Nürtinger Frauenschwimmen mit großen Zukunftsplänen

Seit neun Jahren nehmen Frauen im Inselbad Zizishausen das Angebot wahr, unbeobachtet und geschützt vor männlichen Blicken schwimmen zu gehen. Nach der coronabedingten Pause geht das Erfolgsprojekt weiter – umstrukturiert und mit neuen Ideen.

(Bild LSVBW)
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Im Herbst 2021 war es endlich soweit: Die Türen des Inselbads im Nürtinger Stadtteil Zizishausen öffneten sich nach anderthalb Jahren Corona-Schließung wieder. Während manche Vereine mit Mitgliederschwund und einem schleppenden Trainingsstart zu kämpfen haben, ist dem Projekt „Internationales Frauenschwimmen“, das Frauen und ihren Kindern eine feste Badezeit ermöglicht, der Neustart geglückt. „Die Nachfrage ist auch nach neun Jahren nicht geringer geworden, im Gegenteil. Die Teilnehmerinnen haben das Schwimmen während der Pandemie schmerzlich vermisst“, sagt Initiatorin Amina Ramadan.

Amina Ramadan war maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass das Projekt des Frauenschwimmens in Nürtingen im Jahr 2013 umgesetzt werden konnte. „Der Wunsch nach einem Schwimmangebot für muslimische und andere Frauen, die in geschützter Umgebung baden gehen wollten, war groß. Es hat aber Monate gedauert, bis wir es umsetzen konnten“, sagt Ramadan. Gemeinsam mit dem Landessportverband Baden-Württemberg e.V. (LSVBW), der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Ortsgruppe Nürtingen und der TG Nürtingen gelang es, ein geeignetes Schwimmbad zu finden und die Stadt sowie die Stadtwerke zu überzeugen. Von Beginn an kamen 50 bis 80 Frauen mit ihren Kindern. Darunter waren und sind bis heute nicht nur muslimische Frauen, die aus religiösen Gründen geschützt vor männlichen Blicken schwimmen gehen wollten, sondern Frauen aus aller Welt. Ramadan und ihre Helferinnen nähten blickdichte Vorhänge für die Fensterfront des Schwimmbads. Zwei Übungsleiterinnen aus dem Förderverein des Zizishäuser Inselbades bestritten die Aufsicht während der Schwimmzeit. Alle drei Wochen konnte ausgelassen geplanscht werden, nach einem Jahr sogar 14-tägig.
An manchen Samstagen kamen bis zu 100 Personen – mangels Alternativen reisten diese auch aus Stuttgart, Reutlingen, Göppingen und anderen umliegenden Städten an. Im Laufe der Jahre konnten so 300 Frauen und rund 500 Kinder und Jugendliche erreicht werden.
Mit den Erfahrungen der vergangenen Jahre haben die Projektverantwortlichen dazugelernt: Seit Herbst 2021 ist das Schwimmen nur noch mit Voranmeldung möglich und auf 40 Personen begrenzt. Ging es für die Teilnehmerinnen zu Beginn noch primär um Baden und Bewegung, erweiterte sich das Interesse auch auf Aquafitness und das Schwimmenlernen. Die Übungsleiterinnen haben Fortbildungen besucht, um Nicht-Schwimmerinnen bessere Tipps geben zu können. Einige der Frauen haben im Laufe der Jahre auch an Schwimmkursen teilgenommen. Kerstin Peppel, Leiterin Ausbildung bei der DLRG Nürtingen, war selbst von Beginn an bei der Umsetzung der Ideen mit dabei. „Es geht einen Schritt weiter“, sagt Peppel. „Wir hatten bereits konkrete Pläne für neue Schwimm- und Rettungsschwimmerkurse. Dann hat uns Corona erstmal gestoppt“, sagt Peppel. Sie und Ramadan arbeiten weiter. Auch daran, dass die TG Nürtingen profitieren könnte, wenn sich Kinder für eine Vereinsanmeldung entschieden. „Wir wollen mehr Werbung für die TG und die DLRG machen und die Mädchen mal zum Training einladen“, sagt Ramadan.

Aktuell findet das Frauenschwimmen alle zwei Wochen samstags von 16.30 bis 18.30 Uhr statt. Das funktionierende Netzwerk in Nürtingen ist bis heute die Basis für den Erfolg. Während die Schwimmabteilung der TG Nürtingen sich um Formalitäten wie die Hallenbadreservierung, Sachberichte und Finanzen kümmert, steht Ramadan im Austausch mit der DLRG, verteilt die Dienste und kommuniziert Termine an die Frauengruppe. Mit Kollegin Ivana Serka und den ehrenamtlichen Multiplikatorinnen organisiert sie den Ablauf, inklusive der obligatorischen Reinigung des Schwimmbads nach Badeschluss. Den regulären Eintrittspreis müssen alle zahlen. Dennoch ist die finanzielle Förderung wichtig. Badmiete sowie Kosten für die Badeaufsicht übernimmt der LSVBW. Bei der Koordination und Betreuung steht auch der Schwimmverband Württemberg (SVW) immer zur Seite.

Seit einigen Jahren zählen Ramadan und ihre Frauen auf die Unterstützung durch „Willkommen im Sport“ (WiS). Dieses Förderprojekt des LSVBW, gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), ging mit folgenden mittelfristigen Zielen an den Start: nachhaltige Konzepte entwickeln, Netzwerkbildung, das Ehrenamt stärken und eine Willkommenskultur fördern. All das wird beim „Internationalen Frauenschwimmen“ immer sichtbarer.


  • (Bild LSVBW)
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