Therapiereiten zum Anfassen

Dem Reitsport im Allgemeinen werden viele Vorurteile nachgesagt: Teuer, elitär, versnobt, für die meisten Menschen unzugänglich.

Zwei Teilnehmerinnen auf einem Therapiepferd
Zwei Teilnehmerinnen auf einem Therapiepferd

Doch die Reitgemeinschaft Pegasus im saarländischen Fürstenhausen verkörpert das komplette Gegenteil. Sandra Bauer-Both und ihre Vereinskollegen setzen sich bereits seit Jahrzehnten dafür ein, dass die Form des Therapiereitens Barrieren beseitigt und Menschen verschiedenster Art zusammenführt. Die dafür geschulten Pferde helfen durch ihre sensible Wahrnehmung dabei, kranke bzw. behinderte Menschen zu therapieren und ihnen ein besseres Körpergefühl zu verleihen.

Denn der Reitsport ist ein wahres Ganzkörpertraining: Neben einer Stärkung der Muskulatur der unteren und oberen Extremitäten wird gleichzeitig auch die Mobilität und der Gleichgewichtssinn verbessert. Auch das Wesen der Tiere hat oftmals eine beruhigende und vertrauensbildende Wirkung auf die Patienten. So können über das therapeutische Reiten psychologische, pädagogische, rehabiliative und sozial-integrative Maßnahmen umgesetzt werden.

Als Sandra Bauer-Both von den Anfängen der Reitanlage erzählt, wird sofort deutlich wie weit die Entstehungsgeschichte zurückliegt. „Bereits mein Opa war er in der Landwirtschaft tätig. Er legte vor etwa 47 Jahren den Grundstein für meine Eltern, die mit einem Pferd und einem Fohlen begonnen hatten. Daher hatte ich schon immer einen großen Bezug zu Pferden und dem Reitsport im Speziellen. Vor etwa siebzehn Jahren begonnen wir damit, Pferde speziell auszubilden und für therapeutische Zwecke zu nutzen.“, berichtet Sandra Bauer-Both, die in ihrer Freizeit selbst reitet und als Trainerin tätig ist. Für Therapiepferde ist es besonders wichtig, dass sie geräuschunempfindlich sind und ein sensibles Empfinden für den Reiter haben. Zum Ausgleich von den Therapieeinheiten wird mit den Tieren auch Dressur trainiert und an Turnieren teilgenommen. „Uns ist es wichtig, dass es den Pferden gut geht und die Balance zwischen natürlichem Auslauf, Therapie und sportlicher Ausbildung bewahrt wird“, betont Bauer-Both.

Die idyllisch gelegene Reitanlage in Fürstenhausen wird aus eigener Kraft von der Familie Bauer-Both, Vorstandsmitgliedern und ehrenamtlichen Helfern nach und nach ausgebaut und erweitert. Um den landwirtschaftlichen Betrieb abzurunden, werden auf dem im Wald gelegenen Stall sogar Schweine und Rinder gehalten, was dem Ganzen einen sympathischen Charme verleiht.

Bei einem Besuch auf dem Gelände trifft man häufig die 33-jährige Nicole an, die bereits seit etwa achtzehn Jahren beim RG Pegasus in Behandlung ist. Nicole ist mehrfach schwerstbehindert. Durch einen Virus, der die Gehirnfunktionen schädigte, ist sie seit dem frühen Kindesalter körperlich stark geschwächt. Bevor sie mit der Therapie vor achtzehn Jahren begann, konnte Nicole weder aufrecht stehen noch laufen. Mit Hilfe des regelmäßigen Trainings, der individuellen Betreuung durch die Vereinstherapeuten und des Kampfgeistes der Patientin ist etwas nahezu Unglaubliches möglich geworden: Ihr Gleichgewicht ist so gut geworden, dass die nun aufrecht stehen und mit einer Gehhilfe selbstständig laufen kann. Auch Sandra Bauer-Both, die seit Beginn der Behandlung involviert ist, kommt aus dem Schwärmen nicht mehr heraus: „Normalerweise ist es so, dass bei diesen Behinderungen ab einem gewissen Zeitpunkt die Weiterentwicklung stagniert. Doch Nicole ist das beste Beispiel dafür, dass es auch Ausnahmen gibt! Noch nach achtzehn Jahren macht sie stetig Fortschritte und wird körperlich stärker!“

Seit diesem Jahr ist die RG Pegasus Stützpunktverein bei „Integration durch Sport“. Wir freuen uns sehr auf die gemeinsamen Projekte und die zukünftige Zusammenarbeit mit diesem wirklich besonderen Verein!


  • Zwei Teilnehmerinnen auf einem Therapiepferd
  • Auf der Anlage leben neben Pferden auch Schweine und Rinder
  • Nicole bei einem Ausritt durch den Wald
  • Nach erfolgreicher Turnierpruefung