"Im Sport ist es nicht so wichtig, welche Sprache man spricht", Interview mit Mithat Demirel

Der Basketball-Profi und Sohn türkischer Berliner berichtet über seinen Weg zum Sport, die Bedeutung von Sprache und sein Selbstverständnis als Berliner. Demirel wurde 1978 in Berlin geboren und spielt seit 1997 bei der Bundesliga Mannschaft ALBA Berlin, mit der er fünf Mal Deutscher Meister wurde. 2002 erreichte er die Bronzemedaille bei den Weltmeisterschaften.

Wie sind Sie zum Sport gekommen? Und warum haben Sie sich gerade für Basketball entschieden?

 

Demirel: Ich war wie jedes Kind und habe gerne Sport getrieben. Zuerst habe ich Fußball gespielt,  dann bin ich mit meinem Bruder zum Basketball mitgegangen, wo ich hängen geblieben bin.

 

Wollten Sie schon immer Profi werden?

 

Demirel: Als ich mit Basketball angefangen habe, hatte ich keine Vorstellungen über meine Karriere. Profi zu werden war eher ein Traum, der mir sehr entfernt erschien.

 

Welche Ziele haben Sie sich als Profi vorgenommen? Für die Saison 2004/2005 und für ihre Karriere?

 

Demirel: Da ich ein schwieriges Verletzungsjahr hinter mir habe, ist das wichtigste für mich erst einmal, gesund zu bleiben. Natürlich möchte ich erfolgreich mit ALBA Berlin spielen und hoffe auch, dass es mit der Nationalmannschaft wieder aufwärts geht. Ein Traum wäre sicherlich, einmal in der NBA zu spielen.

 

"Im Sport ist es nicht so wichtig, welche Sprache man spricht. Da kommt es vor allem darauf an, dass alle die gleichen Ziele verfolgen und sich aufeinander verlassen können."

 

Sie sind in der Saison 1999/2000 in die Türkei zu Ovak Renault Bursa gewechselt. Sind Sie bewusst in die Türkei gegangen, um ihre Wurzeln kennen zu lernen?

 

Demirel: Damals gab es in der Türkei eine sehr gute Liga, die hat mich vor allem gereizt. Aber natürlich spielte es auch eine Rolle, dass meine Eltern aus der Türkei kommen und ich die Sprache beherrsche.

 

Wie wurden Sie in der Türkei im Team aufgenommen? Als Deutscher oder als Türke?

 

Demirel: Als Türke wurde ich dort nicht aufgenommen. Ich war dort der Deutsch-Türke.

 

Sie kehrten bereits nach einem halben Jahr wieder zurück. Warum sind Sie so schnell zurückgekommen?

 

Demirel: Das hatte sportliche Gründe. Es lief in der Türkei für mich nicht so gut. Ich saß viel auf der Ersatzbank und konnte zuwenig spielen. Diesen Zustand wollte ich ändern.

 

Fühlen Sie sich mehr als Deutscher oder als Türke?

 

Demirel: Weder noch. Ich fühle mich vor allem als Berliner.

 

Inwiefern wurde Ihre sportliche Karriere durch ihre Herkunft beeinflusst?

 

Demirel: Ich hatte nie Sprachprobleme, da ich Deutsch als erste Sprache gelernt habe. Ich spreche besser Deutsch als Türkisch, das hat meinen Weg sehr erleichtert.

 

Welchen Stellenwert haben Ihrer Meinung nach Sport und Vereine im Hinblick auf die Integration von Zuwanderern?

 

Demirel: Im Sport ist es nicht so wichtig, welche Sprache man spricht. Da kommt es vor allem darauf an, dass alle die gleichen Ziele verfolgen und sich aufeinander verlassen können. Sport ist für Ausländer ein gutes Mittel, ihre Probleme, die sie mit der Sprache und in einem fremden Land haben, für einen Augenblick fallen zu lassen. Sie gehören dann trotzdem zur Mannschaft. Dennoch denke ich, dass das Beherrschen der deutschen Sprache sehr wichtig für die Integration ist.

 

Sind Sie der Meinung, dass es mehr Initiativen geben müsste, um Zuwanderern den Zugang zu Vereinen zu erleichtern?

 

Demirel: Ich glaube, dass es vielen Zuwanderern das Leben und die Integration erleichtern würde, wenn sie einen deutschen Pass bekommen würden. Ich musste bis zu meinem 16. Lebensjahr warten, bis ich einen deutschen Pass bekommen habe. Und den habe ich auch nur auf Grund meiner Zugehörigkeit zur Nationalmannschaft bekommen. Davor hatte ich viele Probleme und musste z. B. bei Klassenreisen Visa beantragen. Ansonsten denke ich, dass das Erlernen der deutschen Sprache das Wichtigste für Aussiedler ist.

 

Hat es für Sie - abgesehen von der Staatsbürgerschaft - jemals eine Rolle gespielt, dass ihre Familie aus der Türkei kommt?

 

Demirel: Nein, überhaupt nicht. Zumal ich es als etwas ganz besonderes empfinde, in einer Stadt wie Berlin zu leben, in der ganz unterschiedliche Kulturen zusammenkommen.