Markus Schächter zum ZDF-Schwerpunkt „Integration“: „Die Vereine leisten vorbildliche Integrationsarbeit, auf die wir gern eingehen.“

(27. 02. 2007) Markus Schächter (58) ist seit 2002 Intendant des ZDF. Der gelernte Journalist begann seine journalistische Karriere nach dem Studium beim Südwestrundfunk und wechselte 1981 zum ZDF um sich dort redaktionellen, planerischen und organisatorischen Aufgaben zu widmen. Markus Schächter wurde im November 2005 in seinem Amt als Intendant bis 2012 bestätigt. Das Jahr 2007 steht im ZDF unter dem programmlichen Schwerpunkt „Integration“. Über die Gründe für diese Entscheidung und die konkreten Auswirkungen im Programm haben wir uns mit dem Intendanten des ZDF unterhalten.

Markus Schächter (Foto: ZDF)
Markus Schächter (Foto: ZDF)

(27. 02. 2007) Markus Schächter (58) ist seit 2002 Intendant des ZDF. Der gelernte Journalist begann seine journalistische Karriere nach dem Studium beim Südwestrundfunk und wechselte 1981 zum ZDF um sich dort redaktionellen, planerischen und organisatorischen Aufgaben zu widmen. Markus Schächter wurde im November 2005 in seinem Amt als Intendant bis 2012 bestätigt. Das Jahr 2007 steht im ZDF unter dem programmlichen Schwerpunkt „Integration“. Über die Gründe für diese Entscheidung und die konkreten Auswirkungen im Programm haben wir uns mit dem Intendanten des ZDF unterhalten.

 

   Frage: Herr Schächter, im Dezember vergangenen Jahres fasste die Intendanz des ZDF unter ihrer Leitung den Entschluss, das Jahr 2007 unter den Programmschwerpunkt Integration zu stellen. Was waren die Gründe für diese Entscheidung?

   Schächter: „Vor zwei Jahren hat das Statistische Bundesamt erstmals den Begriff der "Menschen mit Migrationshintergrund" geprägt. 15,3 Millionen Menschen in unserem Land gehören dazu, das sind fast 20 Prozent der Bevölkerung. Ein Drittel von Ihnen lebt schon in der zweiten oder dritten Generation in Deutschland. Sie alle bilden eine höchst heterogene Bevölkerungsgruppe mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen, Ansprüchen und einer bislang überhaupt nicht erfassbaren Mediennutzung.

 

Wir haben mit dem ZDF-Fernsehrat vereinbart, dass wir – nicht nur in diesem Jahr – noch stärker darauf achten werden, die Integration und das friedliche Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft auf der Grundlage der deutschen Verfassungsordnung und unter Achtung der jeweiligen kulturellen Eigenheiten herzustellen und zu fördern. Die Medien haben auf diesem für den Lebensalltag in unserem Land wichtigen Gebiet eine besondere Aufgabe, aber auch alle Möglichkeiten, Menschen aus sehr unterschiedlichen Kulturen und Gesellschaften miteinander bekannt zu machen und ins Gespräch zu bringen.“

 

   Frage: Welchen Einfluss schreiben Sie den Medien bei dem Prozess der Integration bei Menschen mit Migrationshintergrund zu? Kann das TV den Prozess positiv verstärken?

   Schächter: „Das Massenmedium Fernsehen steht hier in der ersten Reihe. Wer etwas bewirken will, braucht ein großes Publikum. In einer Gesellschaft, die sich täglich noch immer weiter ausdifferenziert, ist Fernsehen die ideale Plattform für das notwendige Gespräch der Kulturen. Fernsehen kann und muss das Forum sein, auf dem die Vorzüge und Chancen des Miteinander sichtbar werden, auf dem unterschiedliche Lebensentwürfe als Beitrag zum Ganzen erkennbar werden, ohne die Unterschiede zu verwischen. Die Einbeziehung von Migranten ins gesellschaftliche Leben muss selbstverständlich sein, und dafür wollen wir positive Beispiele zeigen.“

 

   Frage: Welche konkreten Ausprägungen wird diese Entscheidung auf das ZDF-Programm in diesem Jahr haben?

