Hoffen, Bangen, Ringen

Der Ringer Amer Ibrahim Ali vom SV Atter kämpft um sein Bleiberecht in Deutschland. Unterstützt wird er dabei vom Sportlotsen und Abteilungsleiter Ringen, Mark Dörner. Bereits seit 2016 ist der SV Atter Stützpunktverein im Rahmen des Bundesprogramms „Integration durch Sport“.

Amer Ibrahim Ali und Mark Dörner vom SV Atter, Foto: Lennart Woock
Amer Ibrahim Ali und Mark Dörner vom SV Atter, Foto: Lennart Woock

Amer Ibrahim Ali hat eine Heimat und die heißt Ringen. In dieser Sportart ist der Kurde seit Kindestagen zuhause. „Mein Vater hat mich mit 8 Jahren zum Training geschickt, damit ich lerne mich im Leben durchzukämpfen.“ Und das hat er auch bitter nötig. Denn Amer, der seit Oktober 2016 in Deutschland ist und kurz darauf beim SV Atter eintrat, ringt bis heute um sein Bleiberecht. An seiner Seite: Der Sportlotse und Abteilungsleiter der Ringer vom SV Atter, Mark Dörner. „Als ich im November 2016 gehört habe, dass Amer zurück in den Irak abgeschoben werden soll, konnte ich es nicht glauben. Wir waren alle komplett in Schockstarre. Doch dann habe ich mich berappelt und eine Petition ins Leben gerufen, die bis heute mehr als 28.000 Menschen unterzeichnet haben.“

Trainer und Tröster

Amer ist mittendrin im Verein – und Trainer und Tröster in Personalunion. „Beim Kindertraining leiste ich vor allem pädagogische Arbeit“ so der Kurde. „Ich motiviere die Kinder weiterzumachen, auch, wenn es mal nicht so gut läuft. Beim Training der Jugendlichen und Erwachsenen ist die Eigenmotivation höher, da geht es natürlich vor allem ums sportlich-technische“. Für Dörner war von Anfang an klar, dass Amer ein echter Glücksgriff für den Verein ist. „Ich weiß noch wie Amer das erste Mal beim Training vorbeikam und uns alle umgehauen hat. Ich konnte ihm absolut nichts mehr beibringen. Im Gegenteil. “ Dörner der bis dato Trainer war, gab seinen Platz frei und agiert seitdem im Hintergrund. „Er ist hier der absolute Chef im Ring und ich bin für das organisatorische unserer Abteilung zuständig. Amer ist kein Hobbyringer, sondern Vollprofi. Er war in seiner Jugend Vizeweltmeister im Ringen und später dann Teil des Trainerstabs der Nationalmannschaften des Iran und von Aserbaidschan“, so der Sportlotse. Diese Erfahrung gepaart mit seiner pädagogischen Kompetenz macht sich natürlich bemerkbar. So hat sich die Ringerabteilung in den letzten Jahren kontinuierlich auf 50 Mitglieder vergrößert und immer mehr Interessenten angezogen. „Selbst aus dem Raum Münster kommen welche zum Training hierher. Und das allein wegen Amer. Er ist eben eine richtige Gallionsfigur“, berichtet der Abteilungsleiter sichtlich stolz.

Der Traum vom Leistungsstützpunkt

Trotz des Lobes bleibt Amer ganz bei sich und seinem Sport. „Wenn ich beim Training bin, bin ich glücklich und kann meine Sorgen vergessen,“ so der Iraker. Vier- bis fünfmal mal wöchentlich trainiert er seine Schützlinge und begleitet sie an den Wochenenden zu Turnieren. „Für mich und viele andere ist er ein absolutes Vorbild“, so Mark. „Er musste sich seit jeher durchbeißen, wurde zwischen dem Iran und Irak hin- und hergeschoben und auch hier in Deutschland war es nicht leicht für ihn. Und doch steht er hier und gibt diesem Land so viel zurück,“ so der 49-Jährige. Deswegen steht für ihn auch fest, dass er sich weiter für Amer, dessen Akte nun bei der Härtefallkommission liegt, einsetzen wird. Denn beide eint ein Traum: „Der SV Atter soll in Sachen Ringen Leistungsstützpunkt werden,“ wünscht sich Amer. Für dieses Ziel absolviert er derzeit den C-Trainerlehrgang, dem der B-Trainerschein folgen soll.

Ringen ist in Deutschland kein Volkssport. Doch in Ländern wie dem Irak, Iran oder Russland schon. Die Teilnehmenden der Sportkurse beim SV Atter haben häufig also auch einen Migrationshintergrund. Genau wie ihr Trainer. Insofern lehrt er sie mit seiner eigenen Geschichte vor allem eins: Niemals aufzugeben und immer weiter zu kämpfen. Auch, wenn man am Boden liegt und die Lage ausweglos erscheint.


  • Amer Ibrahim Ali und Mark Dörner vom SV Atter, Foto: Lennart Woock
  • Amer Ibrahim Ali in seinem Element: Der erfahrene Ringer gibt seine Tipps und Tricks an die Jugend vom SV Atter weiter. Foto: Lennart Woock
  • Freuen sich über die professionelle Betreuung durch Amer Ibrahim Ali: Die Ringerinnen und Ringer des SV Atter. Foto: Lennart Woock