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Integration und berufliche Perspektiven durch Sport

Interkulturelle Vielfalt prägt den Alltag des TV Derendingen und birgt viel Potenzial, um nachhaltig Ehrenamtliche zu binden

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

13.12.2024

Seit mehr als 100 Jahren ist der TV Derendingen fester Bestandteil des Tübinger Vereinslebens und bringt Menschen verschiedenster Herkunft in Bewegung. Der familienfreundliche Sportverein, der Sportarten wie Basketball, Fußball, Tennis, Tischtennis und Turnen sowie Volleyball anbietet, engagiert sich seit einigen Jahren verstärkt für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Durch gezielte Programme ermöglicht er diesen Menschen den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt und bietet dabei vielfältige Möglichkeiten der beruflichen Qualifizierung und Weiterbildung.
Der TV Derendingen setzt auf ein inklusives Konzept: Über die Ausbildung als „Sport- und Fitnesskaufmann/-frau“ sowie ein Praktikumsjahr, die sogenannte Einstiegsqualifizierung (EQ), schafft der Verein praktische Berufseinstiege, die von der Industrie- und Handelskammer (IHK) zertifiziert sind. Auch Freiwilligendienste wie das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) oder der Bundesfreiwilligendienst (BFD) werden durch den Verein angeboten. Seit 2020 ist der TV Derendingen zudem ein anerkannter Stützpunktverein im Programm „Integration durch Sport“, das auf die Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund abzielt.
Win-Win-Situation für Verein und Mitarbeitende
Die Einbindung von Personal mit Zuwanderungsgeschichte erweist sich für den Verein als Gewinn: Neu zugewanderte Menschen erhalten durch die Tätigkeit beim TV Derendingen eine berufliche Perspektive in Deutschland. „Derzeit haben bei uns alle Auszubildenden und Praktikanten einen Migrationshintergrund“, berichtet Geschäftsführer Gerhard Loeschke, der selbst als „halber Engländer“ familiäre Wurzeln im Ausland hat. „Sie kommen aus dem Senegal, der Ukraine, Russland, Bosnien-Herzegowina und Uganda.“ Für den Verein bedeutet dies, dass er engagierte Mitarbeitende für die Vereinsverwaltung und die Sportstunden gewinnen kann – eine wertvolle Unterstützung, die der Verein dringend benötigt. Eine besondere Herausforderung für den TVD ist es, neue Ehrenamtliche zu gewinnen. Das liegt vor allem daran, dass die Schulen in Tübingen zumeist Ganztagsschulen sind, was die Freizeit der Kinder und Jugendlichen einschränkt. „Die Kinder kommen nicht mehr in die Vereine. Deshalb müssen wir an die Schulen gehen, um den Nachwuchs für den Sport zu begeistern“, erläutert Loeschke. Der Verein ist wöchentlich bis zu 50 Stunden an Schulen aktiv, um dort gezielt Kinder und Jugendliche anzusprechen und für den Sport zu begeistern. Dabei ist Personal mit Migrationshintergrund oft besonders geeignet, da Kinder, die selbst einen Zuwanderungshintergrund haben, sich mit ihnen besonders gut identi?zieren können.
Herausforderungen und kulturelle Bereicherung
Die Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden aus anderen Kulturkreisen bringt nicht nur Vorteile, sondern auch Herausforderungen mit sich. „Eine große Aufgabe ist es für die ausländischen Kräfte, sich an das deutsche System zu gewöhnen. Dabei spielen vor allem Pünktlichkeit und Verlässlichkeit eine Rolle“, erklärt Loeschke. Auch die Herangehensweisen an Aufgaben sind unterschiedlich: „Einige verfolgen eine eher entspannte Haltung, während andere das Programm sehr streng durchziehen.“ Die interkulturelle Vielfalt bereichert den Verein jedoch auch: Kinder finden es oft spannend, von Mitarbeitenden aus anderen Kulturen zu lernen, und auch „deutsche“ Kinder profitieren vom Austausch.
Insgesamt sieht der TV Derendingen gute Unterstützung von Stadt, Land und den Sportverbänden, auch wenn sich Geschäftsführer Loeschke noch mehr Fördermöglichkeiten wünschen würde, um die Integrationsarbeit weiter auszubauen. Er sieht aber auch die Verantwortung des Vereins, selbst aktiver auf seine Angebote aufmerksam zu machen. „Die Unterstützung ist gut, könnte aber noch besser werden. Viele Vereine könnten noch mehr in Sachen Öffentlichkeitsarbeit tun, auch der TV Derendingen“, betont Loeschke.

Text: Sebastian Klaus
 

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