„Sport macht nicht nur Champions, sondern Menschen“

Gelungene Auftaktveranstaltung - mit Lesung und Panel-Talk - für die Zusammenarbeit mit dem Kohero Magazin

Panel Talk mit v.l. Natalia Dergatcheva (Tanzbrücke Hamburg), Tokan Halil (Boxer), Susanne Otto (SV Lurup) und Sarah Zaheer (Moderation, Kohero Magazin). Foto: HSB
Panel Talk mit v.l. Natalia Dergatcheva (Tanzbrücke Hamburg), Tokan Halil (Boxer), Susanne Otto (SV Lurup) und Sarah Zaheer (Moderation, Kohero Magazin). Foto: HSB

 „Nach diesem Tag hatte ich das Gefühl, dass mein altes Leben zu mir zurückgekehrt ist.“ Tooba Salma darf Basketball spielen. Darf, denn das war nicht immer so. In Pakistan hatte sie eine sportliche Kindheit und Jugend. Sie liebte vor allem das Laufen, aber auch Volleyball und Basketball. Mit dem Beginn ihrer Zeit am College jedoch wurden ihre Möglichkeiten, Sport zu treiben, begrenzt. „Der Hauptgrund dafür war das Sportverbot für Mädchen. Denn in unserer Gesellschaft dürfen Mädchen überhaupt keinen Sport treiben.“ Sie hat geheiratet und ist nach Deutschland gekommen. Hier wollte sie wieder Sport treiben, aber fand zunächst nicht den richtigen Zugang und Weg dorthin. „Dann eines Tages, als ich eine Straße entlangging, sah ich eine Werbung für Basketball. Ich bin gleich den nächsten Tag hingefahren und habe mich vorgestellt.“ Jetzt spielt sie nicht nur selbst, sondern trainiert auch zweimal in der Woche eine Kindergruppe.

Halaa Bahri erzählt in ihrer Geschichte, wie sie gemeinsam mit ihrem Vater die Sportart Badminton in Tunesien etabliert und in eine Organisationsform gebracht hat. Es war der erste tunesische Verband für diese Sportart, den sie gründeten. Sie arbeiteten vor allem an der Ausbildung von Schiedsrichter*innen und Trainer*innen und sorgten so dafür, dass sich vielerorts Vereine gründeten und der Sport bekannter wurde. „Ich war sehr stolz auf diese Erfahrung, weil sie mich gelehrt hat, dass diese Gesellschaft eine Aktivität braucht. Eine Aktivität, die darauf aufbaut, ein positiver Energiefluss zu sein, der den Menschen (…) weiterbringt. Sport macht nicht nur Champions, sondern Menschen“, sagt Halaa Bahri.

Die Geschichten zweier Frauen. Beide vereint die Liebe zum Spiel, zu Sport und Bewegung und was es mit dem Körper und dem Geist macht. In einem Schreibtandem* haben sie niedergeschrieben, was sie mit Sport verbindet. Beeindruckende Zeilen, die die Gäste bei der Veranstaltung „Auf einem Platz - Unter einem Dach“ am 22. September im Rahmen der Altonaer Vielfaltswoche tief berühren.

Die Veranstaltung bildete den Auftakt einer neuen und vielversprechenden Kooperation, die das Programm „Integration durch Sport“ des Hamburger Sportbundes mit dem Kohero Magazin startet. Gemeinsam soll die Zugänglichkeit des Sports für Menschen diverser Kulturen kritisch betrachten werden. Wir wollen Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung zu Wort kommen lassen und ihre Perspektive auf den Sport und das Vereinssystem anhören. Darauf werden wir in den kommenden Monaten u.a. im Rahmen eines Podcasts-Formates tiefgründiger eingehen.

Dass das Ankommen in Deutschland verknüpft ist mit kulturellen Herausforderungen und Irritationen erfuhr das Publikum zu Beginn der Veranstaltung mit der Lesung von Amir Baitar. Er las aus seinem Buch „Unter einem Dach – Ein Syrer und ein Deutscher erzählen“, das er gemeinsam mit seinem Gastvater, dem Zeit-Reporter Henning Sußebach geschrieben hat. Offen und schonungslos berichten beide in dem Buch von Erfahrungen, Missverständnissen und Einsichten. Berührend und mit einer gewissen Komik wird spürbar, was Integration bedeutet und wie sie gelingen kann. Die Fragen und Irritationen, die bei Amir Baitar und Henning Sußebach im Zusammenleben immer wieder auftauchen, kommen natürlich auch auf dem Sportplatz vor. Nur, dass sich hier die Menschen nicht so gut kennen, wie es „Unter einem Dach“ wahrscheinlich eher der Fall ist.

Wie es der Sport schaffen kann, das Zusammenleben auch auf dem Platz und im Vereinsleben offen und vielfältig zu gestalten, das diskutierten im Anschluss in einem Panel Talk Natalia Dergatcheva (Tanzbrücke Hamburg), Susanne Otto (SV Lurup) und Tokan Halil (Boxer).

Die Veranstaltung war ein gelungener Auftakt für die Zusammenarbeit. Wir freuen uns auf die kommenden gemeinsamen Projekte mit dem Kohero Magazin und vor allem auf die wertvollen Erkenntnisse, die wir für die Weiterentwicklung der Integrationsarbeit im Sport mitnehmen werden.

Mit der Botschaft von Tooba Salma im Kopf, wollen wir das angehen: „Sport ist meiner Meinung nach etwas, das Menschen von innen heraus glücklich macht und jung hält. Ihr alle habt großes Glück, dass euch eure Regierung und Institutionen in Deutschland alle Arten von Freiheiten gewähren. Das solltet ihr voll ausschöpfen.“

 

*Das Projekt Schreibtandem, ist ein vom Kohero Magazin initiiertes Projekt, das eingewanderte und deutschsprachige Menschen in einem Tandem zusammenbringt, damit sie gemeinsam Texte schreiben und ihre Geschichte erzählen.


  • Panel Talk mit v.l. Natalia Dergatcheva (Tanzbrücke Hamburg), Tokan Halil (Boxer), Susanne Otto (SV Lurup) und Sarah Zaheer (Moderation, Kohero Magazin). Foto: HSB
    Panel Talk mit v.l. Natalia Dergatcheva (Tanzbrücke Hamburg), Tokan Halil (Boxer), Susanne Otto (SV Lurup) und Sarah Zaheer (Moderation, Kohero Magazin). Foto: HSB