   Schächter: „Migration und Integration sind ja längst Querschnittsthemen unserer Programmarbeit. Wir wollen aber wieder vermehrt herausgehobene, besonders auffällige Akzente im Programm setzen. Dazu gehört eine programmliche Schwerpunktwoche im Herbst, zu der alle aktuellen Sendungen, Magazine, Reportagen, Dokumentationen und Filme ihren Beitrag leisten werden. In diesen Programmschwerpunkt werden wir auch alle ZDF-Kanäle unseres Digitalbouquets und natürlich das Online-Angebot des Senders umfangreich einbeziehen.

 

Die Anzahl thematisch auffälliger Produktionen, die sich unmittelbar Fragen der Migration und Integration widmen, wird außerdem erhöht. Ein Beispiel dafür ist eine dreiteilige Dokumentationsreihe zur Geschichte des Islam, die wir im Abendprogramm ausstrahlen werden. Aber wir werden auch dafür sorgen, dass sich der Anteil von 20 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund auch bei den handelnden Personen auf dem Bildschirm widerspiegelt, seien es Kolleginnen und Kollegen, die Sendungen präsentieren und moderieren oder Darsteller in Filmen und Serien. Die ersten neuen Gesichter sehen sie in Krimi- und Familienserien jetzt schon im Programm, weitere werden folgen. Jenseits des Bildschirms werden wir Ausbildungs- und Arbeitsplätze vorrangig für diese Bevölkerungsgruppe schaffen.“

 

   Frage: Gibt es konkrete Überlegungen, wie der Sport im Programm des ZDF das Thema aufgreifen und umsetzen kann?

   Schächter: „Der Sport macht es uns leicht. Gerade die Vereine leisten ja seit langem vorbildliche Integrationsarbeit, auf die wir im Programm gern eingehen. Viele Idole der Jugend sind Ausländer, die seit vielen Jahren in unserem Land leben und jede Woche sportliche Spitzenleistungen bringen oder Migranten der zweiten und dritten Generation, die Vorbildfunktion haben. Diese positiven Beispiele werden wir besonders herausstellen, aber auch ohne Scheuklappen darüber berichten, wenn sich in einigen Sportarten, wie etwa dem Fußball, am Rand des Rasens Rassismus breit macht. Darüber hinaus werden wir aber auch bei Reportern, Kommentatoren, Moderatoren und hinzugezogenen Experten darauf achten, mehr noch als bisher Menschen mit Migrationshintergrund ans Mikrofon zu holen."

 

   Frage: Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht der Themenkomplex Integration in der gesellschaftlichen Diskussion?

   Schächter: "Wenn jeder fünfte Einwohner unseres Landes einen Migrationshintergrund hat, dann liegt die Bedeutung des Themas auf der Hand. Dass das Zusammenprallen unterschiedlicher Kulturen, Einstellungen und Lebensweisen an vielen Stellen Probleme mit sich bringt, ist ebenfalls hinreichend bekannt. Hier wartet noch eine Menge Aufklärungsarbeit auf uns. Das verstehen wir als einen besonderen Auftrag gerade an das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Den werden wir erfüllen."

 

   Frage: Die Einschaltquoten haben einen ganz starken Einfluss auf die Gestaltung des Programms. Integration ist ein unbestritten sperriges Thema, wie kann so etwas dennoch erfolgversprechend umgesetzt werden?

   Schächter: „Das ist eine Frage der Qualität in der Umsetzung. Integrationsthemen können genauso spannend, informativ oder auch unterhaltend sein wie alle anderen Themen der Gesellschaft. Wir müssen für jede journalistische und dramaturgische Bearbeitung des Themas die passende, publikumsverträgliche Form finden. Dafür sind wir mit gut ausgebildeten Redaktionen gut gerüstet und werden im Personal dort nachlegen, wo es notwendig ist.“

 

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  • Markus Schächter (Foto: ZDF)
    Markus Schächter (Foto: ZDF)