Redaktion: Herr Engelmann, Sie betonen, dass Demokratie als einzige Regierungsform gelernt werden muss. Wie spielen Sportvereine dabei eine entscheidende Rolle?
Sebastian Engelmann: Demokratie ist nicht nur ein politisches System, sondern auch eine Lebensform, die erlernt werden muss. Sportvereine bieten hier einen einzigartigen Raum für praktische Erfahrungen im Miteinander. Durch gemeinsames Training, den fairen Wettbewerb und die Mitgestaltungsmöglichkeiten innerhalb des Vereins lernen die Mitglieder, wie Demokratie funktioniert und erlebbar wird.
Redaktion: Sie sprechen von Sportvereinen als Orten der Demokratie. Könnten Sie das näher erläutern?
Sebastian Engelmann: Hier möchte ich auf die Dreiteilung von Demokratie als Herrschafts-, Gesellschafts- und Lebensform eingehen. Sportvereine wirken auf allen drei Ebenen aktiv mit. In der Vereinsstruktur erleben die Mitglieder
Selbstwirksamkeit und gestalten ihre Lebensform im Rahmen des Vereins. Gleichzeitig fördern die Vereine auch eine demokratische Gesellschaftsform, indem sie Vielfalt und Austausch ermöglichen.
Redaktion: Und ganz konkret, wie vermitteln Sportvereine, dass sie Orte der Demokratie sind?
Sebastian Engelmann: Sportvereine sind nicht nur Trainingsstätten, sondern sie können auch einen bedeutenden Beitrag zum Demokratie-Lernen leisten. Dazu gehören beispielsweise partizipative Entscheidungsprozesse bei der Vereinsführung, interkulturelle Veranstaltungen und Projekte, die die Vielfalt innerhalb des Vereins betonen, sowie gezielte Demokratie-Workshops für Mitglieder aller Altersgruppen. Es geht darum, eine demokratische Grundhaltung zu fördern und Mitglieder aktiv in den Gestaltungsprozess des Vereins einzubeziehen.
Redaktion: Vielen Dank, Herr Engelmann, für diese Einblicke in die Bedeutung von Sportvereinen für die Demokratie.
Sebastian Engelmann: Ich danke Ihnen für das Interesse. Es ist wichtig, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass Sportvereine mehr als nur Sportstätten sind – sie sind auch Orte des demokratischen Miteinanders und der Integration.
Über Sebastian Engelmann:
Jun.-Prof. Dr. Sebastian Engelmann ist Juniorprofessor für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Er lehrt und forscht in den Bereichen Reformpädagogik und Alternative Schulmodelle, Geschichte und Theorie von Bildung und Erziehung und Demokratiepädagogik. An der PHKA leitet er zudem das Certificate of Advanced Studies Demokratiebildung.
Bundesprogramm „Integration durch Sport“
Die Förderung von Zusammenhalt, Respekt und Verständigung in Sportvereinen sowie die Integration neuer Zielgruppen, ist nicht nur eine Herausforderung, sondern eine unglaubliche Chance für die Entwicklung eines Vereins. Sie stellt sicher, dass jede*r gleichermaßen am Sport teilhaben kann. Das Bundesprogramm "Integration durch Sport" (IdS) möchte die großen Potenziale der Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte und der sozial Benachteiligten als Mitglieder, freiwillig Engagierte, sportliche Talente, Übungsleiter und Vereinsfunktionäre aktivieren. IdS wird vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und seinen Mitgliedsorganisationen, den Landessportverbänden, durchgeführt. Gefördert wird das Bundesprogramm durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) sowie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
Text: BSB Nord