Integrationsbotschafterin Ebru Shikh Ahmad im Interview

„Ich hatte immer die Sehnsucht, dass meine Arbeit und mein Wirken auch in der Türkei anerkannt werden“ – Thema des Monats Juni 2010.

"Sport ist eine gute Basis. Durch ihn kann man sehr viel erreichen" - Ebru Shikh Ahmad (Quelle: IdS)
"Sport ist eine gute Basis. Durch ihn kann man sehr viel erreichen" - Ebru Shikh Ahmad (Quelle: IdS)

Ebru Shikh Ahmad ist Integrationsbotschafterin des Deutschen Olympischen Sportbunds. Die mehrfache deutsche Meisterin und dreifache Europameisterin im Karate setzt sich vor allem für die Integration muslimischer Frauen in den organisierten Sport ein. Im Juni 2010 wurde sie im „Yunus Emre Kültür Merkezi“, einem Kulturzentrum in Istanbul, mit dem deutsch-türkischen Freundschaftspreis geehrt.

Frau Shikh Ahmad, was war der Anlass für diese Ehrung?

Der deutsch-türkische Freundschaftspreis wird seit 2001 jedes Jahr von der Deutsch-Türkischen-Freundschaftsföderation (DTF) an Personen aus den gesellschaftlichen Bereichen Sport, Medien, Kultur, Wirtschaft, Politik und Solidarität vergeben. Ich wurde in der Kategorie „Sport“ geehrt und war im Übrigen die einzige Frau unter den aktuellen Preisträgern.

Ich wurde für meine Bemühungen ausgezeichnet, über den Sport die Integration zu fördern und die deutsch-türkische Verständigung zu unterstützen und zu verbessern. In der Laudatio des deutschen Botschafters in Ankara, Dr. Eckart Cuntz, ging es auch um meinen Lebensweg. Ich war ja als junges Mädchen eine erfolgreiche Schwimmerin und musste wegen meines Vaters mit diesem Sport aufhören. Er wollte nicht, dass ich so viel Haut zeige.

Daraufhin habe ich mir einen anderen Sport gesucht und bin so zum Karate gekommen. Das war damals für mich doppelt schwer. Ich bin mit dem Koran aufgewachsen, hatte einen ganz anderen kulturellen Hintergrund und musste mich in Deutschland zurechtfinden. Dann wurde ich auch noch derartig von meinem Vater gestoppt.

Und was genau ist die Deutsch-Türkische-Freundschaftsföderation?

Die DTF ist ein von Ali Kiliç gegründeter Münchner Verein, der sich für die deutsch-türkische Freundschaft einsetzt. Gegründet wurde die Föderation als Reaktion auf die Brandanschläge auf ein türkisches Zweifamilienhaus in Solingen 1993. Ali Kiliç war damals als Journalist für die türkische Tageszeitung Milliyet vor Ort.

Die Ereignisse haben ihn derartig berührt, dass er den Verein ins Leben gerufen hat. Der damalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau war nach den Anschlägen der erste Politiker, der nach Solingen kam. Er war dann später auch einer der von der DTF ausgezeichneten Preisträger.

Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?

Das ist etwas ganz Tolles. In Deutschland habe ich ja schon viele Auszeichnungen bekommen. Als Tochter türkischer Eltern hatte ich immer die Sehnsucht, dass meine Arbeit und mein Wirken auch in der Türkei anerkannt werden. Dass das auch dort wahrgenommen wird, was ich mache. Darauf habe ich gewartet.

Es ist eine große Ehre, zumal viele bekannte Persönlichkeiten wie zum Beispiel Otto Schily, Rita Süssmuth und auch Christoph Daum oder Stefan Raab von der DTF mit diesem Preis geehrt wurden.

Wie sieht Ihre Integrationsarbeit aktuell aus?

Ich war zum Beispiel Anfang Mai dieses Jahres mit meinem Mann in Jordanien beim dortigen Nationalen Olympischen Komitee. Der Hintergrund war: Wir wollen in Jordanien eine Karate-WM veranstalten, an der auch Frauen teilnehmen dürfen, die das Kopftuch tragen. In dem Verband, in dem ich bin, der „World Karate Federation“, dürfen Frauen mit Kopftuch nämlich nicht bei großen Turnieren starten.

Es gibt in muslimischen Ländern viele Mädchen, die schon jahrelang Karate machen, aber aus diesem Grund nicht an Weltmeisterschaften teilnehmen dürfen. Ich wollte die WM in Jordanien machen, weil die Königin Rania sich stark für die Frauenrechte in ihrem Land einsetzt. Allerdings ist Jordanien sehr klein. Es gibt nur eine geeignete große Halle in Amman und die ist ziemlich ausgebucht. Wenn das Olympische Komitee unser Vorhaben dort nicht umsetzen kann, würden wir die WM auch in Israel, Palästina oder auch in Deutschland veranstalten.

Wo interpretieren Sie Ihre Aufgabe als Integrationsbotschafterin?

Ich versuche, durch meinen Sport etwas für die Integration zu tun. In unserer Karateschule kann ich Migranten erreichen und Ihnen Toleranz und Respekt vorleben. Sport ist eine gute Basis. Durch ihn kann man sehr viel erreichen. Man findet schnell Zugang zu den Menschen. Als Sportlerin wird man ganz anders aufgenommen, als wenn ich nur sage, ich bin Botschafterin.


  • "Sport ist eine gute Basis. Durch ihn kann man sehr viel erreichen" - Ebru Shikh Ahmad (Quelle: IdS)
    "Sport ist eine gute Basis. Durch ihn kann man sehr viel erreichen" - Ebru Shikh Ahmad (Quelle: IdS)
  • DOSB-Integrationsbotschafterin Ebru Shikh Ahmad und der deutsche Botschafter in Ankara Dr. Eckart Cuntz (Quelle: Shikh Ahmad)
    DOSB-Integrationsbotschafterin Ebru Shikh Ahmad und der deutsche Botschafter in Ankara Dr. Eckart Cuntz (Quelle: Shikh Ahmad)