Integration durch Sport

Der Sport hat nicht nur aus Sicht der Bundesregierung und des Deutschen Olympischen Sportbundes einen hohen Stellenwert bei der Integration von Zuwanderern. Der organisierte Sport hat sich seit 15 Jahren engagiert der schwierigen Herausforderung angenommen.

Das Logo des Programms "Integration durch Sport" des DOSB
Das Logo des Programms "Integration durch Sport" des DOSB

Im LSVS erreicht das Programm “Integration durch Sport” jährlich etwa 11.500 Aussiedler und Migranten. Dadurch ist der organisierte Sport “mittendrin” in unserer Gesellschaft. Es gelang gar, vier Sportvereine zu gründen. Kooperationen mit bestehenden Sportclubs laufen eher noch zäh. Für die Zukunft sollen größere Aktionen auf die Problematik aufmerksam machen.

Nadja, 12, bewegt sich grazil bei Aerobic; Eugen, 12, und Pjotr,14, spielen gerne Volleyball und Anatoli sowie Dimitri kämpfen auf der Judomatte unter fachkundiger Leitung von Erzieherinnen und Pädagogen. Ausländische und einheimische Frauen nehmen mit ihren Kindern die wöchentliche Initiative in der Turnhalle Folsterhöhe, mitten im sozialen Brennpunkt, das Mutter-Kind-Turnen, gerne an. Es soll jetzt sogar auf eine Vater-Kind-Gruppe erweitert werden. Zum “Tag der Integration” im Mai startete der Landessportverband mit dem Freizeitsportverein Eschberg gar ein gemischtes Turnier. Zwar gegeneinander, aber irgendwie doch alle gemeinsam spielten Migranten aus über zehn Nationen Volleyball auf der Folsterhöhe.

Mit Sport heraus aus der Isolation

"Das ist die optimale Plattform”, hat der Aussiedlerbeauftragte des Ministeriums für Inneres und Sport, Klaus Kunz, erkannt. Und der Landeskoordinator “Integration durch Sport” im LSVS, Aron Reimann, ist stolz auf das funktionierende Modell, in das der Altsaarbrücker Judoclub und die Caritas mit eingebunden sind. Ein beredtes Beispiel dafür, wie Integration und dadurch auch Assimilierung erfolgen können.

Im Saarland gibt es etwa 80.000 Ausländer und Migranten, meist aus osteuropäischen Staaten. “Ihnen wollen wir das sportliche Rahmengefüge zur Verfügung stellen und dadurch integrativ wirken”, sieht sich der gelernte Hufschmied, der Geschichte, Philosophie und Sport studiert hat, als “sportlicher Sozialarbeiter”. Und Reimann weiß, wo der Schuh drückt, hat stets ein offenes Ohr für “meine Aussiedler”.

Die von der Abteilung “Sport und Integration” eingerichteten Sportangebote ermuntern Aussiedler zum regelmäßigen Sporttreiben – sozusagen eine Art Zwischenstufe. Denn der gesellschaftlich-integrative Aspekt bleibt gewahrt, da die Angebote ebenso von einheimischen Saarländern besucht werden. Als großes Problem stelle sich, so Reimann “die Sprachbarriere” dar. Viele Ausländer (und Russlanddeutsche) sprechen nicht die Landessprache: “Deshalb und wohl auch aus Gründen körperlicher Fremdheit ist nicht zu erwarten, dass Begegnungen zwischen verschiedenen kulturellen Gruppen im Freizeitsport immer reibungslos verlaufen.”

Dennoch: Die eigens gegründeten Aussiedler-Vereine – ein bundesweit einmaliges Modell – wachsen rasant. Sogar ein Fußball- und ein Schwimmverein stehen vor der Gründung. Meist werden die weitestgehend russisch sprechenden Aussiedler von ausgebildeten Sportlehrern betreut, die die Herkunftssprache beherrschen. Damit ist die psychische Hemmschwelle eingegrenzt. Doch die Integrationsinhalte sind deutlich ausgeweitet: Helfer holen die interessierten Ausländer ab und begleiten sie zum Sammelplatz. Sie trainieren dann z. B. an der Hermann Neuberger Sportschule oder in Hallen, lernen in Kooperation mit dem LSVS ausgewählte Sportarten (Schießen mit Pistole und Bogen, Hanteltraining) kennen. Nicht zu vergessen die damit verbundenen Deutschkurse.

