Basketball bis kurz vor Mitternacht
Kostenfrei, spaßig, bunt gemischt: Wie die HNT immer freitags den Stadtteil in Bewegung bringt und neue Mitglieder ködert

11.07.2025
Von Frank Heike (Text) und Frank Molter (Fotos)
Im Laufe des Abends kommen einige Sätze aus ihrem Mund, die im Lehrbuch für Integration stehen könnten. „Wenn es ein gutes Angebot ist, kommen die Leute angeflogen.“ Oder: „Ein guter Flyer braucht nicht viele Worte.“ Oder: „Wo es nichts gibt, wird sich nichts entwickeln.“
Im Falle der Hausbruch-Neugrabener Turnerschaft (HNT) von 1911 e.V. steht auf dem Werbepapier (und in der Netz-Version) wirklich nicht viel. Nur: „Late Night Basketball. Just come and join in. Everybody can participate. For free.“ Dazu Ort und Zeit. Anfangs ging Indre Sereikyte noch in die Flüchtlingsunterkünfte in Neugraben und Neu-Wulmstorf und steckte die Flyer in die dortigen Briefkästen. Inzwischen hat Mundpropaganda ihre Arbeit übernommen.
Man merkt der langjährigen Integrationsbeauftragten der HNT an, wie stolz sie auf „ihr“ Angebot ist – denn auch an diesem Abend spielen 15 Menschen Basketball in der kleinen Halle am Opferberg; die Zeit von 20 bis 22 Uhr empfinden sie als ideal.
„Wir haben viele Nationalitäten“, sagt sie, „derzeit kommen viele aus der Ukraine. Es gab zuerst eine Facebook-Gruppe der Teilnehmenden. Dann wurden die Informationen weitergeleitet und kamen bei den Menschen an. Jetzt suchen wir eine größere Halle, denn diese hier platzt aus allen Nähten. 2026 sollen die Teilnehmenden einen kleinen Beitrag zahlen.“
Das wird als „integrativer Beitrag“ zunächst der geringe für Passiv-Mitglieder sein. Auf Sicht möchte sich das Late-Night-Angebot davon einen eigenen Trainer leisten. Bisher trägt der HSB mit seinem Programm „Integration durch Sport“ die Kosten.
Indre und Übungsleiter Denny Wong haben also klare Ziele vor Augen. Indre hat ihn Anfang des Jahres auf einem Stadtteilfest getroffen. Indre warb für ihr Angebot und fing Denny ein. Er sagt fröhlich: „Eigentlich bin ich Leichtathlet.“ Denny, gebürtig aus Hongkong, wohnhaft gleich um die Ecke, macht es Spaß: Das Anleiten, aber auch das Mitspielen – die ganze Sache findet auf der Basis von Gemeinschaft statt. Wenn sich nicht genügend Menschen einfinden, wird auf einen Korb gespielt. Das ist selten. 40 bis 50 Personen gehören dazu, organisiert in einer Whatsapp-Gruppe. Manche kommen immer. Andere nur alle paar Wochen.
Wer sich messen will, Körbe zählen, Punkt-Spiele machen, Tabellen ausschneiden: der oder die ist hier falsch. „Wer das will, den lotse ich rüber zu unserer Basketball-Abteilung. Dort gibt es richtiges Training. Aber ich mache das auch, weil die Leute dann wissen: da gibt es einen Verein! Wenn sie uns kennen, werden sie sich und ihre Kinder anmelden“, sagt Indre Sereikyte.
Oft bekommt sie Fragen von Hinzugekommenen wie: was denn der elfjährige Sohn in Neugraben an Sport machen könne? Hier sieht sie ein Versäumnis der Schulen, die zu wenig über das sportliche und gesellschaftliche Umfeld im Viertel berichten. „Die Eltern in Deutschland müssen sich selbst kümmern“, ist ihre Erkenntnis. Davon seien viele Zugewanderte überfordert. Deswegen ist sie so rührig und wirbt, wo sie kann, für die Aktivitäten der HNT: „Ich werde auch angerufen und von Fremden gefragt, was man hier bei uns machen kann.“ Innerhalb des Vereins und in der Basketballabteilung, die Indre leitet (sie ist auch als Schiedsrichterin aktiv) gebe es für das Late Night-Basketball nur Zuspruch.
In den beiden Jahren, in denen es das späte Spielen am Opferberg gibt (es existierte ein Vorläuferangebot, das aber eingestellt wurde), sind zwar wenige Erwachsene zahlende Mitglieder geworden, aber viele ihrer Kinder, berichtet Indre. Was sie hervorhebt: „Viele werden überhaupt erst hellhörig, weil das Angebot kostenlos ist. Wenn sie in der Halle sind, ist alles gut.“ Indre und ihr Sohn sind fast jeden Freitagabend dabei. Sie hat klare Vorstellungen, welche Sprache hier zur Anwendung kommt: „Sport braucht nicht viele Worte. Es ist Integration, wenn Deutsch gesprochen wird. Wir wollen keine Parallelgesellschaft.“