Viana Dellos Augen strahlen, wenn sie von „ihrem“ Sportkurs spricht. Vor fünf Jahren ist die 22-Jährige aus Syrien nach Deutschland in die Nähe von Stuttgart geflüchtet, seit 2019 lebt sie in Erfurt. Durch die Vermittlung über das Zentrum für Integration und Migration (ZIM) in der Thüringer Landeshauptstadt hat sie während der Corona-Pandemie angefangen an einem Online-Sport-Kurs von Nikki Adler, der regionalen Fachkraft für Integration durch Sport im Stadtsportbund Erfurt, teilzunehmen.
„Es hat mir gut gefallen wie Nikki den Kurs geleitet hat. Nach einiger Zeit wollte ich das auch machen“, erinnert sich Viana Dello, deren Wunsch bei Nikki Adler auf offene Ohren stieß. Seit März 2021 haben sie den Kurs zusammen geleitet, inzwischen ist Viana Dello allein als Übungsleiterin tätig. Sie ist für den Kurs für Frauen mit Migrationshintergrund zuständig, Nikki Adler übernimmt den kombinierten Frauen-Kind-Kurs. So konnte das Angebot über das Zentrum für Integration und Migration erweitert werden.
„Wir haben derzeit einen großen Andrang. Die Frauen haben Vertrauen in Nikki“, freut sich Ayam Skekho, die als Sozialarbeiterin im ZIM zuständig ist und über ihre persönlichen Kontakte als Beratungs- und Betreuungsperson für geflüchtete Familien Interessierte in die Sportkurse vermittelt. „Wir haben zu fünft oder zu sechst angefangen, inzwischen haben wir im Frauen-Kurs über 20 Personen, so dass wir da keine weiteren Interessierte mehr aufnehmen konnten“, staunt Skekho. Auch der neue Frauen-Kind-Kurs von Nikki Adler erfreut sich bereits großer Beliebtheit. Insgesamt bewegt das ZIM so regelmäßig über 40 Frauen. Sechs von ihnen haben sich 2020 auch im Karate Dojo Chikara Club Erfurt angemeldet, dem Sportverein, in dem Nikki Adler ein regelmäßiges Boxtraining anbietet.
Die Resonanz ist Anlass für die Powerfrau und sechsmalige Box-Weltmeisterin, wieder neue Angebote ins Leben zu rufen. Derzeit übt sie mit Kindern mit Migrationshintergrund jeden Freitag für das Ablegen des Deutschen Sportabzeichens. Auch ein Schwimmkurs konnte erfolgreich abgeschlossen werden.
Erfolgreicher Abschluss des Übungsleiter-Grundlagenlehrgang in Bad Blankenburg
Auch Viana Dello ist voller Eifer für ihre neue ehrenamtliche Tätigkeit. Vorerfahrungen als Trainerin hatte sie zwar keine, im Sport dagegen schon. In Syrien und nach ihrer Ankunft in Deutschland hat sie Basketball gespielt. „Sie sieht sich unheimlich viele Sportvideos an und baut Übungen daraus in ihren Kurs ein. Das macht sie methodisch schon richtig gut“, lobt Nikki Adler und freut sich, dass Viana Dello sich im Juli und August in der Landessportschule Bad Blankenburg am kostenlosen Grundlagenlehrgang „Geflüchtete werden Übungsleiter*in“ teilnehmen und sich erfolgreich weiter qualifizieren konnte.
Der Landessportbund Thüringen wird im Rahmen des DOSB-Projekts „Willkommen im Sport“ durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration gefördert. Mit dieser Unterstützung konnten auch 2021 Geflüchtete zu Übungsleiter*innen ausgebildet werden.
Dabei hat die 22-Jährige den schwierigen Part in Form der Online-Trainings bereits hinter sich gebracht. „Wir mussten alles erst lernen. Online ist schwerer für ein Training. Jetzt in Präsenz ist es besser, da man alles sehen und den Frauen bei den Übungen helfen und sie korrigieren kann“, so Viana Dello, die zwei Mal wöchentlich einen Sportkurs im Zentrum für Integration und Migration gibt. Die Dankbarkeit der Teilnehmenden ist der größte Lohn für die 22-Jährige, der nur noch ein Ausbildungsplatz zu ihrem Glück fehlt. Der muss nicht zwangsläufig im sportlichen Bereich liegen. „Am liebsten würde ich etwas mit Modedesign machen.“
