Intersektionalität - was ist das überhaupt fragen sich einige Leser*innen jetzt vielleicht? Das ist schnell erklärt… im Prinzip kann man den Begriff mit Mehrfachdiskriminierung beschreiben, also immer dann, wenn mehrere Diskriminierungsformen sich überschneiden (Intersection zu Deutsch Kreuzung). Denn Rassismus, Sexismus, Ableismus, Homophobie und andere Formen der Diskriminierung kommen häufig nicht isoliert vor, sondern überschneiden sich.
Doch was hat Intersektionalität mit Sport zu tun? Eine ganze Menge, denn Sportplätze und -hallen sind die Orte, wo Menschen zusammenkommen und alle die gleiche Möglichkeit haben sollten, gemeinsam Sport zu treiben. Und dabei spielen eben neben anderen Diversity Dimensionen auch Merkmale wie soziale Herkunft, Chancengleichheit, Heteronormativität, Beruf, Fähigkeiten o.ä. Merkmale eine große Rolle. Es braucht eine gewisse Sensibilität und Selbstreflexion dafür, dass einige Menschen aufgrund der Erfahrungen, die sie in ihrem Leben gemacht haben oder Voraussetzungen ihrer Lebenswelt vorsichtiger sind, wenn es darum geht sich neuen Gruppen anzuschließen oder das Bedürfnis nach Schutzräumen haben. Das hat nichts damit zu tun, dass sich jemand nicht integriert oder eine Sonderbehandlung haben möchte, sondern schlicht und einfach damit, dass jemand sich wohl fühlt wenn er*sie sein kann wie man ist und aufgenommen und verstanden wird von der Gruppe in der man Sport treibt. Das führt dazu, dass man wieder kommt und tatsächlich in einem Verein eine sportliche Heimat finden kann.
Darum ist es wichtig, dass z. B. Schwimmangebote für muslimische Frauen angeboten werden, dass es inklusive Sportgruppen gibt oder queere Geflüchtete einen Anlaufpunkt im Sportverein haben.
Vielleicht denken jetzt einige, was hat das aber mit mir zu tun? Warum sollte ich mich um das Thema bemühen? Weil es jede*n betreffen kann, denn Voraussetzungen ändern sich im Leben. So ist es nicht ausgeschlossen, dass man im Alter auch eine Behinderung erwirbt oder irgendwann mal in eine prekäre finanzielle Situation gerät und schon befindet man sich mitten auf der Kreuzung der Intersektionalität.
Sport möchte verbinden, er möchte Angebote für alle Menschen schaffen, unabhängig von Alter, Geschlecht bzw. geschlechtlicher Identität, sexueller Orientierung, Religion und Weltanschauung, Behinderung und ethnischer Herkunft oder Nationalität. Dazu braucht es manchmal einfach mehr als die regulären Angebote und mehr als die Erwartungshaltung, dass jene die kommen sich dem anpassen müssen was schon da ist. Sportvereine sind ein Abbild der Gesellschaft und unsere Gesellschaft verändert sich täglich. Auch wenn klar ist, dass Vereine nicht alle Themen bedienen, alle Herausforderungen lösen oder allen gesellschaftlichen Veränderungen folgen können, ist das Thema Sport für alle zu ermöglichen doch das Fundament, auf dem sie aufgebaut sind.
Daher braucht es Menschen, die sensibilisiert dafür sind, was Diversity im Sportverein bedeutet und wie es gelingen kann, die Herausforderungen der Intersektionalität zu meistern. Vielleicht kommen wir irgendwann einmal dahin, dass in jedem Vereinsvorstand auch ein*e Diversity-manager*in sitzt, der*die diese Themen im Blick hat und umsetzt.
An einigen Stellen haben sich Vereine und Verbände auf den Weg gemacht. Es gibt bereits eine ganze Menge Sportgruppen, die auf verschiedene Bedarfe von mehrfachbenachteiligten Gruppen abzielen, Vereine, die sogenannte safe spaces geschaffen haben und Verbände, welche die Themen Diversity und Intersektionalität immer weiter in den Fokus ihrer Arbeit rücken. Information und Sensibilisierung sind der Schlüssel zu einer Veränderung, die nicht von heute auf morgen passiert, aber die stetig voranschreitet. Und das ist gut, denn Sportdeutschland kann es sich nicht leisten, dass sich ganze Personenkreise ausgeschlossen fühlen und nicht im Verein aktiv sind, sei es als Teilnehmer*innen oder als Ehrenamtliche. Und daran zu arbeiten, dass der Verein ein Ort für alle wird, dazu trägt jede*r von uns etwas bei.
(Autorin: Sabine Landau, Ressort Diversity, Bundesprogramm „Integration durch Sport“)
In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.