Der BC Traktor weitet sein soziales Engagement auf Ukrainer aus

Sportdirektor Paul Döring, die Boxer Deniel Krotter und Yaroslav Samofalov sowie Trainer Michael Timm. (v.l.)Foto: FABRICE HERMANN, SVZ
Sportdirektor Paul Döring, die Boxer Deniel Krotter und Yaroslav Samofalov sowie Trainer Michael Timm. (v.l.)Foto: FABRICE HERMANN, SVZ

Sportministerin Stefanie Drese lobte den BC Traktor bereits 2020 für sein soziales Engagement. Obwohl dieses meist an Heranwachsende gerichtet ist, wurde der Verein nun auch im aktuellen Ukraine-Krieg aktiv.

In der letzten Februar-Woche sah sich die ukrainische Box-Nationalmannschaft mit einer dramatischen Situation konfrontiert. Während die Mannschaft am Strandja-Memorial-Turnier in der bulgarischen Hauptstadt Sofia teilnahm, fielen russische Truppen in die Ukraine ein.

BC Traktor beteiligt sich an Ukraine-Entscheidung des DBV

Die Nationalboxer in ihre kriegszerrüttete Heimat zurückzuschicken war keine Option. Daher entschieden sich der Deutsche Boxsport-Verband (DBV), das Auswärtige Amt, das Bundesinnenministerium und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) dafür, die ukrainische Nationalmannschaft nach Deutschland einzuladen.

Yaroslav Samofalov ist einer dieser Boxer. Er wohnt nun bei Paul Döring, dem Sportdirektor des BC Traktor. Für Döring ist dies selbstverständlich: „Yaroslav und seine Familie sind gute Freunde.“ 2018 und 2019 stieg Yaroslav selbst für die Traktor-Boxer in den Bundesliga-Ring.

Paul Döring betont immer wieder, dass der BC Traktor soziales Engagement groß schreibt. „Deshalb zielen wir darauf ab, Menschen mit sozial kritischem Hintergrund aufzufangen und engagieren uns auch im Seniorenbereich.“ Der Verein helfe Samofalov dabei, eine Arbeitserlaubnis und eine feste Bleibe zu bekommen.

Heimat in Land mit fremder Sprache

Trotz aller Bemühungen der Schweriner Boxer bleibt Yaroslav nicht vor Herausforderungen verschont. Er redet kein Deutsch und versteht nur spärlich Englisch. Deniel Krotter vom Box-Bundesstützpunkt Schwerin steht ihm daher häufig als Dolmetscher zur Seite und ist selbst auch Teil seiner Trainingsgruppe. „Wir wollen ja nicht, dass Yaroslavs Training leidet.“

Krotter hat russische Wurzeln, doch weder er noch seine ukrainischen Mannschafts-Kollegen wollen Politik vor ihre Kameradschaft stellen. Paul Döring ist darüber erfreut, zeigt sich aber wenig überrascht. „Auch außerhalb unseres Integrations-Angebotes legen wir großen Wert auf Zusammenhalt. Auch unser Mittelgewichtler Vladislav Hitlin ist gebürtiger Ukrainer.“

Boxen als Integrations-Unterstützung

Yaroslav Samofalov ist davon überzeugt, dass der Boxsport ein nützliches Werkzeug für Integration ist. „Ich bin das beste Beispiel. Statt in dieser Krisenzeit alleine zu sein, konnte ich mit den Jungs vom Team engen Kontakt aufbauen. Hierfür bin ich sehr dankbar.“ Er empfehle den flüchtigen Ukrainern, auch einen Verein zu suchen, um nicht in die soziale Isolation abzudriften.

Boxen habe ihm die Wichtigkeit von harter Arbeit und gutem Umgang mit Menschen beigebracht, wie seine Vorbilder Vasiliy Lomachenko und Oleksandr Ussyk sie an den Tag legen. Beide sind ukrainische Profiboxer, die in mehreren Box-Organisationen zum Weltmeister gekürt wurden.

BC Traktor ist ein Veteran des Programms „Integration durch Sport“

Soziales Engagement ist für den BC Traktor keinesfalls neu. Ex-Europameister Dieter Berg ist bereits seit 2006 als ehrenamtlicher Trainer für das an Kinder und Jugendliche gerichtete Projekt „Boxen statt Gewalt“ aktiv. Der BC Traktor ist Stützpunktverein des Bundesprogramms „Integration durch Sport“ und sein besonderes integratives Engagement wird auch in diesem Projekt in Form von integrativen Sportgruppen durch den Landessportbund M-V gefördert. Die Absicht des Programms sei es, den Heranwachsenden beizubringen, dass harte Arbeit sich lohnt und dass sie auch Lob und Anerkennung erfahren können.

Dass soziale Offenheit eine zentrale Thematik des Bundesprogramms ist, zeigt sich darin, wie der Verein „Boxen statt Gewalt“ auf seiner Internetseite bewirbt: „Soziale, religiöse und ethnische Herkunft spielen bei uns keine Rolle, Diskriminierung und Kriminalität finden bei uns keinen Nährboden.“ Etwa die Hälfte der Teilnehmer hat einen Migrationshintergrund.

Laut Dieter Berg sei jeder willkommen. „Ein Kind hat eine seltene Krankheit, wodurch ihm seine Haare ausfallen. Es war schon ein Autist dabei. Weiße und farbige Kinder trainieren hier zusammen und bilden enge Freundschaften.“

Quelle: Schweriner Volkszeitung, Fabrice Hermann (redaktioneller Mitarbeiter)


  • Sportdirektor Paul Döring, die Boxer Deniel Krotter und Yaroslav Samofalov sowie Trainer Michael Timm. (v.l.)Foto: FABRICE HERMANN, SVZ
    Sportdirektor Paul Döring, die Boxer Deniel Krotter und Yaroslav Samofalov sowie Trainer Michael Timm. (v.l.)Foto: FABRICE HERMANN, SVZ
  • Vladislav Hitlin (r.) ist gebürtiger Ukrainer und beliebt unter seinen Mannschafts-Kollegen. Hier zu sehen beim Kampfabend gegen den BC Chemnitz mit Mannschaftskapitän Kevin Boakye-Schumann. Foto: FABRICE HERMANN, SVZ
    Vladislav Hitlin (r.) ist gebürtiger Ukrainer und beliebt unter seinen Mannschafts-Kollegen. Hier zu sehen beim Kampfabend gegen den BC Chemnitz mit Mannschaftskapitän Kevin Boakye-Schumann. Foto: FABRICE HERMANN, SVZ
  • Rocko Leitmann (l., Landesmeister 2021) und Cornell Kamsu (zweifacher Landesmeister) feilen an ihrer Technik. Foto: FABRICE HERMANN, SVZ
    Rocko Leitmann (l., Landesmeister 2021) und Cornell Kamsu (zweifacher Landesmeister) feilen an ihrer Technik. Foto: FABRICE HERMANN, SVZ