Fit für die Vielfalt: Bildung für ein gutes Miteinander im Sport

Wo Menschen aufeinandertreffen, kommt es zu Konflikten. Die Seminarangebote „Fit für die Vielfalt“ unterstützen Vereine dabei, für ein gutes Miteinander auf und neben dem Platz bzw. in der Halle zu sorgen.

Foto: HSB
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Hamburg – Bringt Sport Menschen wirklich zusammen? Dass das nicht per se der Fall ist, zeigen immer wieder auftretende rassistische Vorfälle, die in den Medien thematisiert werden. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs: Groß genug, um an die Öffentlichkeit zu gelangen. Auch in vielen kleinen Situationen werden Menschen aufgrund ihrer Andersartigkeit ausgegrenzt oder diskriminiert. Manchmal sind es aber auch zwei gleichstarke Streithähne oder Gruppen, bei denen es knistert. Sport setzt Emotionen frei. Und das ist nicht immer gut, wenn die Enttäuschung über eine Niederlage in Aggression und Hass gegen den/die Gegner*in oder vielleicht sogar eine*n eigene*n Mitspieler*in umschlägt.

Soziale und kulturelle Verschiedenheit bietet zusätzliches Konfliktpotential. Sportvereine als Abbild der Gesamtgesellschaft stehen schon lange vor der Herausforderung: Wie mit Missverständnissen, Konflikten, Rassismus, Diskriminierung und Machtasymmetrien umgehen?

Der Hamburger Sportbund (HSB) setzt mit der Qualifizierungsreihe „Fit für die Vielfalt“ genau hier an und unterstützt mit Seminaren zum interkulturellen Kompetenzerwerb. Dieses Schulungsangebot entstammt dem Bundesprogramm „Integration durch Sport“ und wird in Hamburg mit eigens entwickelten und an die Bedarfe der lokalen Sportverbände und -vereine angepassten Themen umgesetzt. Das Besondere an dem Konzept sind die vielen Übungen, mit denen die theoretischen Inhalte unmittelbar erfahren und somit auf sportpraktische Art und Weise erarbeitet werden. Bei den Teilnehmenden wird ein Prozess angestoßen, der sie sensibilisiert. Sich selbst und anderen gegenüber. Sie erwerben theoretisches Wissen, vertiefen und verstärken ihre Handlungskompetenzen und entwickeln im besten Fall eine werteorientierte Haltung.

Mithilfe von fünf sogenannten Spielfeldern, die je nach Bedarf gewählt oder auch miteinander kombiniert werden können, nehmen die Teilnehmenden ihre Themen unter die Lupe und finden aktiv Lösungen für ihre Fragen. Im Spielfeld „Gefühle, Irritation und Fremdheit“ geht es um einen Perspektivwechsel. Wie fühlt sich jemand, der neu ist in einer Sportgruppe? Oder die Sprache nicht spricht? Einen Zugang zur eigenen Sozialisation bietet das Spielfeld „Kultur, Prägung und Identität“. Warum bin ich, wie ich bin? Woher kommen manche Verhaltensweisen? Daran schließt das Feld „Wahrnehmung, Kommunikation und Sprache“. Wie läuft Wahrnehmung und Kommunikation überhaupt ab und wie hängt sie mit der eigenen (kulturellen) Brille zusammen? Im Spielfeld „Werte und Konflikte“ werden die eigenen Werte und darauf basierende Spannungssituationen mit anderen Wertesystemen abgeglichen. Eine Frage könnte hier zum Beispiel sein: Warum nervt es mich so, dass immer ich nach dem Training den Sportplatz aufräume? „Demokratie und Partizipation“ rundet die Seminarerfahrung ab. Sind alle im Team und im Verein wirklich gleichberechtigt? Welche Barrieren sind vielleicht vorhanden?

Allen Spielfeldern gemein ist, dass eigene Reflexionsprozesse angestoßen werden. Was nehme ich in einer bestimmten Situation wahr? Was fühle ich dabei? Wie möchte ich handeln? Das Ziel ist eine Bewusstwerdung automatisch ablaufender Prozesse. Sich selbst verstehen und begreifen lernen, um dann auch andere besser verstehen zu können. Und vielleicht verwandelt sich dann der ein oder andere Konflikt mit jemandem in Verständnis und Mitgefühl. Von der unterbewussten Re-Aktion hin zu einer bewussten, empathischen und wertschätzenden Aktion. Praktische Übungen und unterschiedliche Erklärungsmodelle helfen dabei, die individuellen Erfahrungen in den Gesamtkontext zwischenmenschlicher und vor allem interkultureller Begegnung einzuordnen.

Der Bedarf entsprechender Seminarangebote ist hoch und der HSB will noch einen Schritt weitergehen: „Neben unseren eigenen Angeboten soll „Fit für die Vielfalt“ langfristig Teil der sportartspezifischen Lizenzausbildungen sein. Viele Sportfachverbände sind sich der Bedeutung des Themas bewusst und arbeiten mit uns gemeinsam an einem entsprechenden Konzept“, erzählt Kara Graßhoff, Programmmitarbeiterin „Integration durch Sport“ beim HSB.

Mit der Kurzschulung „Vielfalt auf dem Platz – von Reichtum bis Zündstoff ist alles dabei“ machte der Hamburger Fußballverband (HFV) vergangenes Jahr den Anfang. Dieses Jahr kommt der Verband für Turnen und Freizeit (VTF) mit einem eigenen Seminarangebot hinzu. „Die ersten Pilotseminare wurden gut angenommen und weitere Kooperationen folgen im Laufe des Jahres“, so Graßhoff. Der wichtigste aller Schritte ist aber bereits getan: Die Bedeutung des Themas anzuerkennen. Für einen bunten Sport in Hamburg.


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