UNITED WE STAND! Projekt Leipzig United F.C. nach sieben Jahren erfolgreich beendet

Eine späte Belohnung nach sieben Jahren harter Arbeit: als das „Kernteam“ im Jahr 2013 mit sechs Flüchtlingskindern in der Gemeinschaftsunterkunft in der Liliensteinstraße als Projekt, welches später unter dem Namen Leipzig United F.C. Bekanntheit erlangen sollte, gegründet wurde, war nicht abzusehen, welche einmalige Entwicklung die Mannschaft in der Folgezeit nehmen wird.

Foto: FC Blau-Weiß Leipzig
Foto: FC Blau-Weiß Leipzig

Später Erfolg für die U19-Junioren des FC Blau-Weiß Leipzig: Als Zweiter der abgebrochenen Stadtliga-Saison rückt die Shehabi-Elf als 12. Team in die Landesklasse Nord auf. Nach dem Aufstieg der U17-Junioren spielt damit der gesamte Jugendbereich in der Saison 2020/21 auf Landesniveau.

Nach Jahren mit emotionalen Höhen und Tiefen sowie mit viel LEIDENschaft sollte in der Saison 2019/20 endlich die Stadtmeisterschaft und damit der erste Titel gelingen. Da bis zum jähen Ende der Spielzeit an der starken Lok aus Engelsdorf, wo die einzige Saisonniederlage kassiert wurde, kein Vorbeikommen war, konnte als Minimalziel nur darauf gehofft werden, nachträglich als „Vizemeister“ einen freien Platz in der Landesklasse zu erhalten. Diese Situation trat letztendlich ein, der SFV stufte die U19-Junioren für die Saison 2020/21 in die Landesklasse Nord ein. Ein respektabler Abschluss einer bewegenden Geschichte, die gern einen rein sportlichen und damit emotionaleren Ausgang hätte finden dürfen.

Diese Mannschaft hat deutschlandweit sicher nicht viele Beispiele. Als kleines Straßenfußballteam mit Flüchtlingskindern wurde regelmäßig bei der SG Lausen gekickt. Der Ansporn war groß und so folgten Turniere und die ersten richtigen Testspiele. Im zweiten Jahr schloss die damalige D-Junioren-Mannschaft sich dem SV Schleußig an und spielte dort das erste richtige Jahr in einer Liga. Ab 2015 ging es dann zum damaligen VfK Blau-Weiß mit einer C2- und einer B-Juniorenmannschaft. Zwei Jahre später verschmolz der United F.C. mit dem VfK und TuB, wo man seit 2015 trainierte und spielte, zum FC Blau-Weiß Leipzig. Damit waren die Platzprobleme gelöst und es entstand ein starker Verein, in welchem Integration und soziales Engagement zu einer Grundsäule werden sollten. In den Folgejahren und bedingt durch die Entwicklungen auf der Welt kamen viele junge Flüchtlinge in den Verein, ebneten damit den Weg für stabile Großfeldmannschaften und prägten zunehmend das Bild des FC Blau-Weiß als integrativen Stützpunktverein.

Das Team spielte in den Folgejahren ordentlich mit, machte seine Erfahrungen mit den Gegnern, Schiedsrichtern und Zuschauern. Zunehmend etablierte man sich als spielerisch starke Truppe, die aber irgendwie in den entscheidenden Momenten kein Glück hatte. Ein Höhepunkt der Internationalität war sicher die Saison 2018/19: Damals standen Spieler aus 18 (!) Nationen im Kader. Cheftrainer, damals wie heute, war mit Alaa Shehabi, ein Palästinenser, der in Syrien bereits hochklassige Erfahrungen sammeln und sportliche Erfolge vorweisen konnte. Er war nicht nur eine unangefochtene Autoritätsperson mit unantastbarer sportlicher Kompetenz, sondern mit seiner eigenen Lebensgeschichte ein wichtiger emotionaler Halt für die oft traumatisierten neuen Spieler.

