Bei Jürgen Pautke sitzt niemand auf der Ersatzbank – Integration beim Kieler Jugendkutterprojekt

Segeln hat er schon als Kind gelernt. Heute gibt Jürgen Pautke sein Wissen an Jugendliche weiter und zeigt ihnen, wie man eine richtige Wende vollzieht und die Segel setzt.

Integration durch Sport unter vollen Segeln (alle Fotos: Jürgen Pautke).
Integration durch Sport unter vollen Segeln (alle Fotos: Jürgen Pautke).

Pautke geht regelmäßig auf Törn mit Jugendlichen aus Förderschulen rund um Kiel. Bei den Fahrten auf der Kieler Förde und bei Ferienfahrten auf der Ostsee kommen sich auf Pautkes „Clara“ junge Menschen verschiedener Kulturen näher, die sich sonst eher aus dem Weg gehen oder misstrauisch beäugen würden.

 

Jugendarbeit lag dem 38-jährigen Kieler schon als junger Mann. „Ich war Stammbesucher im Jugendzentrum und hab Aufgaben übernommen.“ Nach dem Zivildienst, den er in einem Jugendheim absolviert hat, ging er zuerst als Elektriker in die Werft. „Aber das hat mich nicht erfüllt, an Kriegsschiffen zu bauen.“ Pautke begann ein Studium: Sozialpädagogik. Beim Jugendamt Kiel fing dann die Sache mit den Kuttern an. Das Amt besaß zwei alte Schiffe. Jürgen Pautke begann Fahrten für Jugendgruppen anzubieten. Das Angebot war schnell beliebt und die Idee entstand, die Kutterfahrten auszuweiten.

 

Bei Wind und Wetter auf See.

 

Zusammen mit zwölf Freunden gründete Jürgen Pautke 2001 das „Kieler Jugendkutterprojekt e.V.“. Der Verein nahm sich der Schiffe „Clara“ und „Fiasko“ an, von denen letzteres fast schon ein Wrack war, wie Pautke erzählt.  Die Idee war geboren, Jugendkutterfahrten für eine ganz bestimmte Zielgruppe anzubieten – sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche. „Kiel ist ja eine Seglerstadt mit vielen Vereinen, aber für viele Jugendliche aus diesen Gruppen ist das keine Option. Die versuchen wir mit unserem Projekt anzusprechen.“

 

Fast immer ausgebucht

 

Pautke und seine Mannschaft gingen gezielt auf Förderschulen zu und sind nun bei ihren wöchentlichen Gruppenfahrten auf der Kieler Förde und den einwöchigen Ferienfahrten auf hoher See so gut wie immer ausgebucht. Das liegt auch daran, dass die Kutterfahrten für jeden erschwinglich sind: Eine Fahrt auf der Förde kostet nur einen Euro pro Nase. Pautke gibt sozial Benachteiligten den Vortritt. „Wenn bei mir ein Gymnasium anruft, dann muss ich leider absagen.“ Mit mehreren Gruppen pro Woche geht Pautke auf Fahrt und müssen zusammen Einsatz beim Manövrieren des Schiffes zeigen. „Da sind immer Aussiedler, Ausländer und Deutsche dabei. Man darf nicht erwarten, dass alle immer gleich die dicksten Freunde werden, aber sie kommen sich näher. Das ist doch schon ein Erfolg.“ Manchmal entwickeln sich zwischen dem einen oder anderen auch richtige Freundschaften.

 

Längere Fahrten, bei denen auch mal das Wetter schlecht ist und die Wellen hoch sind, können für so manchen Jugendlichen und die Gruppe insgesamt zur Belastungsprobe werden. Das aber schweißt gleichzeitig zusammen.

 

"Hier sitzt keiner auf der Ersatzbank!"

 

Das Konzept der Jugendkutterfahrten ist ein voller Erfolg. Das zeigt sich auch an der Unterstützung die Pautke erfährt. Seit dem Frühjahr 2004 hat er eine Planstelle, die über das Programm Integration durch Sport an den Landessportverband Schleswig-Holstein angebunden ist.

 

Seine Jugendlichen liegen ihm am Herzen. „Das sind Kids, bei denen zu Hause wenig passiert. Ich bin froh, denen solch ein Angebot machen zu können.“ Viele seiner „Schützlinge“ verändern sich während der Segeltouren. „Die spüren Begeisterung und werden motiviert, weiter zu machen. Hier sitzt keiner auf der Ersatzbank. Jeder wird eingebunden.“

 

Pautke steht in ständigem Kontakt mit den Schulen.  Über „Segel AGs“  werden die Jungen und Mädchen an das Kutterprojekt herangeführt. Dem Sozialarbeiter geht es vor allem darum, dass zuerst Vorurteile abgebaut werden. „Natürlich ist das nicht so, dass man die alle auf ein Boot packt und hinterher ist alles in Butter. Aber für viele junge Deutsche und Menschen mit Migrationshintergrund ist so eine gemeinsame Jugenkutterfahrt ein erster Schritt auf einander zu.“


  • Integration durch Sport unter vollen Segeln (alle Fotos: Jürgen Pautke).
    Integration durch Sport unter vollen Segeln (alle Fotos: Jürgen Pautke).