„Die Stützpunktvereine setzen ‚Sport interkulturell’ in der Praxis um“

Kristjana Krawinkel, Hamburger Landeskoordinatorin „Integration durch Sport“, im Interview

Die Hamburger Landeskoordinatorin "Integration durch Sport" Kristjana Krawinkel (Quelle: Hamburger Sportbund)
Die Hamburger Landeskoordinatorin "Integration durch Sport" Kristjana Krawinkel (Quelle: Hamburger Sportbund)

Viele, die im Themenfeld Integration arbeiten, haben von der Qualifizierungsmaßnahme „Sport interkulturell“ zwar schon gehört, wissen jedoch nicht, was genau sich dahinter verbirgt. Kristjana Krawinkel, die Landeskoordinatorin von „Integration durch Sport“ in Hamburg, leitet nach einer „Train the Trainer“-Ausbildung Seminare für „Sport interkulturell“. Im Interview berichtet sie von ihren Erfahrungen und gewährt einen Einblick in die spannenden Seminarinhalte.

Frau Krawinkel, an wen richtet sich die Fortbildungsmaßnahme „Sport interkulturell“?

Die Weiterbildung richtet sich an Übungsleiter und Funktionäre aus dem organisierten Sport. Insbesondere sprechen wir Akteure von Sportvereinen an, die im Bereich der Integration mit uns zusammenarbeiten. Wir achten darauf, dass die Teilnehmer an unserer Fortbildungsmaßnahme aus unterschiedlichen Kulturkreisen kommen. Wir schreiben zum Beispiel viele Integrationsgruppen an. Dadurch können wir sicher gehen, dass viele Übungsleiter mit Migrationshintergrund dabei sind.

Wo setzt „Sport interkulturell“ an – wie dringend notwendig ist so eine Maßnahme?

Wir in Hamburg erachten die Maßnahme als sehr notwendig. Es geht uns darum, Übungsleitern und Akteuren im organisierten Sport notwendige interkulturelle Handlungskompetenzen zu vermitteln, sodass sie mit den vorhandenen Unterschiedlichkeiten und der Vielfalt im Sport umgehen können. Auf lange Sicht versprechen wir uns durch die Weiterbildungen eine interkulturelle Öffnung des organisierten Sports.

Welche Kenntnisse und Fähigkeiten werden den Teilnehmern von “Sport interkulturell“ vermittelt?

Wir möchten, dass die Teilnehmer sich selbst und ihren eigenen kulturellen Hintergrund reflektieren. Sie sollen sich fragen, warum sie in bestimmten Situationen so und nicht anders agieren. Jeder hat doch durch seine eigene Kultur und durch die Erziehung bestimmte Verhaltensmuster mitbekommen und handelt nach bestimmten Regeln, Werten und Normen. Wenn man das verinnerlicht hat, kann man auch andere Menschen besser verstehen.

Wie laufen die praktischen Teile des Seminars ab?

Im Praxisteil fördern wir die Kommunikation unter den Trainingspartnern. Eine typische praktische Übung ist das Kartenspiel „Barnga“. In diesem Spiel geht es darum, sich ohne Sprache miteinander zu verständigen. Dabei kommt es zu Konfliktsituationen, die die Mitspieler lösen müssen. Ich möchte jedoch nicht zuviel verraten, denn unsere Teilnehmer sollen ja überrascht werden. Das gilt für alle unsere praktischen Übungen. Wenn ich davon zuviel im Vorfeld preisgebe, können sich die Seminarteilnehmer darauf einstellen. Dann würden die Übungen ihre Wirkung verfehlen.

Haben Sie den Eindruck, dass die Teilnehmer das Gelernte in ihrer alltäglichen Integrationsarbeit umsetzen?
 
Bei unseren eigenen Stützpunktvereinen kann ich das beurteilen und bejahen. Die Übungsleiter setzen das Gelernte in ihrer alltäglichen Vereinsarbeit um. Sie gestalten zum Beispiel Übungseinheiten nicht nur sportartspezifisch, sondern bauen pädagogische Einheiten zur Kommunikationsförderung und Vertrauensübungen mit ein.

Erinnern Sie sich daran, wie Sie „Sport interkulturell“ als Teilnehmerin erlebt haben?

Ich habe viel für mein Tätigkeitsfeld mitnehmen können. Ich habe gelernt, mich selbst zu reflektieren und mehr Verständnis für andere zu entwickeln. Nicht nur was den Umgang mit Menschen anderer Nationalitäten anbelangt, sondern auch im Kontakt zu meinen Mitmenschen allgemein.

Im Hamburger Sportbund ist „Sport interkulturell“ Teil einer von Ihnen entwickelten Übungsleiter B-Lizenz-Konzeption. Was genau verbirgt sich dahinter?

Wir in Hamburg sind der Ansicht, dass „Sport interkulturell“ alleine nicht ausreicht, damit es zu einer grundlegenden interkulturellen Öffnung der Vereine kommt. Für viele Vereine in Hamburg ist der Weg zu einer erfolgreichen Integration durch fehlende Erfahrung verbaut. Sie möchten „abgeholt“ werden. Deshalb haben wir eine neue Übungsleiter B-Lizenz-Ausbildung im Hamburger Sportbund konzipiert mit dem Schwerpunkt Integration. Mit dieser B-Lizenz-Ausbildung werden Übungsleiter, Trainer und Funktionäre schwerpunktmäßig in der Theorie und Praxis ausgebildet.

In insgesamt 60 Lehreinheiten kommen sie intensiv mit dem Themenfeld Integration in Berührung. Zu den Lehrinhalten gehören neben „Sport interkulturell“ theoretische Grundlagen wie zum Beispiel Kenntnisse über das deutsche und ausländische Sportsystem und sportpädagogische Einheiten wie Konfliktmanagement und Gewaltprävention. Im sportpraktischen Bereich können sie Importsportarten wie zum Beispiel Gorodki ausprobieren. Außerdem besuchen wir mit ihnen Vereine, die wir in unserem Programm „Integration durch Sport“ fördern, sodass die Teilnehmer der B-Lizenz-Ausbildung einen Eindruck bekommen, wie so eine interkulturelle Vereinsgruppe aussieht.

Hier geht es zum weiterführenden Artkel "Mit 'Sport interkulturell' zu mehr Miteinander"


  • Die Hamburger Landeskoordinatorin "Integration durch Sport" Kristjana Krawinkel (Quelle: Hamburger Sportbund)
    Die Hamburger Landeskoordinatorin "Integration durch Sport" Kristjana Krawinkel (Quelle: Hamburger Sportbund)