Dem Miteinander verpflichtet

Stützpunktverein seit 2019: In der Boxabteilung der SV Böblingen wird Integration ganz bewusst groß gespielt – nicht nur beim Boxen

Foto: SV Böblingen
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In der Boxabteilung der Sportvereinigung Böblingen wird kulturelle Vielfalt schon lange gelebt. Die diverse Abteilungszusammensetzung war aber nicht der Grund, warum Abteilungsleiter Ewald Agresz vor fünf Jahren an der Bildungsveranstaltung „Fit für die Vielfalt“ des Bundesprogramms „Integration durch Sport“ teilgenommen hat. Ihn hat zunächst einfach das Thema interessiert. Im Anschluss daran haben ihn die Möglichkeiten, die ihm bei der Schulung aufgezeigt wurden, begeistert. „Seitdem betreiben wir das Thema Integration viel bewusster“, erklärt er.
Von diesem Engagement hat auch Hicham Omar profitiert, vor 18 Jahren in Marokko geboren. Zusammen mit einem Familienmitglied kam er nach Böblingen. Durch das regelmäßige Training fand er in der neuen Heimat nicht nur schnell Anschluss, sondern lernte auch gut Deutsch. Damit verkörpert er das, was die Sportorganisationen unter Federführung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) mit dem Bundesprogramm „Integration durch Sport“ erreichen wollen. Das Programm wird gefördert aus Mitteln des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat und in Baden-Württemberg vom WLSB in Kooperation mit dem Landessportverband Baden-Württemberg umgesetzt.
Omar eignete sich mit seinen positiven Erfahrungen als idealer Typ, um bei einer Plakataktion als Model mitzuwirken. „Für mich ist Integration, wenn im Training alle zusammenhalten und niemand den anderen ausgrenzt und wenn alle fröhlich und nett zueinander sind“, sagt er.

„Boxen für alle“: Integration wird gezielt gefördert

Warum in der Boxabteilung das Thema Integration so groß gespielt wird, zeigen die Zahlen. Von den 120 Mitgliedern haben etwa 60 Prozent einen Migrationshintergrund. Dazu zählen auch die sechs Übungsleiter. Die Folge: Seit 2019 ist die Boxabteilung der SV Böblingen Integrationsstützpunkt. Für Agresz und sein Team ist dies einerseits Bestätigung, andererseits aber auch Ansporn zu zusätzlichen Integrationsmaßnahmen. Deshalb werden neben dem normalen Training sechs besondere Maßnahmen angeboten – vom „Boxen für alle“ über Blocktrainings am Wochenende bis hin zu einem Trainingscamp im thüringischen Saalfeld.

Sommerfeste als interkulturelle Trainings

Aber auch neben der Trainingshalle wird bei interkulturellen Sommerfesten oder Weihnachtsfeiern, bei denen jedes Mitglied kulinarische Spezialitäten aus seiner Heimat anbietet, ein gutes Miteinander gelebt. „Über die verschiedenen Köstlichkeiten lernt man die Kulturen kennen“, sagt Agresz und ist immer wieder aufs Neue begeistert vom großen Zusammenhalt.
Boxen als Kontaktsport ist momentan angesichts der Corona-Pandemie nicht einfach auszuüben. Doch das SVB-Team hat verschiedene Möglichkeiten gefunden, das Training mit einem umfassenden Hygienekonzept fortzuführen. In kleineren Gruppen, 20 statt normalerweise 40 Teilnehmern, übten immer die gleichen Personen miteinander. Natürlich kontaktlos beim Schattenboxen und Seilspringen, beim Hantel- und Bauchmuskeltraining. Matten auf dem Boden sorgten dafür, dass der nötige Abstand immer eingehalten wurde. Und als der Inzidenzwert höher als 50 lag, wurde das gemeinsame Training gestoppt und auf online umgestellt.
Dass Boxen oder Kickboxen in vielen Ländern, aus denen die Geflüchteten kommen, ein wesentlich höheres Ansehen genießt als in Deutschland, kommt der SV Böblingen entgegen. Aber auch Kickboxer finden schnell den Weg zu den reinen Faustkämpfern. Denn die umfangreichen Integrationsaktivitäten der Boxabteilung sind in Baden-Württemberg bekannt und anerkannt. Dies belegen zahlreiche Menschen mit Migrationshintergrund, die in der Region schnell heimisch wurden.

Text: Klaus-Eckhard Jost


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