Studien-Verfasserin Karakasoglu: Sport als Integrations-Bereich für zwanglose Begegnungen

Yasemin Karakasoglu ist erste Professorin für „Interkulturelle Bildung“ an der Uni Bremen. Im vergangenen Jahr veröffentlichte sie die Studie „Viele Welten leben. Lebenssituation und -orientierungen von Mädchen mit griechischem, italienischem, jugoslawischem, türkischem und Aussiedlerhintergund in Deutschland". Bei der Analyse des Freizeitverhaltens der Mädchen wird auch der Sport thematisiert. Die Ergebnisse wurden als eigene Studie herausgegeben.

Die Bremer Soziologin Yasemin Karakasoglu beschäftigt sich mit der Integration von moslemischen Frauen (Foto: Privat)
Die Bremer Soziologin Yasemin Karakasoglu beschäftigt sich mit der Integration von moslemischen Frauen (Foto: Privat)

   Frau Karakasoglu, was genau haben Sie bezüglich des Themas Sport untersucht?

Yasemin Karakasoglu: Bisherigen Erkenntnissen zufolge spielt Sport als Freizeitbeschäftigung von Mädchen und jungen Frauen mit Migrationshintergrund nur eine geringe Rolle. Sport gilt aber in Deutschland als hochgradig integrativ. Uns ging es speziell darum herauszufinden, warum die Mädchen kaum organisierte Sportangebote wahrnehmen. Wir wollten feststellen, ob das mit bestimmten soziodemographischen, kulturellen oder sonstigen Merkmalen zusammenhängt.

 

   Ihre Studie zeigt deutlich, dass bei den Mädchen ein klarer Wunsch nach mehr Sport vorhanden ist. Kann Sport dazu beitragen, die bestehende Isolation von Teilen dieser Bevölkerungsgruppe zu durchbrechen?

 

Yasemin Karakasoglu: Der Sport müsste Angebote machen, die sich an den Bedürfnissen derer orientieren, die bislang nicht oder kaum erreicht wurden. Damit könnte er einen Ort bereitstellen, an dem sich Mädchen und junge Frauen mit und ohne Migrationshintergrund begegnen und austauschen. Die Erwartungen an den Sport als Mittel der Integration bzw. zum Aufbrechen der Isolation eines Teils der jungen Migrantinnen dürfen aber auch nicht zu hoch sein.

 

   Was muss und kann denn der Sport leisten, um zu einer besseren Integration der Frauen in unsere Gesellschaft beizutragen?

 

Yasemin Karakasoglu: Sport kann keine vernünftige Migrationspolitik ersetzen, die den Zugewanderten und ihren Familien langfristige Planungssicherheit für ihr Leben in Deutschland gibt. Der Mehrheitsgesellschaft muss die Normalität des Zusammenlebens mit Zugewanderten und des notwendigen gesellschaftlichen Wandels vermittelt werden. Der Sport kann sich aber als ein Bereich für zwanglose Begegnungen von Einheimischen und Zugewanderten profilieren, in dem man Gemeinsamkeiten entdecken und sich jenseits sozialer und kultureller Schranken fair vergleichen kann. Dafür prädestinieren ihn geradezu die Ideale von Fairness, Orientierung an den individuellen Ressourcen des Einzelnen und Förderung des Teamgeistes. Dafür müssen sich aber Vereine und sonstige Anbieter interkulturell öffnen.

 

   Was genau muss da Ihres Erachtens geschehen?

 

Yasemin Karakasoglu: Auf Vereinsebene müsste sich einiges ändern: Organisationsrahmen, Konzept, und Angebote müssten so gestaltet werden, dass Sport im Verein auch für junge Menschen mit Migrationshintergrund akzeptabel und attraktiv wird. Das Personal sollte auf allen Ebenen der Verbände und Vereine multikulturell zusammengesetzt sein. Ferner müssten mehr spezifische Angebote für bestimmte Zielgruppen gemacht werden. Wichtig ist auch, dass man sich öffnet für andere kulturelle Vorstellungen z.B. von der Bedeutung des Körpers, des Umgangs der Geschlechter miteinander und von Formen der Geselligkeit.


  • Die Bremer Soziologin Yasemin Karakasoglu beschäftigt sich mit der Integration von moslemischen Frauen (Foto: Privat)
    Die Bremer Soziologin Yasemin Karakasoglu beschäftigt sich mit der Integration von moslemischen Frauen (Foto: Privat)