenverteidiger in der zweiten Mannschaft kickt, ist dabei, in Hildesheim an der Robert-Bosch-Gesamtschule sein Abitur zu machen, Samir lernt an der Berufsschule Walter Gropius in der Fachrichtung Gastronomie.

"Wir wollen gerne etwas zurückgeben für die erhaltenen Hilfen"

Auch Zain-Alabidin Abdallah kann nicht klagen. Der 26-Jährige war vor drei Jahren aus dem Sudan geflüchtet, hat ebenfalls im Sommer den NFV-Lehrgang durchlaufen und hofft jetzt auf eine Tätigkeit als Trainer oder Betreuer. „Möglichst schnell, denn ich bin heiß darauf, mein Wissen anzuwenden“, sagt der Stürmer des TSC Deinsen, der in der abgelaufenen Saison in der 1. Kreisklasse immerhin mit 20 Toren glänzen konnte. Auch beim NFV-Turnier im Barsinghäuser Fuchsbachtal hat er mit Toren nicht gerade gegeizt, sondern wurde Torschützenkönig und erhielt deshalb den Turnierball als Auszeichnung.

Neben dem Fußball steckt Zain viel Zeit in sein schriftstellerisches Projekt, ein Buch über sein Leben und seine Flucht zu schreiben. Wie er über Libyen, im Schlauchboot übers Mittelmeer nach Italien und weiter nach Deutschland geflohen ist. Das Manuskript liegt bereits bei einem Verlag. „Ich bin sehr gespannt, wie es dann weiter geht mit dem Buchprojekt.“ Beruflich macht der Sudanese aus der Provinz Darfur eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker.

In der überwiegend praxisorientierten Lehrgängen mit insgesamt 24 Lerneinheiten werden wesentliche Trainingsinhalte vermittelt, etwa Übungen zum Aufwärmen, der Koordination, Kondition, Technik und Taktik. Zudem werden unterschiedliche Trainingsphilosophien näher gebracht, um den angestrebten Einstieg in die Vereinsarbeit zu erleichtern. Nach erfolgreicher Teilnahme besteht die Möglichkeit, Tätigkeiten als Co-Trainer und Betreuer zu übernehmen und sich weiter zu qualifizieren.

„Mit unserem Angebot ebnen wir geflüchteten Menschen über das Spielerdasein hinaus einen weiteren Weg zur Teilhabe, indem wir die Integrationskraft des Fußballs nutzen“, sagt Najman Kuri. Vor über 20 Jahren selber als Flüchtling aus Syrien gekommen, weiß er um die Sorgen und Nöte, spricht die Sprache und kann so schnell hilfreiches Vertrauen aufbauen. Der 28 Jahre alte Student der Sozialpädagogik ist seit mehreren Jahren Jugendtrainer mit UEFA B-Lizenz beim JFV Calenberger Land in der Barsinghäuser Ortschaft Egestorf. Im letzten Jahr verpasste er knapp den Aufstieg in die Regionalliga Nord mit den U 17-Junioren. Derzeit coacht er die U 15 in der Landesliga.

"Das Projekt gibt den Teilnehmern Anerkennung und Wertschätzung"

Den größten Wert des Projektes sieht Kuri in der Botschaft an die Teilnehmer, anerkannt und gebraucht zu werden. Wertschätzung sei auf dem langen Integrationsweg in den Alltag bedeutsam. Es entstehe ein gegenseitiger Nutzen, denn die Absolventen fungieren auch als Multiplikatoren, um weitere Menschen mit Migrationshintergrund in die Vereine zu führen.

Text: Rainer Hennies (freier Journalist)


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