Für Landeskoordinator Aron Reimann und seine Helfer ist die Integration durch Sport weiter eine sehr schwierige Aufgabe. “Wir geben nicht auf, haben schon tolle Erfolge erreicht”, hofft er auf die Mithilfe vieler engagierter Saarländer.
Im Jahre 1989 wurde vom Bundesministerium des Innern das bundesweite Projekt "Sport mit Aussiedlern" ins Leben gerufen. Etwa 500 Sportvereine haben sich bundesweit diesem Projekt als sogenannte Stützpunktvereine angeschlossen. Im Saarland wird dieses Projekt seit 1990 vom Landessportverband für das Saarland koordiniert. Hauptanliegen war bisher die Integration von deutschen Spätaussiedlern mit Hilfe des Vereinssports. Das heißt, Deutsche, die aufgrund der Entwicklungen nach dem 2.Weltkrieg (1939-1945) in den von der damaligen Sowjetunion besetzten Staaten verbleiben mussten.

Seit 2002 läuft das Programm unter der weiter gefassten Bezeichnung "Integration durch Sport" und verfolgt somit auch eine etwas andere Zielsetzung. Die Ausweitung wird gemäß einer Beschreibung des Bundesverwaltungsamtes unter anderem aufgrund fremdenfeindlicher Übergriffe als erforderlich angesehen und es sollen neben der Integrationsarbeit auch Maßnahmen mit gewaltpräventiver Wirkung einfließen. Zur Zielgruppe gehören damit vor allem alle ausländische Jugendliche, sowie sozial benachteiligte deutsche Jugendliche. Die Arbeit setzt hierbei vor allem auf Sportvereine und möchte die dauerhafte Bindung von Menschen der angestrebten Zielgruppe an Vereinsangebote erreichen. Gerade die soziale Komponente der Vereine eignet sich zur Realisierung der Integrationsarbeit in besonderem Maße.

Integration bedeutet im allgemeinen eine permanente Verständigung über gemeinsame Grundregeln und Regeln des Zusammenlebens in einem Gemeinwesen. Somit ist Integration ein gesellschaftlicher Prozess, der immer wieder neu gefördert werden muss. Es versteht sich von selbst, dass sich Integration somit nicht allein an die zugewanderte Bevölkerung richtet sondern auch eine aktive Mitwirkung der Aufnahmegesellschaft voraussetzt. Durch eine gemeinsame Vereinstätigkeit lässt sich vor allem die sprachliche und soziale Integration fördern. Durch das Projekt sollen Beteiligungsmöglichkeiten für die Zielgruppe geschaffen und weiterentwickelt werden. Dies wird den Dialog und die Akzeptanz zwischen Aufnahmegesellschaft und Zielgruppe erheblich fördern. Durch eine langfristige Bindung an den Sportverein werden somit dauerhafte Integrationsstrukturen geschaffen. Durch das gegenseitige intensive Kennenlernen wird sicherlich auch erheblich der Gefahr fremdenfeindlich motivierter Gewalt entgegen gewirkt.

Der Freizeitsportverein Eschberg e.V. ist ein Paradebeispiel für die angesprochene Vereinsarbeit. Im Vordergrund steht der Spaß an der Bewegung, wobei der Sport unter anderem auch genutzt wird, das gegenseitige Verantwortungsgefühl der Kinder und Jugendlichen zu fördern. Etwa 90 Prozent der Vereinsmitglieder sind Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion. Der Vorsitzende, Peter Merkel, selbst aus Kasachstan und seit 1997 im Saarland, betont, dass jeder herzlich willkommen ist. Die Leistung steht nicht im Vordergrund sondern die Lust am gemeinsamen Sporttreiben. Um den Kontakt zur einheimischen Bevölkerung noch zu verstärken hat der Verein zusätzlich eine Volleyball-Hobbymannschaft ins Leben gerufen, die auch an Liga-Spielen teilnimmt und somit immer häufiger mit deutschen Sportmannschaften in Berührung kommt. Es wurden kürzlich zwei weitere Vereine gegründet, die sich ebenfalls der Integration von Aussiedlern und Migranten widmen. Dies ist einmal der Freizeitsportverein Spartakus Saarbrücken e.V., der hauptsächlich Basketball anbietet, sowie der Verein für Kraftsport Marpingen e.V. Das Engagement der Integrationsarbeit wird vom Bundesministerium des Innern finanziell unterstützt und gefördert.

Eine solche finanzielle Unterstützung kann jedem Sportverein zukommen, der sich im Rahmen des Programms für die Integrationsarbeit engagieren möchte (siehe Förderbedingungen). Im Einzelnen werde Mittel für Übungsleiterhonorare sowie für die Anschaffung von Sport- und Spielgeräten bereitgestellt. Weiterhin werden Veranstaltungen zur Integration unterstützt und dabei anfallende Hallengebühren können anteilig bezahlt. Auch Ferienmaßnahmen sowie der Einsatz vom Sportmobil werden hierbei gefördert. Koordinationsstelle im Saarland ist der Landessportverband für das Saarland (LSVS).


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