Frau Bauer, sie sind seit Anfang des Jahres die erste "Landesbeauftragte für Prävention der Berliner Polizei". Wie kann das sein - es gibt doch schon viele Jahre die verschiedensten Präventionsprogramme?
Susanne Bauer: Es hat diesen Arbeitsplatz ja auch schon vor mir gegeben. Neu bin ich an dieser Stelle, und neu ist der Titel "Landesbeauftragte". Damit wollen der Polizeipräsident und der Innensenator zeigen, was für einen hohen Stellenwert die Prävention für sie hat. Ganz auf der praktischen Seite ist das verbunden mit einer personellen Aufstockung meines Stabes. Der Bereich Prävention wird noch wichtiger, als er ohnehin schon ist.
Wie kamen Sie zu der neuen Aufgabe?
Susanne Bauer: Wir haben ein Rotationsprinzip im Führungskräftebereich, das ich sehr befürworte. Ich hatte vorher 7 Jahre lang den Tatorterkennungsdienst (Spurensicherung – d. Red.) geleitet. Irgendwann sollte man sich neuen Herausforderungen zuwenden, das tut sowohl den Aufgabengebieten als auch dem Menschen gut. Die Prävention mit all ihren Facetten liegt mir sehr am Herzen, also bin ich hierher gekommen. Ich wusste: Alle hier sind besonders motiviert, mit Herzblut dabei. Das geht auch nicht anders, man muss dahinter stehen und seine ganze Kreativität einbringen. Ein Job, den man mal eben einfach so "erledigt", ist das nicht.
Ist nicht auch Sport eine Facette der Präventionsarbeit?
Susanne Bauer: Aber ja! Eine sehr wichtige, gerade in der Arbeit mit auffällig gewordenen Jugendlichen. Da ist es gut, dass Sport generell ein großes Thema hier bei uns ist. Der Polizeidienst zieht sportliche Menschen an, das liegt schon im körperlichen Teil des Einstellungstests begründet. Aber Sport sollte ein ständiges Thema für die gesamte Bevölkerung sein.
Warum sind Sie dieser Auffassung?
Susanne Bauer: Es geht doch darum, seine Freizeit sinnvoll zu gestalten. Mit Sport tut man sich einfach etwas Gutes. Um auf die Jugendlichen zurückzukommen: Bei Sportangeboten wie dem "Kick"-Projekt treffen Jugendliche verschiedenster Herkunft kontrolliert aufeinander. Bei Fußball, Basketball oder auch Eishockey können sie sich gewaltfrei kennen lernen und den fairen Umgang miteinander erlernen. Solche Angebote sind sehr wichtig, denn unsere "Problemfelder" sind meist wütende junge Männer aus sozial schwachen Familien, oftmals mit Migrationshintergrund, die sich von der Gesellschaft vergessen fühlen.
"Kick" ist aber sicher nur eines von vielen Projekten, oder?
Susanne Bauer: Wenn ich alles aufzählen wollte, was wir allein in Sachen Sport und Prävention machen, dann käme ich nicht so schnell zu einem Ende. In den einzelnen Direktionen laufen viele kleinere Projekte, die vom Engagement der Kollegen leben. Ich will trotzdem noch mal auf "Kick" zurückkommen. Kürzlich hat der Boxprofi Okay Ural das "Kick"-Projekt im Wedding besucht. Der Ausländeranteil dort ist sehr hoch. Für die Jugendlichen ist das ein toller Ansporn: "Einer von uns, der es geschafft hat." Und wenn derjenige dann auch noch sagt, dass der Sport ihn vor einer kriminellen Laufbahn bewahrt hat, dann kann ich mir kaum Besseres vorstellen.
Sie setzen also weiterhin auf Prävention und Integration durch Sport?
Susanne Bauer: Definitiv. Wie ich schon sagte: Dieser Bereich wird noch an Bedeutung gewinnen. Auf sportlicher Seite wird bereits viel getan. Das heißt nicht, dass man nicht noch mehr tun könnte. So ist zum Beispiel leider ein zunehmendes Aggressivitätspotenzial bei Mädchen zu beobachten, auch wenn sie im Vergleich zu den Jungs in der Kriminalstatistik kaum eine Rolle spielen. Trotzdem sollten wir darauf unbedingt ein Auge haben und uns etwas einfallen lassen, um hier negativen Entwicklungen vorzubeugen.