Integration durch Sport im Timmendorfer Eissportverein e.V.

Das Stimmengewirr ist groß, Eltern jubeln auf den Rängen, gut 70 Kinder jagen in bunten Trikots über die Eisfläche in der Timmendorfer Eishalle. Auf dem ersten Blick ist nicht zu erkennen, dass hier mehr geschieht, als die Durchführung eines Turnieres mit sechs Mannschaften für Eishockey-Kids unter 9 Jahren. Was hier jedoch passiert, ist gelebte Integration: Seit dem 01.11.2018 ist der Timmendorfer Eissportverein e.V. - kurz TESV - eingetragener Stützpunktverein des Landessportverband Schleswig-Holstein für das Programm "Integration durch Sport".

So ist es den Trainern und Betreuern möglich, ein besonderes Augenmerk auf die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund zu legen. „Erklärtes Ziel des Landessportverbands SH (LSV SH) ist es, diese integrative Kraft des Sports zu nutzen, um den wachsenden Herausforderungen des Zusammenlebens in einer sprachlich und kulturell vielfältigen Bevölkerung positiv zu begegnen. Dabei werden Vielfalt und Interkulturalität als gesellschaftlicher Mehrwert in einer sich stetig verändernden Welt verstanden.“, so der Mitarbeiter des bundesweiten Integrationsprogramms "Integration durch Sport" Roman Wagner vom Landessportverband Schleswig-Holstein.

Die gemeinsame Leidenschaft für den Eishockeysport bringt verschiedenste Nationalitäten auf dem Eis zusammen. „Wenn die Kinder auf dem Eis sind, kann ich den Unterschied zwischen einem deutschen und einem immigrierten Kind unter der ganzen Ausrüstung gar nicht mehr erkennen“, gesteht die Betreuerin und Schatzmeistern des Vereins Imme Zysk. „Die Sprachbarriere scheint in den Hintergrund zu rücken, der Spaß am gemeinsamen Spiel steht im Vordergrund. Das merkt man deutlich.“ Und auch Coach Kescha Prelovski hat gelernt: Zum Verstehen des Trainings reicht häufig auch das bloße Vormachen der Übungen.

Die Sprache entwickelt sich ganz von alleine. „Ich bin begeistert, wie wenig Vorurteile unsere Kids mit zum Training bringen. Hier wird kein Kind schräg angeguckt, weil es anders aussieht. Im Gegenteil: Häufig ist die Neugier der Kinder an den neuen Teamkollegen geweckt. Ohne Barrieren wird sich hier ausgetauscht und miteinander kommuniziert. Verbal wie nonverbal.“, so der Coach, der selber nicht aus Deutschland stammt und weiß, wie es ist, als Kind in einer fremden Kultur mit einer anderen Sprache aufzuwachsen.

 

Augenmerk legt der TESV insbesondere auf Kinder aus Flüchtlingsfamilien. „Wir stellen allen Kindern, die unsere Laufschule besuchen gerne Leihausrüstung zur Verfügung und gut ausgebildete Trainer an die Seite.“ berichtet der erste Vorsitzende André Weiss. Neben der Eisfläche unterstützen Betreuer und beantworten die häufigen Fragen der Eltern. „Je jünger die Kinder, desto schneller ist die Begeisterung an diesem Sport geweckt. Auch immer mehr Mädchen begeistern sich für den Eishockeysport. Mittlerweile haben die ersten Kinder von der Laufschule in die jüngste Eishockey-Mannschaft gewechselt.“

Doch das Programm „Integration durch Sport“ konzentriert sich nicht nur auf die Kleinsten unserer Gesellschaft. In der Herrenmannschaft des Timmendorfer Eissportvereins ist der ausländische Anteil der Spieler groß. „Wenn man hier vor dem wöchentlichen Training in die Umkleidekabine kommt, muss man genau hinhören, um alle verschiedenen Sprachen zu erkennen: Von Russisch, über Slowenisch bis hin zu Arabisch ist hier alles vertreten.“ erzählt Andreas Kollmann, verantwortlich für das Training der Herrenmannschaft.

„Sportliche Betätigung baut das Selbstvertrauen auf. Die Aktiven fühlen sich respektiert, erfahren Anerkennung und können sich dadurch selbstsicherer im gesellschaftlichen Umfeld bewegen.“ So steht es im Positionspapier zur interkulturellen Arbeit des Landessportverbandes Schleswig-Holsteins, und so wird hier die Realität erlebt. Auch die Menschen unterschiedlicher Kulturen nicht nur auf, sondern auch neben dem Eis zusammen zu bringen, liegt dem noch jungen Verein am Herzen. Auch hier war die Förderung des Landessportverbandes eine große Unterstützung. Die 2. Vorsitzende Katrin Werling erklärt: „Schade ist es natürlich, wenn sich Integration nur auf die Eishalle beschränkt. Zu echter Integration gehört es, sich nicht nur zum Training auf dem Eis, sondern auch in der Freizeit zu treffen.

Dadurch, dass wir nun ein Stützpunktverein sind, haben wir die Möglichkeit Ausflüge und Veranstaltungen weit ab von dem Thema Eishockey zu durchzuführen. So können sich unserer Mitglieder nochmal in einem ganz anderem Kontext kennenlernen.“ Wer Lust bekommen hat, sich selber auf dem Eis zu erproben, findet alle wichtigen Infos auf der Homepage des Vereins: www.timmendorfer-esv.de „Richtig Spaß macht es doch gerade dadurch, dass wir alle unterschiedlich sind.“, findet Toni, die 8-jährige Spielerin in der U9-Nachwuchs-Mannschaft und wischt sich den Schweiß unter dem Helm weg. „Das macht die Stärke unseres Teams aus.“ So erklärt sie wie selbstverständlich den Slogan des TESV, dessen Wappentier, der Eisvogel, so bunt wie die Gesellschaft in Deutschland ist: „Life is better, when we stick together.“