(4) Manfred Wille - "Verheiratet" mit der Integration

Frankfurt (ids) - Er ist selbst ein Flüchtlingskind: Kurz vor dem Mauerbau 1961 flohen seine Eltern mit ihm aus der DDR in den Westen und landeten in Wolfsburg. Heute kümmert sich Manfred Wille darum, zugewanderten Menschen das Leben in ihrer neuen Heimat leichter zu machen.

 

Foto rechts: M. Wille bei einem Schwimmkurs mit Aussiedlerinnen, Quelle: privat
Foto rechts: M. Wille bei einem Schwimmkurs mit Aussiedlerinnen, Quelle: privat

 

Seit mehr als 30 Jahren  engagiert er sich im Sozialsport und seit 25 Jahren bei der Integration von Aussiedlern und Ausländern durch Sport.  Als Vorsitzender des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM) in Wolfsburg organisiert Wille Sportfeste, Turniere und Begegnungen mit Aussiedlern und Einheimischen.

Der 50-Jährige legt Wert auf die Feststellung: "Wir sehen Aussiedler nicht nur als Nehmende sondern auch als Gebende". So werden Aussiedler beim CVJM in Wolfsburg bewusst auch auf Positionen mit Verantwortung eingesetzt: Als Schiedsrichter, Übungsleiter oder als Mitorganisatoren von Veranstaltungen. Der Vereinsvize ist selbst ein Russlanddeutscher und bei der Pflege des Vereinsgeländes helfen Aussiedler mit.

5000 Quadratmeter - so groß wie ein Fußballfeld - und ein eigenes kleines Häuschen haben die CVJMer zur Verfügung. Auf dem in gemeinsamer Arbeit von Einheimischen und Zugewanderten gestalteten "Freizeitgelände" gibt es ein Beachvolleyballfeld, einen Fußballplatz, einen Grillplatz und einen Zeltplatz. Das Gelände wird unter anderem für Volleyballturniere genutzt, nicht selten mit Teams aus verschiedenen Ländern.

"Sport mit Aussiedlerinnen und Einheimischen" - so heißt das Projekt, dass Manfred Wille seit vielen Jahren betreut. Das Konzept dieses Projekts geht in zwei Richtungen: Vor Ort in Wolfsburg werden Veranstaltungen angeboten, bei denen sich Aussiedler und Einheimische näher kommen können. Zusätzlich pflegt Wille den direkten Draht zu Sportvereinen in der Region: "In  unserer Arbeit wird die Vernetzung groß geschrieben". Der CVJM Wolfsburg hilft dabei, Aussiedler an Vereine, Freizeitheime und Kleingartenvereine zu vermitteln und steht auch mit Rat und Tat zur Seite, wenn es Probleme in punkto Mitgliedsbeiträge, Zuverlässigkeit, Verbindlichkeit und Sprache gibt.

Die Idee der Integration durch Sport liegt Manfred Wille am Herzen. Bekannte und Mitarbeiter sagen, er sei mit Leib und Seele dabei und quasi mit der Sache verheiratet. Wille macht das alles ehrenamtlich. "Ich empfinde die Arbeit mit anderen und für andere Menschen nicht als Last. Ich sehe darin vielmehr eine Chance, mein Leben vielfältiger zu gestalten. Ich habe Menschen und Dinge kennen gelernt, die ich so nicht kennen gelernt haben würde."

"Ich empfinde die Arbeit mit anderen und für andere Menschen nicht als Last. Ich sehe darin vielmehr eine Chance, mein Leben vielfältiger zu gestalten."

Die Aktivitäten reichen aber noch viel weiter. Seit bald zehn Jahren veranstaltet der Verein eine sogenannte Fahrradsponsorenrallye. Jeder kann mitfahren und lässt sich von "Sponsoren" (Oma, Mama, Papa, Freunde, Bekannte) die gefahrenen Kiometer vergüten. Das Geld wird gesammelt und geht dann an soziale Projekte in ärmeren Ländern. So haben die CVJMer in den vergangenen Jahren schon mehr als 30000 Euro erradelt.

Dazu kommen regelmäßige Kontakte zu Gefängnisinsassen in der JVA Wolffenbüttel. Hinter Gittern wird gemeinsam Tischtennis und Volleyball gespielt. Ziel dieser Zusammenkünfte ist es auch, straffällig gewordene Jugendliche, die an den Fahrten teilnehmen, hautnah erleben zu lassen, wie es im Gefängnis aussieht.

Der CVJM setzt sich unter Willes Leitung so erfolgreich für die Integration ein, dass es dafür schon 1991 von höchster Stelle offiziell Anerkennung gab. Beim damals ersten Wettbewerb der Bundesregierung "Vorbildliche Integration von Spätaussiedlern" bekam der Verein eine Goldplakette als Auszeichnung. Bei all seinem Einsatz für die Integration von zugewanderten Menschen bleibt Manfred Wille Realist: "Der Sport ist kein Allheilmittel. Ohne Arbeit und Wohnung - also ohne materielle Absicherung - wird der Sport wenig leisten können. Sind diese Dinge aber geklärt, hat der Sport gute Möglichkeiten zu helfen."


  • Foto rechts: M. Wille bei einem Schwimmkurs mit Aussiedlerinnen, Quelle: privat
    Foto rechts: M. Wille bei einem Schwimmkurs mit Aussiedlerinnen, Quelle: privat