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„Integration ist ein Teil unserer DNA“

Rose Schaal von der SV Böblingen möchte weniger privilegierten Menschen zur Seite stehen – durch Sportangebote im Verein und darüber hinaus.

von Carmen Freda-Koch

21.10.2025

Die Sportvereinigung Böblingen geht mit gutem Beispiel in Sachen Integrationsarbeit voran und arbeitet dabei eng mit verschiedenen Netzwerkpartnern zusammen. Rose Schaal ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied. Seit vielen Jahren und Jahrzehnten engagiert sie sich ehrenamtlich für ihren Verein – früher als stellvertretende Abteilungsleitung der Schwimmabteilung sowie als Kampfrichterin auf regionaler und nationaler Ebene. Seit einigen Jahren ist die 74-jährige nun im Vorstand und hier besonders in der Integrationsarbeit aktiv, weil es ihr ein echtes Anliegen ist, wie sie im Interview berichtet.

Frau Schaal, wann und wie hat die SV Böblingen den Einstieg ins Thema „Integration im und durch Sport“ gemacht?
Das Themenfeld ist ein Teil unserer DNA. Integration findet seit Jahrzehnten bereits völlig selbstverständlich statt. Wir sehen das als soziale Aufgabe, den Zusammenhalt durch Sport zu stärken. Sportvereine bringen ganz unterschiedliche Menschen in Kontakt, nicht nur die SVB, sondern sehr viele Vereine. Seit 2015 ist das Thema natürlich noch mehr in die Öffentlichkeit gerückt. Auch hier haben wir kräftig mit angepackt.

Für welches Alter und welche Zielgruppen werden aktuell Angebote bei der SV Böblingen gemacht?
Unser Ansatz ist es, nicht separate Angebote für Geflüchtete zu machen, sondern möglichst integriert in das übrige Vereinsleben. Nur so können Kontakte entstehen und man lernt sich gegenseitig kennen. Ein größerer Teil der neuen Vereinsmitglieder sind junge Männer. Das liegt am Fluchtverhalten insgesamt. Sie nehmen die gefährliche Flucht häufiger auf sich als ganze Familien.

Welche Sportarten und Abteilungen sind hier beteiligt?
Das ist bei uns sehr breit aufgestellt. Ein Schwerpunkt liegt auf Kampfsportarten wie Boxen, Karate oder Taekwondo. Hier kann viel gelernt werden über Fairness, Aufmerksamkeit und einen respektvollen Umgang miteinander. Aber auch zum Beispiel die Abteilungen Leichtathletik und Fußball sind mit dabei und machen Angebote.

Wie ist Integrationsarbeit bei Ihnen strukturell im Verein verankert – im Hauptverein und in den Abteilungen?
Über den Hauptverein bin ich als Vorstandsmitglied verantwortlich für die Steuerung der Integrationsarbeit. Ich bin Ansprechperson, aber auch Brückenbauerin. Man braucht ein gutes Netzwerk, unter anderem zur Stadt und zum Landkreis, wenn man wirkliche Integration schaffen möchte. Neben meinem Ehrenamt im Sportverein bin ich auch seit zehn Jahren im Café Asyl in Böblingen aktiv. Das ergänzt sich sehr gut. Mit den Abteilungen im SVB sind wir vom Vorstand regelmäßig im Austausch und besprechen, was umgesetzt werden kann. Jedem Vorstandsmitglied sind bestimmte Abteilungen zugeordnet.

Was ist Ihre persönliche Motivation, sich in dem Themenfeld zu engagieren?
Zusammen mit meinen Kindern habe ich über den Sport so viele tolle Erlebnisse gehabt. Hier werden Werte nicht nur vermittelt, sondern gelebt. Das ist für so viele andere Bereiche im Leben bereichernd. Diese Erfahrungen möchte ich gerne weitergeben. Ich bin einfach ein sozial eingestellter Mensch und möchte anderen zur Seite stehen, denen es nicht so gut geht wie uns.

Welche Projekte oder Sportangebote waren bisher am erfolgreichsten?
Rund um die Ankunft vieler Geflüchteter 2015, aber auch darüber hinaus, war unser Angebot der Boxabteilung sehr gefragt und erfolgreich. Das lag natürlich, wie so oft, am großen persönlichen Engagement von Ewald Agresz, unserem Abteilungsleiter und mittlerweile Präsidenten des SVB. Er ist da wirklich sehr aktiv und nutzt das Integrationspotential des Boxsports sehr gut. Außerdem war auch die Trainingshalle in direkter Nachbarschaft zu einer Flüchtlingsunterkunft. Das hat sicher dazu beigetragen, dass viele gekommen und dabei geblieben sind.

Welche Hürden mussten über die Zeit auch mal genommen werden?
Natürlich benötigt man in einem Verein auch Finanzen, zum Beispiel für Sportbekleidung oder Hallenmiete. Hier können wir sehr glücklich sein, dass wir viel Unterstützung erhalten haben, um Lücken zu schließen – vom WLSB, von der Stadt, aber auch von lokalen Unternehmen. So eine enge Zusammenarbeit ist wirklich nicht selbstverständlich.

Der SV Böblingen ist sogenannter Stützpunktverein beim WLSB. Welchen Mehrwert bringt das?
Die Förderung ist immer hilfreich, sie er- leichtert den Einstieg durch finanzielle Unterstützung und qualifizierte Ansprechpersonen. Ja und der Mehrwert für die Menschen und für den Verein ergibt sich doch von selbst: Wenn man in die glücklichen Gesichter schaut, weil sie sich angenommen und aufgehoben fühlen, mit dem Sport einen Anker haben, aus dem sie Selbstvertrauen schöpfen können. Das ist es auch, was mich antreibt, immer weiter zu machen und mein Bestes zu geben.

Mit welchen Netzwerkpartnern arbeitet die SVB in der Integrationsarbeit zusammen?
Hier möchte ich drei besonders hervorheben, die ich auch schon genannt habe: Die Stadt Böblingen, das Café Asyl und den WLSB. Mit der Stadt besteht eine sehr enge Partnerschaft auf Augenhöhe, das ist schon etwas Besonderes. Über das Café Asyl finden viele Gespräche und Alltagshilfen statt. Auch die Anknüpfungspunkte zum Sport werden hier vermittelt. Aber auch der WLSB mit den Fördermitteln und vor allem mit der Beratung ist für uns wertvoll. Allen dreien gilt ein besonderer Dank vom ganzen SVB.

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