Mal hinter die Kulissen blicken

Alaa Al Swidan ist seit acht Monaten als Übungsleiterin für das Bundesprogramm "Integration durch Sport" tätig. Alaa ist selbst vor drei Jahren aus Syrien geflüchtet und hat es sich seither zur Aufgabe gemacht, Frauen mit ähnlichen Erfahrungen und Migrationshintergrund an Sport heranzuführen und sie in ihren täglichen Freizeitaktivitäten zu unterstützen. Im Interview erzählt sie aus persönlicher Perspektive, welche Erfahrungen sie in Bezug auf die Integrationsarbeit von "Willkommen im Sport" gemacht hat und wie sie die weitere Entwicklung einschätzt.

Hallo Alaa, vielen Dank, dass du dir Zeit nimmst! Seit wann bist du bereits in Deutschland?

Alaa: Ich bin seit genau dem 28.04.2015 in Deutschland. Also schon seit knapp vier Jahren.

Was hast du in Syrien beruflich gemacht?

Alaa: Ich habe als Sporttrainerin und nebenbei auch über das Projekt DRC an Schulen mit Kindern gearbeitet.

Wie bist du zum Sport gekommen?

Alaa: Ich liebe den Sport einfach und habe auch früher in Syrien Vereinstraining betrieben.

Wie bist du zu dem Judo Club auf der Folsterhöhe in Saarbrücken gekommen?

Alaa: Auf der Folsterhöhe leben viele muslimische Frauen, die zusammen Sport treiben wollten. Herr Bock ist unser Nachbar und so hat sich diesbezüglich ein Gespräch ergeben. Er hatte uns angeboten, die Halle des Judo Clubs kostenfrei zu nutzen, was uns sehr gefreut hat. Wir haben alle Kinder und sind daher zeitlich und räumlich nicht sehr flexibel. Die Frauen haben mich gebeten, sie zu trainieren, da ich in Syrien schon als Sporttrainerin gearbeitet habe.

Wie ist der Alltag für dich in Deutschland, auch was das Kopftuch betrifft?

Alaa: Die ersten 1-2 Jahre war es schwer, da wir in Syrien eine ganz andere Kultur und auch eine völlig andere Sprache haben, aber mittlerweile habe ich mich eingelebt. Die deutsche Sprache macht mir immer noch Schwierigkeiten, aber das Kopftuch war für mich nie ein Problem.

Was ist dein Wusch, was das Thema Sport angeht?

Alaa: Ich wünsche mir einen Platz, der für uns gut erreichbar ist und wo wir mit Kopftuch trainieren können. Das Fit One, ein Fitnessstudio in Saarbrücken, ist, was das angeht, sehr gut. Dort gibt es einen Bereich nur für Frauen und ich weiß, dass dort einige Frauen mit Kopftuch hingehen. Wahrscheinlich gibt es mehrere solcher Angebote, doch ohne die deutsche Sprache ist es für uns sehr schwer, die Angebote, Plakate und Flyer zu verstehen. Es wäre super, wenn wir auch in Vereinen ein gezieltes Frauenangebot finden würden.

Warum bist du nicht in einem Sportverein?

Alaa: Ich denke, dass man als Kind in einen Verein und nicht als Erwachsener geht. Als Kind lerne ich von klein an alles und als Erwachsener ist es sehr schwer. Aus Syrien kennen wir das Vereinsleben nicht, das ist etwas Neues und Ungewohntes für uns. In Syrien gibt es diese Art von Angeboten ausschließlich für Männer, für Frauen gibt es das nur sehr selten.

Was denkst du, was wir vom LSVS machen können, damit sich die Frauen mehr bewegen?

Alaa: Momentan können wir nicht viel machen, fürchte ich. Die Frauen haben alle Kinder und sind nicht bereit, viel Geld auszugeben, um etwas für sich selbst zu machen. Aber wenn die Kinder groß sind und selbst im Verein aktiv werden können, sind die Mütter offener Sport zu treiben. Die Kinder leben ihnen die Vorteile und Angebote vor. Ich denke, dass wird noch ca. 2-3 Jahre dauern bis eine neue Generation entsteht, die die Strukturen in Deutschland versteht und einfacher für den Vereinssport zu begeistern ist.

Alaa, du bist jetzt seit September im Projekt „Willkommen im Sport“ auf ehrenamtlicher Basis angestellt, was denkst du, was hat sich seit dem geändert?

Alaa: Das ist aktuell schwer zu sagen, der Winter ist immer eine schwierige Jahreszeit. Ich denke, dass im Sommer alles einfacher wird, da mehr Frauen kommen werden und das Angebot besser angenommen wird. Die Frauen haben im Winter alle Angst, dass die Kinder krank werden und bleiben deshalb lieber zu Hause.