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Gemeinsam gegen Diskriminierung!

Spannende Impulse, inspirierende Persönlichkeiten und praxisnahe Workshops beim Fachtag Vielfalt. Referent Younis Kamil im Interview

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

11.12.2024

„Diversität ist kein Selbstläufer“, sagt Younis Kamil, Doktorand Vrije Universiteit Brussels und Referent für das DFB-Projekt „Fußball vereint gegen Rassismus“. Beim WLSB-Fachtag
„Vielfalt gewinnt – gemeinsam mehr bewegen!“ am 22. Februar 2025 im SpOrt Stuttgart hält er einen Impulsvortrag und leitet außerdem einen von sieben Workshops. Im Interview mit SPORT in BW teilt er vorab seine Erfahrungen mit dem Thema (Anti-)Diskriminierung.

Herr Kamil, welche Schulnote würden Sie dem vereinsorganisierten (Breiten-) Sport im Thema Antidiskriminierung geben?
Ich würde eine 4+ geben – aus zwei Gründen. Der eine ist persönlicher Natur. 4+ war die Note, die ich in meiner Schulzeit am meisten gehasst habe. Insbesondere dann, wenn der Zusatz kam: „Ich gebe dir mal die 4+, weil ich möchte, dass du dich noch mehr anstrengst.“ Tatsächlich hat es mich dann auch motiviert, es der Lehrkraft zu zeigen. Der zweite Grund ist, dass ich zwar sehe, dass derzeit schon einiges für den Themenbereich Anti- Diskriminierung gemacht wird, aber nicht so viel, dass wir sagen können, dass es „befriedigend“ ist. Insbesondere, wenn wir uns der gesellschaftlichen Relevanz des Themas bewusst werden.

Haben Sie den Eindruck, dass häufig etwas gemacht wird, weil es gerade politisch gewollt ist? 
Das ist richtig. Warum wir es tun MÜSSEN, dafür fehlt mir an vielen Stellen das Bewusst- sein. Und wenn es die Organisationen und die umsetzenden Personen nicht mal genau wissen, woher sollen dann die Sportler*innen an der Basis wissen, warum sie sich jetzt auch noch mit diesem Thema auseinandersetzen müssen. Es ist ein bisschen wie beim Klimawandel: Wenn wir nicht die ganzen Zahlen,
Daten und Fakten aus der Wissenschaft kennen würden, dann würden wir nicht erkennen, dass uns eine große Katastrophe bevorsteht, sondern würden jede Naturkatastrophe als Einzelfall betrachten. Wir müssen verstehen, dass eine immer diverser werdende Gesellschaft neue Herausforderungen zu lösen hat und dass das Scheitern an diesen Herausforderungen weitreichende Konsequenzen für den gesellschaftlichen Frieden mit sich bringt.

Werden Sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit im Verein mit Diskriminierung konfrontiert?
Na klar. Woche für Woche erlebe ich auf Sportplätzen, in meinem Fall Fußballplätzen, dass Ausgrenzung, ob bewusst oder unbewusst, stattfindet. Benachteiligung und gegenseitige Diskriminierung durch unbewusste Vorurteile der Beteiligten, egal ob Schiedsrichter*innen, Zuschauer*innen, Spieler*innen oder durch Sportgerichte finden immer statt. Wir brauchen hier dringend mehr Bewusstsein und Sensibilität, sonst laufen wir Gefahr, dass gesellschaftliche Konflikte sich im Sport entzünden. Ich möchte aber auch betonen, dass nicht alle Sportarten die gleichen Herausforderungen haben: Fuß- ball hat mit anderen Herausforderungen einer superdiversen Gesellschaft zu kämpfen als Hockey.

Wenn Sie Vorstand eines Sportvereins wären, welche präventiven Maßnahmen im Bereich Antidiskriminierung würden Sie als erstes um-setzen?
Gut, dass ich Vorsitzender eines Sportvereins bin und diese Frage nicht im Konjunktiv beantworten muss, sondern aus unserer Praxis heraus. Wir haben eine eindeutige und klare Außen- und Innenkommunikation, dass Rassismus und Diskriminierung keinen Platz haben. Das kannst du nicht übersehen, wenn du bei uns Mitglied wirst. Damit das alles aber kein zahnloser Tiger ist, haben wir Personen bei uns im Verein, die sich darum kümmern, wenn jemand von uns von Rassismus betroffen ist. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass es bei uns intern zu solchen Vorfällen kommen wird, und haben auch dafür klare Prozesse und sind da komplett konsequent.

Was ist aus Ihrer Sicht wichtig, wenn ich einen diskriminierenden Vorfall im Verein beobachte? 
Das Wichtigste ist erst mal, die betroffene Person zu sehen und sich nicht sofort auf den Täter zu stürzen. Sicherheit schaffen, Solidarität zeigen und der Person im wahrsten Sinne des Wortes „beistehen“. Das ist schon mal die halbe Miete. Im zweiten Schritt geht es dann um das Wiederherstellen von Gerechtigkeit. Das kann von einer Entschuldigung bis hin zum Ausschluss des Täters aus dem Verein reichen. Das Wichtigste ist aber immer, dass das Opfer nicht allein- gelassen wird. Das macht am meisten aus.

Das Gespräch führte SuG

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