Vom Sprachkurs zum Sportverein

Im Frühjahr 2022 flüchtete Illia Povalii aus der Ukraine nach Deutschland. Seit Juli 2022 vermittelt er in Hannover Sprachkursteilnehmende in Sportvereine. Die Idee geht auf die Sozialpädagogin Celina Scheffler zurück. Im Interview schauen beide auf die Pilotphase des Projekts „Sprache und Sport“ zurück.

Sommersportfest des ISK
Sommersportfest des ISK

LSB: Frau Scheffler, Sie arbeiten seit drei Jahren beim Institut für Sprachen und Kommunikation (ISK) in Hannover. Was ist dort Ihre Aufgabe?

Celina Scheffler: Ich bin beim ISK in der sozialpädagogischen Beratung sowie in der Projektarbeit tätig. Hauptaufgabe des ISK ist Bildungsarbeit für Migrant*innen. Pro Jahr lernen mehr als 1.500 Personen Deutsch und andere Sprachen an unseren 4 Standorten in Hannover. Zudem spielt das Thema Sport eine besonders große Rolle.

LSB: Warum sind Sie an den LSB Niedersachsen herangetreten?

Celina Scheffler: Das ISK unterstützt Migrant*innen dabei, ihre individuellen Potenziale zu entdecken und zu fördern. Integration durch Sport fördert das Gefühl der Verbundenheit und Zugehörigkeit, den spielerischen Spracherwerb und stärkt den Teamgeist. Unser Ziel ist es, unsere Teilnehmenden langfristig für Sportangebote zu begeistern. Eine zentrale Rolle spielt dabei unser Sommersportfest, bei dem wir unseren Teilnehmenden das Vereinswesen sowie Sportangebote in Hannover vorstellen. Dabei können Kontakte geknüpft und Sportarten ausprobiert werden. Im letzten Jahr waren mehr als 500 Teilnehmende beim Sportfest dabei. Neben den regulären Sprachkursen initiieren wir immer wieder Sportangebote für unsere Teilnehmenden. Da das Bundesprogramm „Integration durch Sport“ Vereine mit diesen Zielen im Bereich der Integration unterstützt, haben wir eine Anfrage zur Kooperation gestellt. Wir hofften, dadurch neben der Förderung unseres 4. Sommersportfestes im September 2022 weitere Sportprojekte im ISK etablieren zu können.

LSB: Herr Povalii, Sie engagieren sich im Projekt als Starthelfer. Wie ist es dazu gekommen?

Illia Povalii: Im Frühjahr 2022 bin ich aufgrund des Krieges aus der Ukraine geflüchtet. Seit Juli 2022 bin ich als Starthelfer für „Integration durch Sport“ geringfügig im ISK angestellt. Im ISK besuche ich auch selbst einen allgemeinen Integrationskurs. Ich unterstütze die Teilnehmenden dabei, geeignete sportliche Angebote und Vereine für sich oder ihre Kinder zu finden. Da ich selbst im Profibereich Fußball spiele, habe ich den direkten Zugang zum Thema. Dabei stelle ich auch selbst immer wieder fest, wie wichtig Sport für die gesellschaftliche Integration ist.

LSB: Wie sieht ihre Rolle als Starthelfer genau aus?

Illia Povalii: Als Starthelfer liegt meine Hauptaufgabe zurzeit in der Vermittlung zwischen Teilnehmenden und den Vereinen in Hannover. Ich helfe den Personen, geeignete Sportangebote zu finden. Zweimal die Woche biete ich unseren Teilnehmenden am Nachmittag eine offene Sprechstunde an. Dabei muss erst einmal abgestimmt werden, wann und wo Interessierte ein Angebot wahrnehmen können, welche Vorkenntnisse und Interessen sie haben. Nur so klappt es mit der langfristigen Teilnahme. Anschließend suche ich entsprechende Vereine heraus, kontaktiere sie und vereinbare ein Probetraining. Da ich selbst Sprachkursteilnehmer bin und Russisch, Ukrainisch sowie Deutsch und Englisch spreche, hat sich meine Sprechstunde zu einer Anlaufstelle für Teilnehmende mit unterschiedlichen Sportinteressen entwickelt. Meine Arbeit erfolgt dabei in enger Kooperation mit der Koordinierungsstelle für Sport und Geflüchtete in Hannover, um auf ein breites Netzwerk von Vereinskontakten zurückgreifen zu können.

LSB: Wie bewerten Sie die Pilotphase?

Celina Scheffler: Als erste Sprachschule in Niedersachsen im Programm „Integration durch Sport“ konnten wir mit Hilfe unseres vom LSB geförderten Starthelfers Illia Povalii innerhalb kürzester Zeit ein Netzwerk mit vielen Sportvereinen in der Region Hannover aufbauen. Von den Vereinen erhielten wir jedes Mal großartige Unterstützung und konnten die Teilnehmenden erfolgreich in entsprechende Angebote vermitteln. Somit spielt der Starthelfer eine zentrale Rolle, um Teilnehmende des ISK in Sportvereine zu vermitteln. Da das gut gelingt und auf diesem Wege zunehmend ein Sportbewusstsein im ISK entsteht, kann die Pilotphase als sehr erfolgreich bewertet werden.

Illia Povalli: Die Pilotphase war auf jeden Fall ein Erfolg. Nachdem ich mich in den ersten Wochen zunächst in den Sportstrukturen in Hannover zurechtfinden und Kontakte knüpfen musste, konnte ich immer wieder Teilnehmende in Sportvereine vermitteln. Die Kontakte gehen aber weiter. Mütter und Väter erkundigen sich auch nach Angeboten für ihre Kinder. Mittlerweile trainiere ich selbst eine Fußballmannschaft beim FC Hannover Stars mit ca. 15 Kindern von Sprachkursteilnehmenden.

LSB: Wie ist Ihr Ausblick auf das Jahr 2023, welche Pläne und Ziele gibt es bereits?

Illia Povalli: Auch im Jahr 2023 darf ich als Starthelfer im ISK die Vermittlungsfunktion zwischen Vereinen und Teilnehmenden einnehmen. Dabei wird der Ausbau der Zusammenarbeit mit den Vereinen intensiviert, um das Netzwerk für das ISK breiter aufzustellen. Auch das Sommersportfest wird erneut stattfinden. Wir möchten unsere Teilnehmenden noch besser erreichen und sie gezielt an Sportangebote in Hannover heranführen.

Celina Scheffler: In den nächsten Jahren möchte das ISK in Kooperation mit dem LSB den Sport verstärkt im ISK etablieren. Das gilt insbesondere auch für Teilnehmende, die bisher kaum Berührungspunkte zum Sport hatten. Wir haben Ideen entwickelt, um auch deren Interesse zu wecken. Beispielsweise durch Sportprojekte und Workshops direkt im ISK. Ziel soll es sein, Sport auch nach Ende des Kurses in den Alltag zu integrieren. Wir sind sicher, dass ein spannender Weg vor uns liegt und freuen uns deshalb auf die weitere Zusammenarbeit mit dem LSB im Jahr 2023!

https://www.isk-hannover.de/

 


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