Die Entwicklung zeigte nun, dass nach vielen Jahren harter Arbeit die beste Mannschaft im letzten U19-Jahr auf dem Platz stand, mit allen sportlichen Möglichkeiten. Corona machte letztendlich alle Ziele, man fuhr in der Vorbereitung sogar ins Trainingslager, zunichte. Ein deprimierendes Ende im „verflixten siebten Jahr“ drohte zudem, da der Stadtpokal, dort konnte man Klassenprimus Engelsdorf immerhin schlagen, ersatzlos gestrichen worden ist. Der Verein kämpfte daraufhin um einen Platz in der Landesklasse, da es einfach seine moralische Verantwortung war, die Sache zu einem positiven Ende zu bringen. Der Kampf war erfolgreich und so können wir wenigstens eine einigermaßen würdige, wenn auch nicht ausgelassene Abschlussfeier machen.

Unabhängig davon war die Energieleistung in den letzten Jahren nicht für umsonst. Dutzende Jugendliche, welche dieses Team durchlaufen haben, hat die Zeit geprägt. Der Fußball gab Halt und eröffnete neue Horizonte am ansonsten oft düsteren Himmel. Es entstanden Freundschaften und es ergaben sich neue Möglichkeiten, z.B. als Jungtrainer oder Schiedsrichter. Aber auch andere Höhepunkte waren zu verzeichnen, zu denen sicher der Besuch einer Trainingseinheit durch den Sächsischen Ministerpräsidenten zählt. Hinzu kamen gemeinsame Workshops, Feiern und Ausflüge. Gab es mal einen Arbeitseinsatz, fanden sich immer zahlreiche Helfer. Am Ende stand eine eingeschworene Truppe, die einen ausgezeichneten zweiten Platz in der Stadtliga belegte, obwohl viele erst seit zwei oder drei Jahren organisiert Fußball spielten. Den Wert dieser einmaligen Leistung können wohl nur die Involvierten messen.

Aber das Team bestand nicht nur aus Flüchtlingen oder Migranten. Tragende Säulen waren immer auch heimische Jungs, die zwischenzeitlich schon mal als Exoten galten. Genau diese Spieler entwickelten zunehmend ein besonderes Gespür für die Mannschaft, übernahmen Verantwortung, vermittelten oder moderierten bei Konflikten. In der Mannschaft war aber nie Thema, woher jemand kommt, welche Religion oder welche Hautfarbe man hat. Der Fußball hat alle vereint in einer neuen, gemeinsamen Heimat. Und große Persönlichkeiten, die selbst in den letzten Jahren mit dem Team gewachsen sind, waren die Wegbereiter und Dirigenten der Entwicklung. Die Wahrheit liegt letztendlich aber auf dem Platz, und dort hat das Team sich tagtäglich Respekt erarbeitet.

In der neuen Saison geht es nun mit einer neuen, jungen Mannschaft in die Landesklasse Nord. Auch hier leben die Ideale, wie im gesamten Verein, weiter. Integration funktioniert jetzt subtiler, es gibt keine Schwerpunktteams mehr, da sie nicht mehr notwendig sind. Die alten Junioren beschreiten neue Wege in der Ersten und Zweiten Herren oder im Volkssport, ein Teil bleibt in der neuen U19. Die Kinder und Jugendlichen von damals sind nun die jungen Erwachsen von heute: weltoffen und tolerant, multikulturell geprägt, kommunikativ, selbstbewusst, leistungsbereit und wertebezogen. Und wenn wir ein kleines, prägendes Mosaik auf diesem Weg waren, dann hat sich die ganze Arbeit gelohnt. Das Projekt Leipzig United F.C. ist nach sieben Jahren erfolgreich beendet. UNITED WE STAND!

Abspann:

Peter Schön

Philipp Bludovsky

Christian Weigelt

Alaa Shehabi

Christian Liebing

Tilo Bludovsky

Rudolf Heiligenthal

Idaver „Didi“ Sefer

Tom Franke

u.v.m.

 

(Originalartikel hier)

 


  • Foto: FC Blau-Weiß Leipzig
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