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Wie Bewegung Barrieren bricht

Beim TanzSportZentrum Feuerbach setzt die Integrationsbeauftragte Anni Bork auf Tanz als Brücke für Integration

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

16.12.2024

Tanz ist eine universelle Sprache und schon bevor man sich fehlerfrei unterhalten kann, kann Kommunikation und Verbundenheit stattfinden. Sich zusammen zu bewegen, zu tanzen, zu schwitzen, zu lachen. So etwas funktioniert einfach. Und fast immer. Egal, woher die Tanzenden kommen. Diese Erfahrung hat auch Anni Bork gemacht, seit 1. August vergangenen Jahres Integrationsbeauftragte beim TanzSportZentrum Feuerbach. „Tanzen verbindet und fördert so die Integration“, sagt die Tanzpädagogin und Trainerin.
Sie hat sich bewusst für dieses Amt entschieden, weil sie mehr wollte, als nur zu unterrichten. „Ich organisiere sehr gerne, bringe etwas ins Rollen“, sagt sie. Bislang ist das TSZ vor allem im Bereich Kooperation Schule und Verein unterwegs, um auf diesem Weg Menschen mit Migrationshintergrund zu gewinnen, die in den zahlreichen Sparten des Clubs ihre Nische Finden können.


„Geflüchtete kommen selten mit Tanzen in Berührung“
Es ist ein anspruchsvoller Aufgabenkatalog, den Anni Bork zu bewältigen hat. Dieser fängt im Bereich Kindertanzen an über das Organisieren von Fördergeldern bis hin zur Hilfe bei Einbürgerungen. Zudem ist sie im Verein Ansprechpartnerin für alle Mitglieder in Bezug auf integrative Themen- und Konfliktschwerpunkte. Sie selbst kommt nicht aus dem Paartanz, sondern aus dem Ballett und Modern Dance.
Ihr aktueller Fokus liegt auf der Erarbeitung neuer Konzepte: Das Angebot soll 2025 auf Kindertagesstätten, Feriencamps und Unterkünfte für Geflüchtete ausgedehnt werden. „Gerade Geflüchtete kommen selten mit Tanzen in Berührung“, sagt die 26-Jährige. Sie will deshalb vor Ort Workshops ausrichten. Gleichzeitig will sie den Kontakt mit Kulturverbänden, freien Tanzgruppen, kirchlichen Einrichtungen oder Jugendhäusern ausbauen. Getragen wird die Arbeit auch von den Werten des TSZ und dem Credo: Tanzen ist für alle da. „Ich habe noch sehr viele Ideen – das wird eine lange Reise werden.“ Diese muss natürlich auch finanziert werden, damit die Teilnehmenden so wenig wie möglich bezahlen müssen. Das erfolgt zum Teil aus den Mitgliedsbeiträgen, Kooperationen von Schulen finanziert die Stadt Stuttgart, die Workshops werden von der Kinderstiftung unterstützt. Anni Bork steht derzeit mit weiteren Stiftungen in Kontakt, um noch mehr Gelder zu generieren, und muss dafür noch einiges an „Überzeugungsarbeit“ leisten. Sie und ihre Mitstreiter*innen helfen auch beim Ausfüllen der Anträge.

Sprachbarrieren bröckeln und Vertrauen wird aufgebaut
Integration findet beim TSZ in verschiedensten Formaten statt. Wichtig ist es, die Lebensrealität der Zielgruppe zu kennen. Dabei muss man beispielsweise Menschen aus Syrien nicht unbedingt mit Standardtänzen für das Tanzen gewinnen. „Da passt dann eher HipHop, Modern Dance und orientalischer Tanz, gerade für die Frauen“, sagt die Integrationsbeauftragte. Es sei schön zu sehen, was Tanz alles kann, wie Kinder lernen, sich auszudrücken. Gerade bei traumatisierten Geflüchteten geht es um Gefühle wie Freude, Angst, Trauer, Wut und Liebe. Auch die Sprachbarrieren bröckeln nach und nach, weil die Kinder und Jugendlichen untereinander übersetzen können. Wichtig sei es auch, zu den Eltern Vertrauen aufzubauen, Transparenz zu schaffen. „Deshalb lasse ich sie auch rein in meinen Unterricht“, sagt Bork.
Vor allem Geflüchtete aus der Ukraine, wo Tanzen einen größeren Stellenwert hat als in Deutschland, haben in Feuerbach schon eine Heimat gefunden. Auf dem Parkett geht es aber nicht nur ums Tanzen. „Hier haben die Menschen gleichzeitig die Chance, Kontakte zu knüpfen und noch besser Deutsch zu lernen“, sagt Anni Bork. Sie kann anderen Vereinen nur raten, sich zu engagieren. Auch der Verein selbst könne von der Expertise der Ankommenden profitieren. „Menschen, die schon mit dem Turniertanzen vertraut sind, können sich dann auch bei uns als Trainer*innen einbringen“, sagt Anni Bork. Damit die Integration gelingt, sei das persönliche Gespräch sehr wichtig – das gelte für die Kinder, die Eltern, die Lehrkräfte an Schulen oder die Ansprechpartner in Ge?üchteten-Einrichtungen. „Das ist für mich der Schlüssel, ich bin möglichst oft selbst vor Ort, auch wenn ich nicht selbst unterrichte.“

Text: Elke Rutschmann

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