Zaker Ahmadi – ein Beispiel erfolgreicher Integration

Stellen Sie sich vor, Sie müssten mit zehn Jahren aus ihrer Heimat fliehen, weil ihr Vater dort aufgrund seines Glaubens von Extremisten ermordet wurde und Sie der Nächste sein könnten. Eine schreckliche Vorstellung, die für den jungen Zaker Ahmadi leider zur Realität wurde. So musste der junge Afghane seine Familie zurücklassen und eine beschwerliche Reise durch zahlreiche fremde Länder antreten. Heute lebt der mittlerweile 23-Jährige in Homburg, steht auf eigenen Beinen, beherrscht die deutsche Sprache und engagiert sich als Jugendtrainer für den LC DJK Erbach. Doch wie kam es dazu?

2016 berichtete Zaker in einem Interview mit Tina Klinkner von seiner Odyssee. Zunächst floh er nach Pakistan, worauf dann vier Jahre im Iran folgten. Anschließend ging es weiter in die Türkei, von wo aus Ahmadi nach Griechenland reiste. Dort lebte der junge Afghane ein Jahr lang. Doch zur Schule gehen konnte der damals 15-Jährige in dieser Zeit nicht. „Ich lebte ein Jahr und zwei Monate in Griechenland. Dort war es sehr hart. Dort hatte ich manchmal nicht einmal Geld, um mir etwas zu Essen zu kaufen, und auch die Weiterreise kostete viel Geld. Das war eine sehr schwere Zeit. Von dort habe ich es aber irgendwie geschafft, weiterzukommen und ich bin sehr froh, dass ich jetzt alles hinter mir habe, es geschafft habe und hier bin.“

Als Zaker sich die Weiterreise endlich finanzieren konnte, machte er sich nach Italien auf. Ein Onkel aus Norwegen schickte ihm Geld, damit er mit dem Zug über Frankreich und Deutschland zu ihm reisen konnte. Doch so weit kam es nicht. „Ich wollte weiter und habe mir ein Ticket von Paris nach Hamburg gekauft. Hier an der Grenze zwischen Deutschland und Frankreich kam dann aber die Polizei und fragte nach meinem Pass. Ich musste dann leider zugeben, dass ich keinen hatte. Dann haben sie mich nach Völklingen ins Clearinghaus gebracht und wenig später landete ich dann im Christlichen Jugenddorf in Homburg.“

So lebt der junge Afghane seit 2012 im saarländischen Homburg. Über seine damalige Betreuerin entstand dann schließlich auch der Kontakt zum LC DJK Erbach, welcher eine elementare Rolle für Zakers persönliche Entwicklung spielte. Unser Stützpunktverein integrierte den „Neuankömmling“ sofort, wodurch Ahmadi nicht nur seine Leidenschaft zum Sport entdeckte, sondern auch schnell Kontakte knüpfte. Darüber hinaus leistete der LC DJK Erbach aber noch viel mehr. So äußerte Zaker: „Ich habe durch den Verein viele gute Leute kennengelernt, die mir geholfen haben, wenn ich irgendwelche Probleme hatte. Sie helfen immer gerne. Zum Beispiel Frau Becker. Sie sagte zu mir, wenn ich irgendwann mal irgendwelche Probleme habe, kann ich jederzeit zu ihr kommen. Zum Beispiel hat sie mir sehr dabei geholfen, meine Mittlere Reife zu absolvieren und eine Ausbildungsstelle zu finden.“ Durch das Engagement der Vereinsmitglieder konnte Zaker schließlich direkt nach der Schule eine Ausbildung bei der Firma Theiss beginnen.

Heute steht der ehemalige Flüchtling mit seinen dreiundzwanzig Jahren also dank der Hilfe seines Vereins auf eigenen Beinen. Doch der Sport hat noch eine ganz andere Bedeutung für Ahmadi: „Sport bedeutet sehr viel für mich. Wenn ich manchmal – also ich wohne hier in Deutschland jetzt allein, ohne meine Familie und wenn ich z.B. höre, dass jemand aus meiner Familie krank ist oder Probleme hat, gehe ich laufen und mein Kopf und meine Gedanken werden frei. Das bedeutet mir sehr viel. Und hier das Jugendtraining zu leiten macht mir sehr viel Spaß. So lerne ich auch schneller von den Anderen Deutsch.“

Zaker konnte sich hier in Deutschland gut integrieren und betrachtet unser kleines Saarland mittlerweile als seine „zweite Heimat“, welche er sogar vermisst, wenn er mal in Urlaub ist. Allerdings machte er auch deutlich, dass „Heimat“ für ihn eigentlich der Ort ist, an dem sich seine Familie aufhält. So ist es nicht verwunderlich, dass ihn die Sorge um seine Familienangehörigen, welche er in seinem Heimatland zurücklassen musste, stetig begleitet. „Ja, ich habe Kontakt zu meiner Familie. Aber bei uns in Afghanistan wird die Lage immer schlimmer. Vorher gab es nur Probleme mit den Taliban und jetzt kommt aber mittlerweile noch der IS dazu. In Afghanistan gibt es zwei verschiedene, also Islam ist Islam, aber es gibt zwei verschiedene Glaubensrichtungen, so wie evangelisch und katholisch. Und wir sind zum Beispiel Schiiten und der IS ist besonders für uns sehr gefährlich. Deswegen bekommt meine Familie auch Unterstützung von mir und von unserem Dorf und ist in die Hauptstadt Kabul gezogen. Denn dort, wo wir herkommen, ist die Lage noch sehr gefährlich. Dort ist noch Krieg. Und ja, wir telefonieren viel, fast jede Woche.“

Umso wichtiger, sind Zaker seine Freunde, die er durch das Training beim LC DJK Erbach gewonnen hat. Sie geben ihm nicht nur halt, wenn er Sorgen oder Probleme hat, sondern unterstützen ihn auch bei der Erfüllung seiner Ziele. Zu Zakers Lieblingsdisziplinen gehören unter anderem der 5km und der 10 km Lauf. Sein Ziel ist es, in naher Zukunft auch mal an einem Marathon teilzunehmen. Dafür trainierte er in den letzten Jahren sehr hart mit seinen Freunden aus dem Verein. Doch seine Ziele liegen nicht nur im sportlichen Bereich. Auch was seine berufliche Zukunft angeht, hat Ahmadi einen Traum: „Mein Traum ist es einmal Polizist zu werden. Ich habe in meinem Leben viele Ungerechtigkeiten erlebet und möchte dazu beitragen, diese in meiner neuen Umgebung zu vermeiden. Man merkt aber auf jeden Fall den Unterschied zwischen einer Demokratie und einer Regierung wie bei uns in Afghanistan. Hier kann man alles machen, was man will. Aber bei uns ist das ganz anders. Das kann man eigentlich gar nicht vergleichen. Ich schätze das hier sehr.“