Eine länderspezifische Auswertung des Evaluationsberichtes „Integration durch Sport“ bietet vielfältige Vorteile

Diplom-Soziologin Tina Nobis
Diplom-Soziologin Tina Nobis

Das Programm der DOSB und seiner Landessportbünde „Integration durch Sport“ wurde in 2009 20 Jahre alt. Rechtzeitig zu diesem Jubiläum wurde es erstmals intensiver wissenschaftlich untersucht. Die Ergebnisse des Evaluationsberichtes liegen seit einiger Zeit vor. Jüngst wurden die Erkenntnisse von der Diplom-Soziologin Tina Nobis von der Abteilung Sportsoziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin auf Regionalkonferenzen vorgestellt. In einem Interview erklärt sie die Hintergründe.

Frau Nobis, wer wurde für die wissenschaftliche Untersuchung befragt?

Bei der vom Bundesministerium des Innern und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Auftrag gegebenen Evaluation des Programms „Integration durch Sport“ handelt es sich um eine umfangreiche Studie, die unter der Leitung von Prof. Baur (Universität Potsdam) und Prof. Burrmann (Technische Universität Dortmund) von April 2007 bis April 2009 durchgeführt wurde. Zum einen wurden Interviews mit den Landeskoordinatoren der 16 Bundesländer geführt, die für die Umsetzung des Programms auf Länderebene verantwortlich zeichnen. Zum anderen wurden insgesamt über 900 Vertreter der an dem Programm beteiligten Sportvereine – so genannte Stützpunktvereine – befragt. Die differenzierten und detaillierten Ergebnisse dieser Datenerhebung und -auswertung finden sich in dem 2009 veröffentlichten Abschlussbericht.

Welche Ergebnisse hat der Bericht im Wesentlichen geliefert?

Auf der Grundlage des umfangreichen Datenmaterials konnte die Evaluationsgruppe nicht nur zukünftige Herausforderungen benennen, sondern auch auf die besonderen Verdienste des Programms „Integration durch Sport“ aufmerksam machen. Um nur einige Eckdaten zu nennen: Allein in den rund 2000 Sportgruppen der Stützpunktvereine, die im Rahmen des Programms gefördert werden, treiben schätzungsweise 38 000 Personen Sport und etwas mehr als die Hälfte dieser Teilnehmer haben einen Migrationshintergrund. Hinzu kommt, dass neben den regelmäßig stattfindenden Übungs- und Trainingseinheiten in dem weit überwiegenden Anteil der Sportgruppen auch gesellige Aktivitäten stattfinden, die Gelegenheiten für den Aufbau von sozialen Interaktionen bieten. Bemerkenswert sind auch die ausgesprochen hohe Kooperationsfreudigkeit der Stützpunktvereine sowie die Vielzahl an weiteren Unterstützungsleistungen, die über die Vereine erbracht werden. Solche Unterstützungsleistungen reichen von der Hilfe bei der Suche nach einem Ausbildungs- oder Arbeitsplatz über die Begleitung bei Behördengängen bis hin zur Hausaufgabenbetreuung und indizieren eine ausgesprochen engagierte Arbeit der Stützpunktvereine.

Die Ergebnisse haben Sie jüngst auf Regionalkonferenzen, z.B. in Nordrhein-Westfalen, dargestellt. Was war das Ziel dieser Präsentation?

Über die Regionalkonferenzen, an denen Vertreter der Kreis- und Stadtsportbünde und Vereinsmitglieder teilnahmen, konnten wir die Ergebnisse der Evaluation „an die Basis“ zurückspielen und den Programmbeteiligten eine direkte Rückmeldung über die Erfolge ihrer Integrationsarbeit geben. Wir konnten einerseits Anregungen für die zukünftige Arbeit in den Stützpunktvereinen geben, andererseits aber auch die zahlreichen Kommentare und Diskussionsinputs der anwesenden „Praktiker der Integrationsarbeit“ aufnehmen.

Nordrhein-Westfalen strebt als bislang einziges Bundesland eine länderspezifische Auswertung an. Welche Vorteile einer solchen Analyse des Evaluationsberichts bieten sich auch anderen Bundesländern?

Viel versprechend sind solcherlei Analysen vor allem deshalb, weil bereits die Interviews mit den Landeskoordinatoren gezeigt haben, dass das Programm „Integration durch Sport“ sehr vielfältig ausgerichtet ist. Länderspezifische oder regionale Auswertungen, die von Frau Prof. Ulrike Burrmann koordiniert und u.a. mit mir gemeinsam durchgeführt werden, bieten mehr: Sie berücksichtigen unter anderem regionale Besonderheiten wie beispielsweise den Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund oder die Infrastruktur in den jeweiligen Bundesländern. Und letztlich bieten sich solche bundesländerspezifischen Analysen auch deshalb an, weil die Landeskoordinationen hier sehr konkrete Themen absprechen können, die für die spezifische Programmausgestaltung in ihrem Bundesland von besonderem Interesse sind. Die auf dieser Grundlage gewonnenen Ergebnisse können sie dann direkt an die Vertreter der Stützpunktvereine weiter- bzw. zurückspielen.


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