Vielfalt lernen – Potentiale nutzen: Ehrenamtliche in Vereinen interkulturell qualifizieren

Welche Leistungen bietet das Programm „Integration durch Sport“ (Teil 4 von 4)?

Foto: Katharina Tenberge Photography
Foto: Katharina Tenberge Photography

Kommen Menschen mit vielfältigen kulturellen Hintergründen zusammen, entfaltet sich aus ihren Fähigkeiten und Erfahrungen heraus starkes Potenzial. Wer dieses Potenzial nutzen will, muss allerdings wissen, wie heterogene Gruppen „ticken“ und wie man integrative Prozesse in ihnen gestalten und befördern kann.

Das Programm „Integration durch Sport“ (IDS) im BLSV bietet in diesem Zusammenhang vielfältige Leistungen an: Beratend, vernetzend (s. bayernsport Nr. 37) und mit finanziellen (s. bayernsport Nr. 42) und personellen Ressourcen (s. bayernsport Nr. 46) ausgestattet, stehen die Mitarbeiter sportlichen Integrationsprojekten inner- und außerhalb von Vereinen mit Rat und Tat zur Seite. Darüber hinaus macht IDS Übungsleitende, Vorstände und Neugierige in Seminaren und Fortbildungsveranstaltungen „fit für die Vielfalt“.

Das Seminar „Fit für die Vielfalt“

In ein- bis dreitägigen Seminaren verknüpft das Qualifizierungsprogramm „Fit für die Vielfalt“ theoretische Hintergründe mit praktischen Übungen. Die Seminare ermöglichen den Teilnehmenden die Reflexion ihres eigenen Verhaltens, sensibilisieren für die Potentiale integrativer Arbeit im Verein sowie für Fragen und Probleme der Interkulturalität. Die Seminare finden als Fortbildungen des Programms „Integration durch Sport“ (IDS) im Bayerischen Landes-Sportverband (BLSV) statt und sind zur Lizenzverlängerung anerkannt.

Die Seminare finden sich unter dem Stichwort "Fit für die Vielfalt" im QualiNet des BLSV.

Ein Blick in die Praxis: Das Intensivseminar „Fit für die Vielfalt“ vom 11. bis 13. November in Ingolstadt

22 Teilnehmende kamen in Ingolstadt zusammen und setzten sich dabei intensiv mit verschiedenen Themenbereichen kultureller Vielfalt im Sport auseinander. Katharina Kratzer und Plamen Nikolov, IDS-Bildungsreferenten und frisch gebackene, DOSB-lizensierte Referenten für „Fit für die Vielfalt“, leiteten das Seminar. Gemeinsam mit ihren Kollegen Benjamin Bellatreche und Ingo Wagner griffen sie die kulturelle Vielfalt der Teilnehmenden  auf für den Erfahrungsaustausch und den Einstieg in erste Übungen.

Irritation und Fremdheit

Missverständnisse lösen Unmut und Verwirrung aus, was in Konflikten enden kann. Nikolov sorgte während des Seminars mit einer Sportstunde, die er auf Bulgarisch anleitete, bewusst für Verwirrung: „Diese geplante Verunsicherung löst Denkprozesse aus, die bei der anschließenden moderierten Reflexion eine Veränderung der persönlichen Sichtweisen auslösen kann“, erläutert Nikolov und ergänzt: „Was irritiert mich? Und wie gehe ich mit ungewohnten Situationen um? Die Erfahrungen, die die Teilnehmenden während dieser Sportstunde machten, spiegeln die Erlebnisse von Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund wider, die sich in einer neuen Sportgruppe nicht der Sprache als Kommunikationsmedium bedienen können.“ Hier sei es für die Übungsleitenden wichtig, auf nonverbale Kommunikation zurückzugreifen, Übungen vorzumachen sowie Gruppendynamiken und Kooperation zu stärken, unterstreicht Kratzer. Sebastian Müller, Fußballtrainer beim TV Riedenburg, war von der praktischen Einheit in der Halle begeistert: „Ich nehme viele neue Spiele vom Seminar mit, die ich gleich in der kommenden Woche in meiner Gruppe ausprobieren möchte.“

Identität und kulturelle Prägung

Darüber hinaus beschäftigten sich die Teilnehmenden intensiv mit ihrer eigenen Identität und kulturellen Prägung: „Ich habe nicht nur etwas über Interkulturelle Kompetenz im Sport und andere Kulturen, sondern vor allem auch viel über mich selbst gelernt“, resümiert Betty Ringlstetter, Freiwillig Engagierte im IDS-Programm. Die Zusammensetzung der Teilnehmenden mit ihren verschiedenen biographischen Hintergründen und Funktionen im Sport spiegelte dabei exemplarisch die bunt zusammengesetzte Gesellschaft wider.

Werte und Konflikte

Werte, Auffassungen und Einschätzungen von Situationen können bei jedem Menschen stark variieren aufgrund individuell verschiedener biographischer Prägungen. Anhand eines Modells zur Konfliktanalyse wurde im Seminar deutlich, dass aber auch zahlreiche Gemeinsamkeiten existieren, die vielleicht auf den ersten Blick nicht sofort erkennbar sind. „Fragen der Integration und interkultureller Probleme sollten immer mit der entsprechenden Sensibilität sowie bewusst gesuchten und geführten Dialogen angegangen werden“, fasst Kratzer zusammen.

TEXT: Laura Verweyen


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