„Sport ist für die Integration sehr wichtig“ - Der DITIB-Präsident Ridvan Çakir im Interview

Ridvan Cakir, Präsident der DITIB (Foto: DITIB)
Ridvan Cakir, Präsident der DITIB (Foto: DITIB)

Ridvan Çakir ist der Präsident des Dachver­bandes „Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion e. V.“ (DITIB) in Deutschland. Die DITIB existiert seit 1984, sie ist damit die jüngste der drei islamischen Organisationen, und hat ihren Sitz in Köln. Ihr gehören mittlerweile mehr als 870 Vereine an. DITIB gilt als die mitgliederstärkste Migrantenorganisation in Deutschland und gilt als anerkanntes Mitglied in der Gruppe von Anstalten und Einrichtungen mit religiöser und sozialer Zielsetzung in der Bundesrepublik Deutschland. Nach eigener Darstellung vertritt die DITIB etwa 70% der in Deutschland lebenden Muslime. Unter der gegenwärtigen Präsidentschaft von Ridvan Çakir, der zugleich Botschaftsrat an der türkischen Botschaft ist, legt die DITIB besonderes Augenmerk auf den Integrationsprozess in die deutsche Gesellschaft.

Herr Çakir, wie sehen Sie die derzeitige allgemeine Situation der Integration von Ausländern in Deutschland?

Ridvan Çakir: Die Integration der Migranten in Deutschland ist verglichen mit anderen Ländern gut. Die Kenntnis der deutschen Sprache und die Teilnahme an sozialen Aktionen und sportlichen Aktivitäten sind weitestgehend gegeben, nur die erste Generation, die in den 50er und 60er Jahren nach Deutschland kam, tut sich auf diesen Gebieten noch etwas schwer. Ich denke,  Integration beschleunigt sich, je mehr die Menschen die jeweilige Kultur und Religion des Nächsten kennen lernen.

Wo sehen Sie aus ihrer Sicht die größten Defizite der Integration in Deutschland?

Ridvan Çakir: Wenn die Menschen über die jeweiligen Sensibilitäten ihrer Mitmenschen Bescheid wissen und gegenseitig diesen Sensibilitäten Respekt erweisen, so wäre ein wichtiger Schritt auf dem Wege zur Integration getan.

Was muss geschehen, um die Integration von Migranten in Deutschland zu verbessern?

Ridvan Cakir: Der Dialog zwischen den Menschen ist wichtig. Dieser Dialog wird dazu beitragen, dass die Gesellschaften und Gemeinden sich gegenseitig kennen lernen. Ferner wird er zeigen, dass es  keinen Grund gibt, dass die Menschen Angst vor einander haben, und sich vor Begegnungen scheuen. Es muss dafür gesorgt werden, dass die Kulturen sich begegnen und gegenseitig kennen lernen. Die Kulturen, die sich begegnen und sich gegenseitig kennen lernen, beeinflussen und bereichern sich auch gegenseitig.

Das Verhältnis von Muslimen und Nicht-Muslimen ist in den vergangenen Wochen und Monaten durch die Ausschreitungen in Frankreich und den Karikaturenstreit belastet worden. Haben diese Ereignisse aus ihrer Sicht bleibende Schäden hinterlassen?

Ridvan Çakir: Ich hoffe, dass sie keine bleibenden Schäden hinterlassen. Ich hoffe, dass Aktivitäten und Engagement in diesem Bereich Früchte tragen.

Einige Bundesländer haben so genannte "Einwanderungstests" für Migranten etabliert. Wie stehen Sie als Vorsitzender der DITIB dazu?

Ridvan Çakir: Ein wichtiges und entscheidendes Element der Integration ist, dass man alle Menschen von allen Seiten gleich betrachtet. Eine Vorgehens- und Verhaltensweise, in der man eine Seite diskriminierend bzw. abstoßend behandelt, kann keinen Beitrag zur Integration leisten. Ich denke, dass dieser Test  nicht zum Verhindern des Unterwanderns bzw. Durchsickerns von radikalen Ansichten verhelfen wird. Im Gegenteil wird er das Durchsickern solcher Ansichten erleichtern. Denn Menschen mit radikalen Ansichten werden die Testfragen falsch beantworten und werden durch Erlangung der Staatsangehörigkeit die Möglichkeit erhalten, sich ungestört zu bewegen. Die Menschen, die keine Ansichten haben und die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen, wird dieser Test demotivieren.

Was kann der Sport zur Integration von Migrantinnen und Migranten beitragen?

Ridvan Çakir: An sich ist der Sport ein wichtiges Mittel zur Integration und ein Weg, damit die Menschen einander kennen lernen  und zu Freunden werden. Ich denke, der Sport ist ein Element, das Menschen begeistert und verbindet, Deutsche genau wie Migranten. Sie können Teams bilden und so lernen, zusammen für eine Sache zu stehen. Sport ist für die Integration sehr wichtig und es muss auch Nutzen aus diesem Faktor gezogen werden.

Wir als DITIB möchten diese Ansicht durch eine spektakuläre Begegnung der Religionen der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit stellen. Im Rahmen eines Fußballturniers werden in Köln am 30. April 2006 Christliche Theologen gegen Türkisch-Muslimische Imame und jüdische, christliche und muslimische Jugendmannschaften zusammen Fußball spielen und Elfmeter schießen.


  • Ridvan Cakir, Präsident der DITIB (Foto: DITIB)
    Ridvan Cakir, Präsident der DITIB (Foto: DITIB)