Ein Netzwerk für die Integration

Cricket ist weltweit die Sportart Nummer zwei. Über eine größere Bekanntheit in Deutschland soll es gelingen, Brücken zwischen Kulturen zu bauen.

Cricketspieler des TV Pflugfelden in Aktion
Cricketspieler des TV Pflugfelden in Aktion

Dass Integration über den Sport hervorragend funktionieren kann, dafür ist Ruwantha de Silva ein gutes Beispiel. Vor 20 Jahren kam der damals 22 Jahre junge Mann aus Sri Lanka nach Deutschland. Weil er in seiner Heimat schon seit seiner Kindheit Cricket gespielt hatte, schloss er sich auch in München einem Verein an. Nach Heirat und Umzug nach Schwieberdingen hat er beim TV Pflugfelden vor vier Jahren nicht nur eine Cricket-Abteilung ins Leben gerufen, sondern er leitet diese auch mit großen Ambitionen. Wenn de Silva über die Ziele spricht, dann benutzt er immer wieder das Wort Vision. „Wir möchten vielen Geflüchteten die Möglichkeit geben, dass sie ein Heimatgefühl bekommen“, sagt er. Cricket biete dafür die besten Voraussetzungen, weil es weltweit nach Fußball die zweitbekannteste Sportart ist. In Deutschland fristet es ein Nischendasein. Deshalb möchte er das Schlagspiel, das nicht auf Kraft und Schnelligkeit, sondern auf Geduld und taktischer Intelligenz beruht, auch hierzulande bekannter machen. „Sport allein kann nicht für die Integration sorgen“, sagt er und erzählt, dass sich auch in der multikulturellen Mannschaft immer wieder Grüppchen bilden. „Die Inder stehen beisammen, die Pakistani, die Sri Lankeser, die Bangladeshi“, zählt er auf, „nur wenn auch Deutsche mit uns in der Mannschaft Cricket spielen, dann lernen die Geflüchteten die deutsche Kultur kennen.“ In einem Workshop unter dem Motto „Wir wollen wachsen“ wurden im Jahr 2019 Strategien und Ziele erarbeitet. Neben den sozialen Medien fiel ganz bewusst auch die Entscheidung auf klassische Kommunikationswege wie Flyer und Zeitungsartikel zu setzen. „Über Facebook und ähnliche Kanäle erreicht man wieder nur diejenigen aus den klassischen Cricket-Nationen“, sagt de Silva. Für mehr Aufmerksamkeit sollen auch sportliche Erfolge sorgen. In der Bundesliga spielt sowohl ein Männer- als auch ein Frauen-Team. Bundesweites Netzwerk soll Cricket bekannter machen Zur Steigerung der Bekanntheit von Cricket soll auch das bundesweite Cricket-Netzwerk beitragen. Darin arbeiten die Mitarbeitenden des Bundes-Projektes „Integration durch Sport“ (IdS) aller Landessportbünde, der Deutsche Cricket-Bund (DCB) und die Landesverbände sowie die Vereine bzw. Abteilungen zusammen. Zu einem ersten Interessen- und Erfahrungsaustausch haben sich die hauptamtlichen IdS-Mitarbeitenden Ende Juni an der Sportschule Ruit getroffen. Im Herbst oder spätestens im Frühjahr soll das nächste Treffen mit Vertretern des DCB und interessierter Vereine erfolgen. Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium des Innern für Bau und Heimat, in Baden-Württemberg erfolgt die Betreuung durch den WLSB in Kooperation mit dem Landessportverband (LSVBW). Potenzielle Interessenten gibt es viele. Laura Bartsch, IdS-Mitarbeiterin in der WLSB Geschäftsstelle, zählt einige Beispiele auf: „Bei ZF in Friedrichshafen haben sich viele Mitarbeiter zusammengeschlossen, um Cricket zu spielen.“ Auch an den verschiedenen Universitäten würde das Schlagspiel ausgeübt. Das Ziel sei es, so Bartsch, diese lokalen Aktivitäten in den organisierten Sport zu integrieren. Cricket-at-home hat den Lockdown überbrückt Beim TV Pflugfelden ist man mit dem Erfolg zufrieden. Etwa 80 Mitglieder zählt die Cricket-Abteilung. Über begeisterte Eltern und Mund-zu-Mund-Propaganda kommen in der Zwischenzeit so viele Kinder ins Training, dass eine Mannschaft zum Spielbetrieb angemeldet werden konnte. Deren Interesse ist auch während der Übungspause durch die Corona-Pandemie nicht verloren gegangen. Verantwortlich dafür war auch das Programm Cricket-at-home. „Wir haben ein kreatives Team“, lobt de Silva seine Mitstreiter, „die denken manchmal völlig quer.“ Heraus kamen immer wieder kleine Wettbewerbe, zum Beispiel wer wie lange den Ball mit dem Schläger in der Luft halten kann. Oder per Video wurden die Regeln erklärt und danach abgefragt. „So haben wir über all die Wochen Cricket

wachgehalten“, freut sich der Abteilungsleiter. Und weitere Schritte für die erfolgreiche Integration von Menschen aus verschiedenen Kulturen gesorgt.

Klaus-Eckhard Jost


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