Beim Kampfsport lernen Kinder für das Leben

Seit mehr als 30 Jahren gibt es in Musberg einen Ringer-Kindergarten, bei dem Drei- bis Sechsjährige miteinander turnen, toben und raufen können. Der KSV Musberg stemmt die Organisation des integrativen Angebots ehrenamtlich.

Die Ringerbrücke ist eine der grundlegenden Übungen im Ringertraining und ein Sinnbild dafür. Dabei berührt man den Boden lediglich mit den Händen, Füßen und dem Kopf, während der Bauchnabel zur Decke zeigt.
Die Ringerbrücke ist eine der grundlegenden Übungen im Ringertraining und ein Sinnbild dafür. Dabei berührt man den Boden lediglich mit den Händen, Füßen und dem Kopf, während der Bauchnabel zur Decke zeigt.

Musberg. In der Turnhalle des KSV Musberg wird es einmal die Woche für eine Stunde turbulent. Gut ein Dutzend Jungen und Mädchen im Alter von drei bis sechs Jahren finden sich dann hier im Ringer-Kindergarten ein. Sie können ihrem Bewegungsdrang freien Lauf lassen. „Es ist normal, dass sich Kinder vergleichen und gegenseitig ihre Kräfte messen wollen. Wir schaffen eine Atmosphäre, in der sie kontrolliert und nach Regeln miteinander spielen, turnen und sich raufen“, sagt Trainer Mathias Maier. Der Musberger war selbst aktiver Ringer und ist maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass das ehrenamtliche Projekt weiterhin erfolgreich und nachhaltig umgesetzt wird. 

Alle willkommen. Im Ringer-Kindergarten sind alle Jungen und Mädchen willkommen, sagt Maier. Auch dank einer Kooperation mit dem Arbeitskreis Asyl aus Leinfelden-Echterdingen, ist die Gruppe bunt gemischt. Hier gehen Integration und Nachwuchsarbeit des Sportvereins im wahrsten Sinne: Hand in Hand. Bestimmte Regeln müssten stets beachtet werden. „Das Training ist gespickt mit spielerischen und turnerischen Elementen. Gerade der Körperkontakt eröffnet eine besondere Möglichkeit für ein gutes, faires Miteinander“, sagt Maier. Neben der Bewegung und der Erfahrung von Sieg und Niederlage, können die Kinder auch für den Alltag einiges mitnehmen. Soziales Lernen für den Schul- und Vereinssport spielt im Kindesalter eine wichtige Rolle.

Beim Raufen für die Zukunft lernen. „Der Sport eröffnet die Möglichkeit, den Gegner nicht nur als Konkurrenten wahrzunehmen, sondern ihn auch als Partner zu verstehen. Ich brauche ihn, um den Sport ausüben zu können. Es entsteht eine Gleichzeitigkeit von Kooperation und Konkurrenz“, sagt Julia Hapke, Juniorprofessorin für Sportdidaktik an der Universität Tübingen. „Beim Kämpfen ergibt sich die besondere Situation, dass man den Gegner unmittelbar am eigenen Körper spürt. Beide verständigen sich zuvor auf das Einhalten des Regelwerks. Und es folgt bei der Nichteinhaltung dieser Regeln eine direkte Konsequenz.“ Mit Blick auf das Sozialverhalten könnten Kinder daraus einiges für ihren Alltag ziehen. „Kinder entwickeln ein Verständnis dafür, warum es im Sport, im Spiel, aber auch in der Schule oder im Alltag gewisser Regeln bedarf“, sagt Hapke.
Das Raufen ist als spielerische, faire Variante des miteinander Kämpfens konzipiert. „Kämpfen ist eher nebensächlich, wir führen die Jungen und Mädchen eher durch spielerische Übungen an den Sport heran“, sagt Andreas Stäbler, Vorsitzender des KSV Musberg. Wird Bewegungsfreude bereits im Kindesalter mitgegeben, ist das Potenzial groß, dass sich das auch auf das spätere Leben positiv auswirkt. Insbesondere für die Zukunft der Sportvereine und die Mitgliederentwicklung ist es ein wichtiger Grundstein, Kinder frühzeitig zu schulen und zu fördern. 

Kinder für den Vereinssport motivieren. Im KSV Vereinskindergarten geht es familiär und nachhaltig zu, vor allem aber fußt das Konzept auf dem ehrenamtlichen Engagement von Mitgliedern und Eltern. „Je früher man anfängt, desto höher ist die Chance, dass die Kinder beibleiben. Und desto besser ist auch die Möglichkeit, Talente im Verein zu fördern.“ Stäbler weiß, wovon er spricht. Immerhin ist er seit Jahren im Ringen engagiert und aktiv. Im Aktiven- und Stützpunkttraining hat er ein Talent trainiert und begleitet, dass später zum prominentesten Ringer in Deutschland werden sollte: Frank Stäbler, dreifacher Weltmeister, zweifacher Europameister und Olympia-Bronzemedaillengewinner stand als Kind erstmals im Vereinskindergarten auf einer Ringermatte. Hier in der Halle hat er sich auch als Profi häufiger auf wichtige Kämpfe vorbereitet. „Frank hat öfter neben uns trainiert, wenn die Kinder hier waren“, erzählt Trainer Mathias Maier, „so konnten die Kids ihm und anderen Ringern zuschauen, Vorbilder finden und viel lernen.“
Damit der Ringer-Kindergarten auch noch weitere 30 Jahre existieren kann, ist weiterhin Engagement gefragt. Vor allem kleine Vereine sind auf die Initiative von Mitgliedern und Eltern angewiesen, weiß auch der KSV-Vorsitzende, Andreas Stäbler: „Es ist generell nicht mehr einfach für Sportvereine, neue Mitglieder zu finden. Für Randsportarten ist es doppelt schwer. Dass wir den Verein in die Zukunft führen wollen, ist unsere tägliche Motivation.“


  • Die Ringerbrücke ist eine der grundlegenden Übungen im Ringertraining und ein Sinnbild dafür. Dabei berührt man den Boden lediglich mit den Händen, Füßen und dem Kopf, während der Bauchnabel zur Decke zeigt.
    Die Ringerbrücke ist eine der grundlegenden Übungen im Ringertraining und ein Sinnbild dafür. Dabei berührt man den Boden lediglich mit den Händen, Füßen und dem Kopf, während der Bauchnabel zur Decke zeigt.
  • Im Ringerkindergarten geht es familiär und vertrauensvoll zu. (Bilder KSV)
    Im Ringerkindergarten geht es familiär und vertrauensvoll zu. (Bilder KSV)